Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Feststellungsinteresse des Mieters bezüglich der Schönheitsreparaturen. Wohnraummiete: Verkürzung der laufenden Fristen. Wohnraummiete: Pflicht zum Anstreichen der Einbaumöbel

 

Orientierungssatz

1. Der Mieter hat ein Feststellungsinteresse daran, ob zukünftig Schönheitsreparaturen von ihm verlangt werden können oder nicht. Er hat einen Anspruch darauf, jederzeit vor der Entscheidung über eine Kündigung des Mietverhältnisses voraussichtliche Kosten für die Renovierung abschätzen zu können und vor einem Auszug zu wissen, ob er Schönheitsreparaturen ausführen muss.

2. Ein Fristenplan, der die zur Durchführung der Schönheitsreparaturen laufenden Fristen unangemessen verkürzt, macht die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam.

3. Die Mietvertragsklausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, den Anstrich von Einbaumöbeln durchzuführen, ist auch dann unwirksam, wenn sich in der Wohnung bei Vertragsabschluss keine Einbaumöbel befanden.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. März 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln - 9 C 506/01 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagten nicht verpflichtet sind, die Schönheitsreparaturen für das von ihnen gemietete Einfamilienhaus Lstr. ... in ... Berlin durchzuführen.

Die Klägerin hat 22/25 und die Beklagten haben 3/25 der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen, ausgenommen die Kosten des gerichtlichen Vergleichs vom 6. März 2002, von denen die Klägerin 1/3 und die Beklagten 2/3 zu tragen haben.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages.

 

Tatbestand

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den grundsätzlich notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Widerklage ist zulässig und begründet.

1.

§ 33 ZPO ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung und kommt vorliegend auch nicht zur Anwendung, weil das Amtsgericht Neukölln gemäß § 29 a ZPO auch für die Widerklage ausschließlich zuständig war.

Die Beklagten haben bereits jetzt ein Feststellungsinteresse daran, ob zukünftig Schönheitsreparaturen von ihnen verlangt werden können oder nicht. Sie haben einen Anspruch darauf, jederzeit vor der Entscheidung über eine Kündigung des Mietverhältnisses voraussichtliche Kosten für die Renovierung abschätzen zu können und vor einem Auszug zu wissen, ob sie Schönheitsreparaturen ausführen müssen - was sie dann rechtzeitig selbst günstiger tun könnten. Zudem stellt sich die Frage gegenwärtig, weil die Fristen für die Durchführung der Schönheitsreparaturen abgelaufen sind.

2.

Der als Anlage zum Mietvertrag gehörige Fristenplan vom 13. Mai 1974 und damit auch die Überbürdung der Schönheitsreparaturen gemäß § 3 Abs. 5 des Mietvertrages vom 13. Mai 1974 in Verbindung mit der Ziffer 5 Abs. 2 der allgemeinen Vertragsbestimmungen sind unwirksam. Ein Fristenplan, der die zur Durchführung der Schönheitsreparaturen laufenden Fristen unangemessen verkürzt, macht die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam (LG Berlin - Urteil vom 12. November 2002, 64 S 58/02 - GE 2003, 124).

Die vereinbarten Fristen sind zu kurz und verstoßen gegen den wesentlichen Grundgedanken des § 536 BGB (vgl. LG Berlin GE 1996, 1549; LG Aachen ZMR 1988, 60; LG Köln WM 1989, 506). Die grundsätzlich mögliche Überwälzung war dann gemäß § 9 AGBG, geltend gemäß § 28 Abs. 2 AGBG auch für vor Inkrafttreten des AGBG geschlossene Verträge, unwirksam, wenn sie die nach nach ständiger Rechtsprechung (LG Berlin - Urteil vom 12. November 2002, 64 S 58/02 - GE 2003, 124 m.w.N.) für ausreichend und angemessen erachteten Fristen unterschritt. Daran hat sich durch Inkrafttreten des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. mit gleichen Gesetzeswortlaut nichts geändert.

Eine isolierte Weitergeltung der Überwälzung der Schönheitsreparaturen trotz unwirksamen Fristenplanes liefe dem Schutzzweck, Verbraucher vor unangemessener Benachteiligung zu schützen, zuwider, weil dann statt dessen gerade die Verwender unwirksamer Klauseln durch Reduzierung auf das für sie günstigste Maß bevorzugt würden (im Einzelnen LG Berlin - Urteil vom 12. November 2002, 64 S 58/02 - GE 2003, 124 m.w.N.).

Vorliegend sind die Fristen für die Ausführung der Schönheitsreparaturen in Wohnküchen von mindestens drei Jahren auf zwei Jahre verkürzt worden und zudem die Mieter verpflichtet worden, auch den Anstrich von Einbaumöbeln durchzuführen, ohne dass dieser unter die Schönheitsreparaturen fällt (vgl. dazu LG Düsseldorf, Urteil vom 7. März 2002, 21 S 163/01, NZM 2002, 779).

Es kann dahinstehen, ob sich in der Wohnung...

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