Leitsatz (amtlich)

Treppen auf öffentlichen Wegen unterliegen nicht den Regelungen der (rheinland-pfälzischen) Landesbauordnung. Es gelten die allgemeinen Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Bei klarer Erkennbarkeit der Gestaltung der Treppenanlage (u.a. Stufentiefe, kein Geländer) ohne verdeckte Gefahrenstellen ist die Annahme einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht fernliegend.

 

Verfahrensgang

LG Trier (Aktenzeichen 11 O 209/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der beklagten Verbandsgemeinde wird das am 19. September 2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 6.445,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über übergegangene Ansprüche aus Amtshaftung. Die Klägerin ist die gesetzliche Krankenversicherung der am 23. Februar 1949 geborenen H, wohnhaft in P. Als diese am 30. Juni 2015 auf dem Weg zum Dorfgemeinschaftshaus eine Treppe in P hinuntergehen wollte, die Bestandteil eines öffentlichen Fußweges ist, stürzte sie. Die Treppe war nicht mit einem Treppengeländer oder einem Handlauf versehen. Die Beklagte ist Trägerin der Straßenbaulast für den Fußweg. Der Klägerin ist als Anwohnerin die Treppe bekannt. Um das Dorfgemeinschaftshaus zu erreichen, steht auch ein Alternativweg zur Verfügung.

Frau H erlitt bei dem Sturz eine Fraktur des linken Handgelenkes sowie mehrere Prellungen an der Körperseite. Sie wurde deswegen ambulant behandelt. Die Klägerin wandte hierfür 5.444,93 EUR auf.

Die Klägerin hat behauptet,

Frau H sei die Treppe vorsichtig hinuntergegangen, habe das Gleichgewicht verloren, habe noch versucht, sich an einer Hecke festzuhalten und sei dann gestürzt. Der Sturz hätte vermieden werden können, wenn die Treppe mit einem Handlauf versehen gewesen wäre.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5,444,93 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.04.2015 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte weiter verpflichtet ist, Kosten für Heilbehandlungen und Heilanschlussbehandlungen, die für die Versicherte der Klägerin, H, geb. 23.02.1949, aufgrund des Unfalls vom 30.06.2015 auf der Steintreppe auf dem Weg zum Dorfgemeinschaftshaus von der Straße A in der Ortsgemeinde P entstehen, zu erstatten,

3. die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in Höhe von 782,07 EUR zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen,

sie sei ihrer Verkehrssicherungspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Die Anbringung eines Handlaufes sei nicht erforderlich gewesen, da die Treppe verkehrssicher sei.

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung (Vernehmung der Geschädigten als Zeugin, Einholung eines Sachverständigengutachtens mit entsprechender Erläuterung) die beklagte Verbandsgemeinde antragsgemäß verurteilt und dies im wesentlichen damit begründet, dass nach dem eingeholten Sachverständigengutachten es der Überzeugung sei, dass ein Handlauf hätte zwingend angebracht werden müssen. Die Treppe sei damit nicht verkehrssicher gewesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die unter Intensivierung ihres bisherigen Vorbringens vor allem auch darauf hinweist, dass die einschlägige Norm der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz für öffentliche Wege und Straßen nicht anwendbar seien. Auch die übrigen von dem erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen zugrunde gelegten Normen seien nicht einschlägig und für die Beurteilung der Verkehrssicherheit der konkreten Treppe in einem mit Hecken und Bäumen bestandenen Grünbereich nicht einschlägig und anwendbar. Die Treppenanlage sei im Unfallzeitpunkt klar erkennbar auch für die Geschädigte gewesen. Damit scheide aus Rechtsgründen aus, dass ein Handlauf oder eine sonstige Sturzsicherung anzubringen gewesen wäre.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich vor allem auf die erstinstanzliche Verurteilung, das dort eingeholte Sachverständigengutachten und verweist weiter - erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - darauf, dass es sich bei der streitgegenständlichen Treppenanlage nicht um einen öffentlichen Weg handele und damit die deliktische Haftung unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorschriften der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz Anwendung finden müsse.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540, 313 a ZPO abgesehen. Im Übrigen wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den weiter zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auch auf das eingeholte Sachverständigengutachten mit seinen Lichtbildern der streitgegenständlichen Treppenanlage (Sachverständigengutachten Dipl.-Ing. A vom 31. Mai 2017, S. 4 bis 7) verwiesen.

II. Die zulässige Berufung der beklagten Verbandsgemeinde hat Er...

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