Entscheidungsstichwort (Thema)

Arzneimittelhaftung: Verjährung eines Auskunftsanspruchs

 

Normenkette

AMG § 84a Abs. 1; ZPO § 256; BGB §§ 166, 195, 199 Abs. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Urteil vom 27.04.2010; Aktenzeichen 2 O 258/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.4.2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Cottbus - 2 O 258/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte, die in Deutschland als pharmazeutischer Unternehmer das Schmerzmittel V. vertrieb, welches sie im September 2004 nach Bekanntwerden möglicher erheblicher Gesundheitsrisiken freiwillig vom Markt nahm, aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Arzneimittelhaftung in Anspruch.

Am 20.7.2004 erlitt der damals 57-jährige Kläger einen Schlaganfall, den er auf eine zuvor erfolgte Einnahme des Medikaments V. zurückführt.

Mit der am 19.9.2007 eingereichten und der Beklagten am 29.10.2007 zugestellten Klage hat der Kläger Zahlung eines im Rahmen von 50.000 EUR in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes, Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen weiterer materieller und immaterieller Schäden sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Mit Schriftsatz vom 19.10.2009, der Beklagten zugestellt am 2.11.2009, hat der Kläger die Klage um den Antrag auf Auskunft über die Wirkungen und Nebenwirkungen des Medikaments V. erweitert.

Der Kläger hat behauptet, wegen Schmerzen in den Sprunggelenken und im rechten Knie seien ihm am 19.5.2003 insgesamt 40 und am 22.9.2003 weitere 50 Tabletten V. 25mg ärztlich verordnet worden. Hiervon habe er je nach Bedarf täglich eine Tablette eingenommen. Das Medikament habe bei ihm schädigende Wirkungen über das nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbare Maß hinaus verursacht. Der Schlaganfall sei ursächlich durch die V.-Einnahme entstanden.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat beantragt, diese abzuweisen. Sie hat insbesondere die Indikation für eine Verordnung des Medikaments, die Verordnung und die Einnahme selbst sowie die Verursachung des Schlaganfalls durch das Medikament bestritten sowie ein deutlich erhöhtes individuelles Risiko des Klägers für den Eintritt eines Schlaganfalls eingewandt. Unter Verweis auf zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen des Medikaments hat die Beklagte vorgetragen, V. habe ein positives Nutzen-Risiko-Profil, schädliche Wirkungen, die über ein nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen vertretbares Maß hinausgingen, seien nicht gegeben. Dem Auskunftsverlangen des Klägers hat die Beklagte die Einrede der Verjährung entgegengehalten.

Das LG hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und mündlicher Anhörung des Sachverständigen die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass der von ihm erlittene Schlaganfall durch die Einnahme des Medikaments V. verursacht oder auch nur mitverursacht sei. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens sei lediglich die Feststellung gerechtfertigt, dass eine Mitverursachung des Schlaganfalls durch das Medikament V. möglich sei. Das könne die Haftung der Beklagten aber nicht begründen, zumal der Kläger genaue Angaben zu Häufigkeit und Dauer der Einnahme des Medikaments V. nicht gemacht habe. Die Vermutung der Schadensursächlichkeit der Medikamenteneinnahme (§ 84 Abs. 2 AMG) greife nicht ein, weil die beim Kläger unabhängig von der Einnahme des Medikaments V. gegebenen Risikofaktoren für sich geeignet gewesen seien, einen Schlaganfall zu verursachen. Der erst im Verlauf des Prozesses im Jahr 2009 geltend gemachte Auskunftsanspruch (§ 84a AMG) habe die Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) nicht gewahrt. Der Kläger habe im Oktober 2004 Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen gehabt, denn er habe seinen Prozessbevollmächtigten am 26.10.2004 Vollmacht für die Inanspruchnahme der Beklagten auf Schadensersatz erteilt. Mit den Klageanträgen auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung weitergehender Ersatzpflicht sei die Verjährungsfrist hinsichtlich des Auskunftsanspruchs nicht unterbrochen worden.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er rügt Rechtsfehler insbesondere bei der Beurteilung zum Verjährungsbeginn und im Punkt der für die Kausalität von Medikamenteneinnahme und Schädigung zugrunde gelegten Anforderungen. Ferner greift er die landgerichtliche Beweiswürdigung an und beruft sich ergänzend auf ein in einem Rechtsstreit vor dem LG Koblenz eingeholtes Gutachten zur Frage der Ursächlichkeit einer V.-Einnahme für einen Schlaganfall.

Der Kläger, der seine erstinstanzlichen Sachanträge abgesehen von einer Kor...

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