Entscheidungsstichwort (Thema)

Coronavirus, SARS-CoV-2, Leistungen, Bauvertrag, Auslegung, Neubau, Frist, Verbraucherschutz, Bank, Befristung, Anspruch, Vergabe, Mangelhaftigkeit, Widerklage, Grundwasser, Unternehmer, wichtiger Grund, Treu und Glauben, Sinn und Zweck

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 28.10.2021; Aktenzeichen 52 O 2784/20)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 28.10.2021, Az. 52 O 2784/20, aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass die zwischen den Parteien bestehende Vertragsbeziehung betreffend die Ausführung der Baumeisterarbeiten zum Neubau eines Reihenhauses (Haus A bis C) mit Garagen D.straße, ...H., geformt durch den Bauvertrag vom 6./10.2.2020 durch Kündigung der Klägerin vom 15.5.2020 mit Wirkung zum 16.5.2020 beendet worden ist.

III. Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 15.6.2020 unwirksam ist.

IV. Die Widerklage wird abgewiesen.

V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention; letztere trägt die Nebenintervenientin selbst.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit wechselseitig ausgesprochener Kündigungen im Zusammenhang mit einem zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag.

Mit Vertrag vom 6./10.2.2020 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der Erstellung des Rohbaus für den Neubau eines Reihenhauses (Haus A bis C) zum Pauschalfestpreis von 243.516,22 EUR brutto; das Bauende ist mit acht Wochen nach Baubeginn vereinbart. Die Baubeginnanzeige gegenüber dem Landratsamt F. weist als Baubeginn den 16.3.2020 aus. Die Klägerin errichtete bis zum 4.4.2020 Kellerboden und Kelleraußenwände.

Aufgrund einer E-Mail der Beklagten vom 9.4.2020 (nicht vorgelegt) an den Subunternehmer der Klägerin, Herrn Sch, wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 10.4.2020 (Anl. BK 1) an die Beklagte. Sie führte aus, dass sie der Auffassung sei, dass die Statik und die bisherige Bauausführung den Werk- und Genehmigungsplänen des Architekten der Beklagten sowie den Vorgaben des zwischen den Parteien vereinbarten Leistungsverzeichnisses entspreche; vor diesem Hintergrund würde sie entsprechend der Statik und der vertraglichen Vereinbarungen das Bauvorhaben fortführen; allerdings sei der E-Mail an Herrn Sch zu entnehmen, dass die Beklagte anderer Ansicht sei, ohne genau mitzuteilen, wo das Problem liege (Anl. BK 1, S. 2). Vor diesem Hintergrund stelle sich für die Klägerin die Frage, ob es sinnvoll sei, derzeit mit dem Bauvorhaben fortzufahren und auf vermeintlichen Mängeln weitere Bauleistungen aufzubauen (Anl. BK 1, S. 3). Die Klägerin bat in dem Schreiben, ihr daher spätestens bis zum 14.4.2020 mitzuteilen, welche vermeintlichen Mängel an der Werkleistung vorlägen, und außerdem eine verbindliche Anordnung zu treffen, ob die Klägerin mit den geschuldeten Arbeiten fortfahren solle oder ob eine Unterbrechung von Seiten der Beklagten gewünscht sei.

Mit Schreiben vom 29.4.2020 (Anl. K3) nahm die Klägerin Stellung zu Vorwürfen, die der Zeuge R. hinsichtlich der konkreten Bauausführung im Hinblick auf eine von ihm angenommene Grundwasserproblematik gemacht hatte. Die Klägerin führte aus, dass es aus ihrer Sicht kein Grundwasser und kein sonstiges drückendes Wasser im Bereich der Baugrube gebe, daher sei die Ausführung des Kellers ordnungsgemäß; sie habe lediglich wegen der Vorhaltungen des Zeugen R. eine Bedenkenanzeige gemacht; es sei im Übrigen die Aufgabe der Beklagten, den Baugrund gegebenenfalls untersuchen zu lassen (Anl. K3, S. 2). Aus ihrer Sicht stehe einer Fortführung der Arbeiten nichts mehr im Wege, sie benötige lediglich eine entsprechende Weisung der Beklagten (Anl. K3, S. 3). Außerdem forderte die Klägerin die Beklagte in diesem Schreiben unter Fristsetzung zum 7.5.2020 auf, eine Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f BGB über den berechneten, noch nicht gezahlten Teil der Vergütung (189.969,22 EUR) zuzüglich Pauschale, insgesamt 208.966,14 EUR, zu stellen. Der letzte Absatz des Schreibens vom 29.4.2020 lautet: "Sollten Sie der Ansicht sein, dass unser Sicherungsanspruch betragsmäßig geringer ausfällt, so fordern wir Sie vorsorglich auf, Ihre Berechnung offen zu legen und die aus Ihrer Sicht uns berechtigterweise zustehende Sicherheit in entsprechender Höhe innerhalb der vorstehenden Frist zu leisten. Wir werden dann prüfen, ob wir diese Sicherheit als vertragsgemäß ansehen. Wir weisen auf die Rechtsfolgen des § 650f Abs. 5 BGB hin, falls Sie keine oder nur eine ungenügende Sicherheit leisten sollten." Zur Ergänzung wird auf Anl. K3 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 4.5.2020 (Anl. B7) antwortete die Beklagte, indem sie a...

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