Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälschung beweiserheblicher Daten. E-mail. Bewerbung. Zeugnis. pdf. Versendung falscher Zeugnisse als E-Mailanhang zu Bewerbungszwecken

 

Leitsatz (amtlich)

Dokumente, die nicht als Originalurkunden mit der dadurch verkörperten Garantiefunktion erscheinen, sondern erkennbar nur als nicht mit den für eine entsprechende Urkunde typischen Authentizitätsmerkmalen versehene Kopien einer vermeintlichen Urkunde, werden von § 269 StGB nicht erfasst, sofern nicht das Dokument den Eindruck hervorruft, das Original zu sein. Da Arbeits- und Prüfungszeugnisse üblicherweise als Original-Papierdokumente ausgegeben werden, erscheint ein als Email-Anhang versendetes Pdf-Dokument erkennbar nur als Reproduktion.

 

Normenkette

StGB § 267 Abs. 1, § 269 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Stade (Aktenzeichen 150 Js 47752/19 StA)

 

Tenor

Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Stade, soweit der Angeklagte wegen Betruges verurteilt worden ist (Fall II.2.a des angefochtenen Urteils), und im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Stade zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Bremervörde - Strafrichter - hatte mit Urteil vom 22. Februar 2021 den Angeklagten wegen Fälschung beweiserheblicher Daten in Tateinheit mit Betrug sowie wegen veruntreuender Unterschlagung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Darüber hinaus hatte es in Höhe von 3.813 € die Einziehung angeordnet.

Auf die Berufung des Angeklagten hat die 10. kleine Strafkammer des Landgerichts Stade mit Urteil vom 15. März 2023 das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und den Angeklagten wegen Betruges und wegen veruntreuender Unterschlagung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 25 € verurteilt sowie in Höhe von 3.813 € die Einziehung des Wertes des Taterlangten angeordnet.

Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit ihren Revisionen. Der Angeklagte begehrt unter Erhebung der näher ausgeführten Sachrüge und einer Verfahrensrüge (§ 261 StPO) die Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt und die Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landgerichts, die Staatsanwaltschaft begehrt - mit der zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision - unter Erhebung der Sachrüge die Aufhebung des angefochtenen Urteils im Schuldspruch, soweit der Angeklagte tateinheitlich mit Betrug nicht auch wegen Fälschung beweiserheblicher Daten verurteilt worden ist und im Gesamtstrafenausspruch unter Aufrechterhaltung der getroffenen Feststellungen.

1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts fertigte der Angeklagte zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor September 2018 mittels eines Computerprogramms Totalfälschungen von fünf Arbeitszeugnissen sowie von einem Prüfungszeugnis der IHK R.-N., um diese bei Bedarf für Bewerbungen zu verwenden. Er übersandte am 7. September 2018 dem Zeugen W., der Geschäftsführer der Firma R. M. GmbH (im Folgenden: Firma R.) in B. ist, die o.g. Dokumente als E-Mail-Anhang, um sich auf eine Stelle in der Filiale in B. zu bewerben und den Eindruck zu vermitteln, über eine abgeschlossene Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann sowie mehrjährige Berufserfahrung im kaufmännischen Bereich zu verfügen, was tatsächlich nicht der Fall war. In der Annahme der Richtigkeit dieser Angaben schloss die Firma R., vertreten durch den Zeugen W., mit dem Angeklagten einen Anstellungsvertrag als kaufmännischer Angestellter; in Kenntnis der wahren Sachlage hätte der Zeuge W. den Vertrag nicht abgeschlossen, was dem Angeklagten bewusst war. In der Folge bezog er ein Gehalt von 2.150 € brutto, erbrachte aber aus Überforderung nicht die arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen (Tat 2a des angefochtenen Urteils).

Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses hatte der Angeklagte u.a. die Aufgabe, von Kunden Bargeld zur Begleichung von Rechnungen entgegenzunehmen und dieses anschließend in die Kasse einzubuchen. An zwei Tagen verbuchte er entgegengenommene Gelder jedoch nicht, sondern behielt diese für sich, obwohl er wusste, hierauf keinen Anspruch zu haben. Im Einzelnen erhielt er am 14. April 2019 (Tat 2b des angefochtenen Urteils) von dem Zeugen M. 94 €, von dem Zeugen H. 650 € und von dem Zeugen H. 69 € sowie am 18. April 2019 (Tat 2c des angefochtenen Urteils) von dem Zeugen W. 3.000 €.

b) Das Landgericht hat sich von dem zu Ziff. 2a) des angefochtenen Urteils festgestellten Sachverhalt überzeugt aufgrund der Einlassung des Angeklagten, der Aussagen der Mitarbeiter der Firma R. W., H. und L., der E-Mail, mit der der Angeklagte die o.g. Dokumente übersandt hatte und des ...

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