Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Mietzahlungspflicht bei Gebrauchshinderung durch Doppelvermietung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird der Mieter durch doppelte Vermietung am Gebrauch der Mietsache gehindert, so entfällt seine Pflicht zur Zahlung des Mietzinses, ohne dass es der ausdrücklichen Geltendmachung eines Minderungsanspruchs bedarf.

2. Zu den Voraussetzungen einer Mietzahlung unter Vorbehalt.

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 05.06.2003; Aktenzeichen 3 O 238/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 5.6.2003 geändert:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 18 103,25 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1.3.2002 zu bezahlen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagten vermieteten mit schriftlichem Vertrag vom 16.6.1997 an die Klägerin die Dachgeschosswohnung des Anwesens Z. in .... Die Klägerin betrieb darin ein Erotikstudio, wobei sie Räume an Prostituierte untervermietete. Am 16.9.2001 untervermietete sie einen Raum an die Zeugin W. Am 28.9.2001 kündigte sie das Mietverhältnis mit der Zeugin fristlos, einigte sich jedoch mit ihr auf ein Ende des Mietverhältnisses zum 31.10.2001. Am 25./30.10.2001 vermieteten die Beklagten die an die Klägerin vermieteten Räume an die Zeugin W. Die Klägerin übergab ihr die Wohnungsschlüssel. Am 30.10.2001 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis ggü. der Klägerin fristlos, weil sie in den Räumen die Prostitution fördere.

Durch Urteil vom 9.4.2002 hat das LG Frankenthal (Pfalz) festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten ggü. der Klägerin unwirksam sei und das Mietverhältnis fortbestehe. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 22.11.2002 zurückgewiesen (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.11.2002 - 4 U 87/02).

Mit ihrer vorliegenden Klage hat die Klägerin von den Beklagten Rückzahlung der bis einschl. März 2002 gezahlten Miete i.H.v. 21 719,61 Euro nebst Zinsen begehrt. Durch Urteil vom 5.6.2003 hat die 3. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Berufung bekämpft die Klägerin das Urteil teilweise. Sie begehrt Rückzahlung der Mieten von November 2001 bis einschließlich März 2002. Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie beantragt, die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 18 103,25 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1.3.2002 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung führt zum Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 536 Abs. 1 BGB a.F. einen Anspruch auf Rückzahlung der für die Monate November 2001 bis einschließlich März 2002 gezahlten Miete i.H.v. 18 103,25 Euro. Die Beklagten hatten in diesem Zeitraum gegen die Klägerin keinen Anspruch mehr auf Zahlung der vertraglich geschuldeten Miete (§ 536 Abs. 1 BGB), weil die Klägerin durch die Doppelvermietung an die Zeugin W. am Gebrauch der Mieträume gehindert war. Entgegen der Auffassung des LG musste sich die Klägerin nicht ausdrücklich auf eine Mietminderung berufen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 61. Aufl., § 536 Rz. 31, m.w.N.). Die Untervermietung an die Zeugin W. bewirkte ab 1.11.2001 einen Mangel der vermieteten Räume. Denn auch der mit der Zeugin geschlossene Mietvertrag war wirksam, weil bei einer Doppelvermietung der Grundsatz der Priorität nicht gilt, sondern beide Mietverträge gültig sind (BGH MDR 1962, 398; OLG Köln ZMR 1998, 697; OLG Frankfurt v. 28.8.1996 - 17 W 22/96, MDR 1997, 137 = ZMR 1997, 22; Voelskow in MünchKomm, 3. Aufl., § 541a Rz. 5; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. III Rz. 1185). Dass die Klägerin die Räumlichkeiten zuvor an die Zeugin W. untervermietet hatte, ist ohne Bedeutung, weil das Untermietverhältnis zum 31.10.2001 beendet war.

Die Mietminderung der Klägerin war auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin die Miete trotz allem weiterbezahlt hatte. Zwar kann sich ein Mieter, der in Kenntnis des Mangels der Mietsache vorbehaltlos die Miete weiter entrichtet, möglicherweise nicht mehr auf ein Minderungsrecht berufen. Insoweit kommt es aber auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. BGH NJW 1974, 2233; OLG Düsseldorf v. 19.3.1987 - 10 U 192/87, ZMR 1987, 263).

Im vorliegenden Fall ist der Klägerin eine ...

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