Leitsatz (amtlich)

1. Verhandelt der Prozessbevollmächtigte einer Partei im Termin nicht, obwohl Einlassungs- und Ladungsfrist gewahrt sind, hat das Gericht die Verhandlung nicht zu vertagen, sondern antragsgemäß Versäumnisurteil zu erlassen, wenn dafür die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

2. Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit hindert den Erlass eines Versäumnisurteils nicht, wenn das zuvor abschlägig beschiedene Befangenheitsgesuch auch in der Beschwerdeinstanz erfolglos bleibt.

 

Normenkette

ZPO §§ 42, 47, 313, 337, 514

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 13.11.2007; Aktenzeichen 1 O 123/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.11.2007 verkündete II. Versäumnisurteil und Versäumnisurteil der 1. Zivilkammer des LG Duisburg wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen das II. Versäumnisurteil richtet.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Beklagte.

Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über den Einspruch der Beklagten wird der Rechtsstreit an das LG zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unzulässig und deshalb gem. § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen.

Für die Berufung gegen das II. Versäumnisurteil des LG fehlt es an den Voraussetzungen des § 514 Abs. 2 ZPO.

I. Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf seinen Beschluss vom 24.4.2008. Darin ist folgendes ausgeführt:

1. Nach § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil, gegen das - wie hier gem. § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der Versäumung nicht vorgelegen habe (BGH NJW 2006, 448). Der Rechtsmittelkläger, den die Beweislast für die Voraussetzungen einer unverschuldeten Säumnis trifft, muss bereits in der Berufungsbegründung schlüssige, konkrete Tatsachen dafür behaupten, dass die Voraussetzungen für die Säumnis im Einspruchstermin nicht vorgelegen haben (BGHZ 141, 351, 355; BGH NJW 1999, 724; 1991, 42; OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat, U. v. 22.12.2005 - I-10 U 76/05 - bei JURIS).

Diesen Anforderungen wird das Berufungsvorbringen der Beklagten nicht gerecht. Zutreffend ist das LG von einer schuldhaften Versäumung i.S.d. §§ 514 Abs. 2, 345 ZPO auf Seiten der Beklagten ausgegangen.

2. Die Beklagte kann sich im vorliegenden Fall zunächst auf eine Säumnis i.S.v. § 514 Abs. 2 ZPO berufen. Im Hinblick auf § 345 ZPO, an dessen Wortlaut § 514 Abs. 2 ZPO ersichtlich anknüpft, ist für die Statthaftigkeit der Berufung von einer Säumnis durch bloßes Nichtverhandeln des Prozessbevollmächtigten zur Hauptsache auszugehen. Dass die Partei oder ihr allein postulationsfähiger Prozessbevollmächtigter im Termin nicht verhandelt, ist in § 333 ZPO der Säumnis gleichgestellt.

So liegen die Dinge hier. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 16.10.2007 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, nachdem er von dem das Ablehnungsgesuch der Beklagten zurückweisenden Beschluss des LG Kenntnis erlangt und dagegen mündlich sofortige Beschwerde eingelegt hatte, er trete nicht auf und wolle auch keinen Antrag stellen, unter Verweis auf seinen Terminaufhebungsantrag vom Vortage.

3. Die Versäumung der Verhandlung durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten war schuldhaft.

a) Dies ergibt sich schon daraus, dass gem. § 337 ZPO an die erschienene Partei strengere Anforderungen zu stellen sind als an die ausgebliebene Partei. Die erschienene Partei und für sie der postulationsfähige Prozessbevollmächtigte handeln nämlich schon schuldhaft, wenn sie im Termin nicht verhandeln, ohne dass ein Hindernis nach § 337 ZPO für eine Säumnisentscheidung bestünde. Dies ist indessen nur der Fall, wenn die in der Vorschrift genannten Fristen zu kurz bemessen waren. Die erschienene Partei bleibt nur befugt, die unangemessene Kürze einer richterlichen Einlassungs- oder Ladungsfrist zu rügen und Vertagung zu verlangen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 337 Rz. 1). Dafür ist hier nichts ersichtlich, weil der Verhandlungstermin vor dem LG schon am 6.3.2007 bestimmt worden ist und keine der genannten Fristen von der Beklagten beanstandet worden ist. Übertragen auf § 514 Abs. 2 ZPO hat der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 16.10. zwar zunächst aufgetreten ist, dann aber nicht verhandelt hat, zur Folge, dass eine beachtliche Säumnis schon deswegen nicht vorliegt.

b) Sähe man dies anders, wäre auch ein Verschulden der Beklagten gegeben. Da für die Frage einer unverschuldeten Säumnis die gleichen Maßstäbe wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten (BGH NJW 1999, 724), ist daher auch der Einspruchstermin bei Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes gem. § 337 ZPO von Amts wegen zu vertagen mit der Folge, dass ein Fall der Säumnis nicht in Betracht kommt.

So liegen die Dinge hier jedoch nicht. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in Fällen einer plötzlich auftretenden Verhinderung des Rechtsanwalts durch Krankheit oder aus anderen Gründen mangelndes Verschulden vorliege...

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