Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 22.01.2009; Aktenzeichen 22 O 18226/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG München I vom 22.1.2009 in der Fassung des Beschlusses vom 9.4.2009 mitsamt den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben, soweit darin die Klageanträge zu 1. und 2. abgewiesen worden sind.

Der Rechtstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG München I zurückverwiesen. Gerichtsgebühren für die Berufungsinstanz werden nicht erhoben.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes in der Berufungsinstanz nunmehr noch Schadensersatz und Schmerzensgeld; hinsichtlich der Feststellung, dass die Beklagte ihr auch weitere Schäden zu ersetzen habe, hat sie die Klageabweisung durch das LG hingenommen.

Die Beklagte brachte im November 1999 das Medikament VIOXX in den Verkehr, das sie am 30.9.2004 wieder zurücknahm. Der Grund hierfür war, dass auf Grund einer Studie ein erhöhtes Infarktrisiko nach einer längeren Einnahme dieses Medikaments festgestellt worden war.

Der am 17.12.1939 geborene Rechtsvorgänger der Klägerin, der nach Behauptung der Klägerin seit mindestens 1995 an rheumatischen Rückenbeschwerden litt, hat nach dem Klagevortrag mindestens seit Mai 2002 das Medikament VIOXX in der Dosis von täglich 1 Tablette (je 25 mg) eingenommen. Infolge dieser Einnahme habe er am 29.6.2003 einen (ersten) Schlaganfall erlitten und sei am 9.7.2003 wegen weiterer Beschwerden zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus eingeliefert worden, wo u.a. ein Hirninfarkt diagnostiziert wurde.

Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen im Endurteil des LG München I vom 22.1.2009 Bezug genommen.

Das LG München I hat die Klage nach Vernehmung der Klägerin als Zeugin abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin einen (akuten) Infarkt nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt habe und es sich bei dem Ehemann der Klägerin im übrigem um einen Patienten mit hohem Risikopotential für Herz- oder Gehirninfarkte gehandelt habe, so dass die Verursachungsvermutung des § 84 AMG nicht eingreifen könne. Hinsichtlich der weiteren Erwägungen des LG wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 12.2.2009 zugestellte Urteil hat sie mit einem beim OLG München am 6.3.2009 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 328 f. d.A.) und diese mit einem beim OLG am 1.4.2009 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 332 ff. d.A.) begründet. Die Klägerin hat mit der Berufungsbegründung rügen lassen, dass das LG ohne Erhebung des angebotenen Sachverständigenbeweises und ohne eigene Sachkunde sowie unter Übergehung des Klagevortrages nebst Beweisangeboten angenommen habe, dass der Schlaganfall des Ehemannes der Klägerin nicht nachgewiesen sei. Die Kausalität sei ohne Erholung eines Sachverständigengutachtens rechtsfehlerhaft verneint worden.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

1. Die Berufungsbeklagte wird verurteilt, an die Berufungsklägerin Schadensersatz i.H.v. 10.710 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

2. Die Berufungsbeklagte wird verurteilt, an die Berufungsklägerin ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird. Der ausgeurteilte Schmerzensgeldbetrag ist mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu verzinsen.

Hilfsweise beantragt sie, die Sache an das LG München I zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte erwidert, dass es an einem schlüssigen und widerspruchfreien Vortrag der Klägerin zur Einnahme von VIOXX und zu den Gesundheitsbeschwerden ihres Ehemannes vor und nach der Einnahme fehle. Die beantragte Beweiserhebung durfte unterbleiben, da sie nur einer unzulässigen Ausforschung gedient hätte. Die vorgelegten Krankenunterlagen seien unzureichend gewesen, auch eine Beiziehung weiterer Unterlagen seitens des LG scheide aus. Es liege auch kein bestimmungsgemäßer Gebrauch des Arzneimittels vor, dafür wegen besonderer Risikofaktoren beim Ehemann der Klägerin "andere Umstände" i.S.d. § 84 Abs. 2 Satz 3 AMG, so dass die Kausalitätsvermutung nicht eingreife. Zuletzt bestehe auch kein ausreichender sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen der behaupteten Einnahme und den vorgebrachten Beschwerden; auch sei die Nutzen-Risiko-Verhältnis des Medikaments VIOXX positiv.

Ergänzend wird auf die Berufungsbegründungsschrift, die Berufungserwiderung und die weiteren im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze der Parteien sowie die Sitzungsniederschrift vom 3.8.2009 (Bl. 370 ff. d.A.) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache jedenfal...

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