Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 07.01.2008; Aktenzeichen 14 HKO 10471/04)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerinnen gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 7.1.2008, der als Zwischenurteil zu behandeln ist, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 38 000,– EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerinnen haben Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerinnen als Gesamtgläubiger von allen Ansprüchen freizustellen, die die Firma …, …, aufgrund des Diebstahls von 9 490 Stück Kleidung aus dem LKW der Beklagten mit dem amtlichen Kennzeichen … im Juni 2001 vor der …bank Amsterdam, dortiges Aktenzeichen …, im Wege einer Schadensersatzklage auf Zahlung von 323 848,50 Euro und 40 473 US-Dollar geltend macht sowie festzustellen, dass die Beklagte gegenüber den Klägerinnen als Gesamtgläubiger darüber hinaus verpflichtet ist, die den Klägerinnen entstandenen Kosten der Verteidigung gegen die gerichtliche Inanspruchnahme durch die Firma …, vor der …bank Amsterdam, dortiges Aktenzeichen …, zu tragen.

Die Beklagte hat mit Schriftsätzen vom 15.11.2007 und vom 18.12.2007 das Urteil der 4. Kammer des Handelsgerichts in Bobigny/Frankreich vom 9.11.2007, Register-Nr. …, vorgelegt, in dem das Gericht ein sofortiges gerichtliches Verfahren zur Liquidation über das Vermögen von Frau … eröffnet hat. In dieser Entscheidung wurde verfügt, dass die Liste der Forderungen innerhalb einer Frist von 15 Monaten ab Veröffentlichung des vorliegenden Urteils erstellt werden muss und das Gericht den Gläubigern zur Anmeldung ihrer Forderung eine Frist von zwei Monaten ab Veröffentlichung des vorliegenden Urteils im BODACC gewährt. Zu den Einzelheiten wird auf das Urteil vom 9.11.2007, vorgelegt als Ausfertigung und in beglaubigter Übersetzung aus dem Französischen als Anlage zum Schriftsatz vom 18.12.2007 (nach Bl. 145 d.A.), verwiesen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 7.1.2008 festgestellt, dass das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist.

Gegen den landgerichtlichen Beschluss vom 7.1.2008 haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 25.1.2008, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie beantragen die Fortsetzung des Verfahrens. Die Klägerinnen tragen vor, die Anordnung des gerichtlichen Liquidationsverfahrens durch das Gericht in Bobigny, Frankreich, vom 9.11.2007 stelle kein dem deutschen Recht gleichwertiges Insolvenzverfahren dar. Es fehle die Übertragung der Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter. Aus den zu den Akten gereichten französischen Unterlagen sei lediglich eine Geschäftseinstellung, jedoch keine Übertragung von Verfügungsbefugnissen auf einen unabhängigen Dritten verfügt worden.

Die Beklagte beantragt, die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen. Sie weist darauf hin, dass das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen sei. Gemäß § 80 InsO gehe das Recht des Schuldners, über sein Vermögen zu verfügen, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über, ohne dass es einer besonderen Anordnung bedürfe. Gemäß dem dem Gericht vorliegenden wirksamen französischen Eröffnungsbeschluss vom 8.11.2007 sei ausdrücklich ein Liquidator bestellt, der die Befugnisse entsprechend denen des Insolvenzverwalters nach deutschem Recht habe. Die von den Klägern getroffene Unterscheidung zwischen Firmen- und Privatvermögen einer Person kenne weder das deutsche noch das französische Recht. Die Liquidation nach französischem Recht bzw. dem Insolvenzverfahren nach deutschem Recht umfasse das gesamte Vermögen einer Partei. Der Eröffnungsbeschluss betreffe die Beklagte persönlich. Die frühere Firma der Beklagten, … e.K., sei erloschen. Die entsprechende Eintragung sei am 24.1.2007 in das Handelsregister des Amtsgerichts München erfolgt.

Zu den Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde der Kläger ist als Berufung zu behandeln, da die angegriffene Entscheidung in Gestalt eines Zwischenurteils nach § 303 ZPO hätte ergehen müssen.

Die als Berufung behandelte sofortige Beschwerde der Klägerinnen ist zulässig, jedoch in der Sache unbegründet.

Die Unterbrechungswirkung des § 240 ZPO ist eingetreten. Nach § 352 Abs. 1 InsO wird ein Rechtsstreit durch die Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners unterbrochen. Die Klagen haben sich von Anfang an gegen … gerichtet, die unter dem Namen ihrer Firma als Einzelkaufmann verklagt worden ist. Ausweislich des Urteils des Handelsgerichts Bobigny vom 9.11.2007 wurde das Insolvenzverfahren gegen Frau … verfügt. Über die Identität der im Beschluss des Handelsgerichts Bobigny vom 9.11.2007 betroffenen… und der hiesigen Beklagten bestehen keine Zweifel.

Die Berufung der Kläger ist somit unbegründet.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2853815

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