Rz. 2

Die Vorschrift entspricht inhaltlich dem früheren § 545 Abs. 1 a. F., ist lediglich sprachlich modifiziert worden. Das Wort "Vorkehrung" ist durch "Maßnahme" ersetzt worden, bedeutet jedoch keine inhaltliche Änderung.

2.1 Mangel

 

Rz. 3

Der Mangel wird hier weiter als in den §§ 536, 536a verstanden und bezieht sich auf jeden schlechten Zustand der Mietsache, ohne Rücksicht darauf, ob der vertragsgemäße Gebrauch dadurch beeinträchtigt wird (BGH, Urteil v. 4.4.1977, VIII ZR 143/75, BGHZ 68, 281), so dass die Anzeigepflicht auch dann besteht, wenn ein Mangel nur unzureichend beseitigt worden ist, Mängel also noch fortbestehen (OLG Düsseldorf, Urteil v. 25.10.1990, 10 U 15/90, ZMR 1991, 24).

Der Mangel muss für den Mieter "sich zeigen", so dass hinsichtlich verborgener Mängel mangels Prüfungs- und Nachforschungspflicht keine Anzeigepflicht besteht. Muss sich allerdings dem Mieter ein Verdacht aufdrängen bzw. übersieht er einen Mangel infolge grober Fahrlässigkeit, verletzt er die Anzeigepflicht (BGH, Urteil v. 4.4.1977, VIII ZR 143/75, BGHZ 68, 281 [284]).

 
Hinweis

Grobe Fahrlässigkeit

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Mieter das für jedermann naheliegende nicht zur Kenntnis nimmt, insbesondere ihm obliegende Kontroll- und Instandhaltungspflichten verletzt (KG Berlin, GE 2001, 1603). Die Anzeigepflicht des Mieters gem. § 536c Abs. 2 S. 1 besteht erst dann, wenn der Mangel so offensichtlich ist, dass seine Wahrnehmung sich dem Mieter praktisch hat aufdrängen müssen (LG Rostock, Urteil v. 19.5.2017, 1 S 198/16, WuM 2017, 402).

2.2 Anzeige

 

Rz. 4

Die Anzeige ist keine einseitige Willenserklärung, sondern nur eine sog. rechtserhebliche Handlung, für die eine besondere Form nicht vorgeschrieben ist, für die sich jedoch Schriftlichkeit zu Beweiszwecken anbietet, da der Mieter im Streitfalle die rechtzeitige Anzeige beweisen muss. Die Anzeige hat unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121) zu erfolgen. Das ist nach der Art des Mangels und der damit verbundenen Gefahr zu messen.

Die Anzeigepflicht entfällt, wenn der Mangel oder die konkrete Gefahr dem Vermieter bereits bekannt ist oder sein muss (BGHZ 68, 281, 284; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536c Rn. 26). Das wäre z.B. der Fall bei Mängeln als Folge von Abbrucharbeiten, die der Vermieter durchgeführt hat (OLG Karlsruhe, ZMR 1988, 52). Die Anzeigepflicht entfällt ebenfalls, wenn dem Vermieter die Beseitigung des Mangels nicht möglich ist (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536c Rn. 27).

Die Anzeige muss unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, erfolgen.

 
Achtung

Sicherheitsmängel

Mängel, die die Sicherheit des Gebäudes oder der Hausbewohner oder Dritter gefährden, muss der Mieter sofort - ggf. telefonisch oder per E-Mail - anzeigen.

Bei mehreren Mietern reicht die Anzeige durch einen von ihnen aus.

Die Anzeige muss gegenüber dem Vermieter - oder der bevollmächtigen Hausverwaltung oder einem sonstigen Vertreter gegenüber - erfolgen. Die Kenntnis des Hauswarts ist dem Vermieter zuzurechnen (Kraemer, WuM 2000, 515, 518). Die Anzeige gegenüber den für den Vermieter tätigen Handwerkern oder gar gegenüber der Polizei reicht nicht aus.

Die Anzeige bedarf keiner Form, ist also auch mündlich wirksam. Jede Vereinbarung, dass die Anzeige schriftlich erfolgen muss, ist unwirksam. Die Anzeige muss - zumindest schlagwortartig (LG Berlin, GE 2006, 1173) - den konkreten Zustand des Mietobjektes oder Gebäudes schildern, braucht aber keine Abhilfemöglichkeiten vorzuschlagen.

Die Anzeigepflicht entfällt, wenn der Mangel oder die konkrete Gefahr dem Vermieter bereits bekannt ist (BGHZ 68, 281, 284 = NJW 1977, 1236) oder dem Vermieter die Beseitigung des Mangels nicht möglich ist (Kandelhard, ZAP-Praxiskommentar Mietrecht, 3. Aufl.2007, § 536c Rn. 7).

2.3 Beweislast

 

Rz. 5

Der Vermieter trägt die Beweislast für die Kenntnis des Mieters vom Mangel bzw. dessen Erkennbarkeit und für die rechtzeitige Abhilfe im Falle einer Anzeige (LG Kiel, Urteil v. 16.4.1997, 5 S 82/96, WuM 1998, 282).

Gemäß § 536c Abs. 2 Satz 2 BGB schließt die unterlassene Anzeige nur dann die Rechte aus den §§ 536, 536a BGB und § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB aus, wenn der Vermieter infolge der unterlassenen Anzeige nicht Abhilfe schaffen konnte. Dazu muss der Vermieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er bei rechtzeitiger Anzeige den Mangel sofort in angemessener Frist beseitigt hätte (BGH, NJW 1987, 1072; OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.4.2002, 24 U 20/01, GE 2002, 1261).

Der BGH, VIII. Senat, hat bisher nicht entschieden, welcher Partei im Rahmen des Ausschlusstatbestandes des § 536 c Abs. 2 S. 2 die Beweislast für die (Nicht-) Erfüllung der Anzeigepflicht aufzuerlegen ist. Bei einem Schadensersatzanspruch des Vermieters nach § 536c Abs. 2 S. 1 ist die Beweislast für die Verletzung der Anzeigepflicht aber dem Vermieter zuzuweisen (BGH, Urteil v. 5.12.2012, VIII ZR 74/12, GE 2013, 204; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536c Rn. 42). Der Mieter sei im Hinblick auf das Gebot von Treu und Glauben daran gehindert, sich auf eine eingetretene Mietminderung zu beru...

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