Leitsatz (amtlich)

1. Die allgemeinen Auswirkungen der Corona-Pandemie in Gestalt von Umsatzeinbußen mangels Publikumsverkehrs sowie von behördlich verordneten Beschränkungen des Gastronomiegewerbes (hier: § 14 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 - Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO, in der ab dem 01.09.2020 in Kraft getretenen Fassung vom 31.08.2020, GV NRW S. 757a ff.) begründen in der Regel keinen Mangel der zum Zwecke eines gastronomischen Betriebes vermieteten Mietsache im Sinne von § 536 BGB.

2. Aufgrund pandemiebedingt behördlich verhängter Beschränkungen, insbesondere etwa im Gastronomiegewerbe, kann eine Anpassung des geschuldeten Mietzinses nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage geboten sein, namentlich soweit die Mietsache infolge behördlicher Schließungsanordnungen nicht ihrem mietvertraglichen Zweck entsprechend benutzt werden darf, § 313 BGB. Der Senat lässt im Streitfall offen, ob dies gegebenenfalls - ausnahmsweise - auch über die Zeiten von Schließungsanordnungen hinaus erfolgen kann.

3. Auch dann, wenn eine nachträgliche Änderung von gemeinsam zugrunde gelegten Umständen vorliegt, kommt eine Anpassung des Vertrages (§ 313 BGB) nur in Betracht, wenn das Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar erscheint. Die Prüfung dieser Voraussetzung erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände, insbesondere auch kompensierender Vorteile, die der betroffenen Partei neben den Nachteilen aus den eingetretenen Veränderungen erwachsen sind.

4. Soweit ein Mieter geltend machen möchte, dass er infolge pandemiebedingter Auswirkungen Anspruch auf Anpassung des Mietzinses gemäß § 313 BGB hat, so kann das Gericht die Interessenabwägung in seinem Sinne nur dann vornehmen, wenn er schlüssig und substantiiert dazu vorträgt, dass und gegebenenfalls inwieweit seine Umsätze durch die Pandemie während der Zeiten behördlich verordneter Beschränkungen zurückgegangen sind. Dies schließt substantiiertes Vorbringen zu erhaltenen oder aber zwar beanspruchbaren, aber zurechenbar dennoch nicht beantragten staatlichen Hilfszahlungen mit ein. Hingegen reicht es nicht aus, pauschal auf die Folgen der Corona-Pandemie Bezug zu nehmen und sich auf gerichtsbekannte Einschränkungen des allgemeinen Wirtschaftslebens und die Schließung des Betriebes zu berufen.

 

Normenkette

BGB §§ 313, 535-536; CoronaSchVO NRW § 14

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 2 O 284/19)

 

Tenor

Es wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 19.11.2020 (2 O 284/19) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Räumung und Herausgabe eines Gewerbemietobjektes in Anspruch. Ursprüngliche Parteien des Mietvertrags über den vermieteten Gewerberaum, ein Restaurant in der A Straße 453 in B, waren als Vermieterin die Streithelferin und als Mieter Frau C sowie Herr D. Am 21.11.2011 löste der Beklagte Frau C ab. Die Parteien haben in erster Instanz insbesondere darüber gestritten, ob der Mietvertrag mangels rechtzeitiger und wirksamer Ausübung einer Verlängerungsoption beendet worden ist oder nicht.

Durch Urteil vom 19.11.2020, auf das wegen der Feststellungen und aller weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird (GA Bl. 101 ff.), hat das Landgericht den Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, den Gewerberaum in der A Straße 453, B, im Erdgeschoss, bestehend aus Gastraum mit drei Zusatzräumen davon zwei Toiletten und einem Kellerraum, zu räumen und an die Klägerin, die das Objekt von der Streithelferin erworben hat, herauszugeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ordentliche Kündigung der Rechtsvorgängerin der Klägerin sei wirksam. Der Beklagte habe das im Mietvertrag vorgesehene Optionsrecht auf Verlängerung des Mietverhältnisses bis zum 31.12.2025 nicht wirksam ausgeübt. Insbesondere sein Schreiben vom 12.04.2016 stelle keine wirksame Ausübung der Option dar, wobei dahinstehen könne, ob der Beklagte überhaupt allein zur Ausübung der Option berechtigt gewesen sei. Jedenfalls sei seine Erklärung, das Mietverhältnis um acht Jahre verlängern zu wollen, nicht eindeutig so zu verstehen gewesen, dass das vertraglich vorgesehene Optionsrecht ausgeübt werden sollte. Es sei kein eindeutiger Schluss aus Sicht des Empfängers darauf möglich gewesen, ob nicht stattdessen ein neues Angebot auf Verlängerung des Mietvertrages gewollt sei, das die Streithelferin aber nicht angenommen habe. Der Vortrag des Beklagten aus dem Termin zur mündlichen Verhandlung, dass es ein weiteres vom Beklagten unterschriebenes Schreiben bezüglich der Optionsausübung gegeben habe, sei verspätet und auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sei nicht geboten.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er rügt, das Landgericht h...

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