Da Mietende für etwa 80 % der Energieverbräuche in Gebäuden zuständig sind,[1] spielen sie bei der Transformation von nachhaltigen Immobilien und für die Einhaltung der energiebezogenen Regularien eine zentrale Rolle. Während sich die meisten Immobilieneigentümer derzeit auf die energetische Optimierung der Allgemeinflächen und Gebäudehüllen fokussieren, vernachlässigen viele die aktive Einbindung der Mietenden in Nachhaltigkeitsentscheidungen. Dies begründet sich dadurch, dass es aktuell an gezielten Strategien zum Mieterengagement in der Immobilienbranche fehlt.

Nachhaltigkeitsbenchmarks wie GRESB oder Gebäudezertifizierungen wie DGNB, BREEAM und LEED inkludieren das Nachhaltigkeitsengagement der Mietenden bereits in ihr Bewertungssystem, jedoch scheitern die meisten Programme durch fehlende regelmäßige und verpflichtende Partizipation beider Vertragsparteien. Es bedarf einer proaktiven und verpflichtenden Kooperation zwischen Gebäudeeigentümern und Gebäudenutzern, die durch den Einsatz von Green Leases generiert werden kann.

[1] Better Buildings (2020): Engaging Tenants in Energy, https://betterbuildingssolutioncenter.energy.gov/ toolkits/engaging-tenants-energy-efficiency; Abrufdatum: 04.09.2022.

2.1 Green Leases als Bestandteil des Mietvertrags

Green Leases sind ein gängiges Mittel, um Mietende und Vermietende zur Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen in Gebäuden zu verpflichten bzw. anzuhalten. Die dort aufgeführten Klauseln sind Teil des Mietvertrags und legen konkrete Zielsetzungen auf beiden Vertragsseiten fest, um so die Erreichung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeitsziele im operativen Gebäudebetrieb sicherzustellen. Die meistverwendeten Hauptbestandteile von Green Leases umfassen

  • Reduktionsvorgaben für den Energieverbrauch sowie für CO2-Emissionen,
  • die Offenlegung von Verbrauchsdaten zur Evaluierung des energetischen Gebäudezustands sowie für Berichtszwecke,
  • die Nutzung erneuerbarer Energien sowie
  • die Festlegung regelmäßiger Nachhaltigkeitsgespräche, um die proaktive Kooperation beider Vertragsparteien zu fördern.

Weitere gängige Bestandteile sind unter anderem Vorgaben zu

  • Trinkwassernutzung,
  • Abfall- und Recyclingmanagement,
  • Kreislaufwirtschaft,
  • Mieterausbauten, Renovierungen und Schönheitsreparaturen,
  • Beschaffung und Bewirtschaftung,
  • Reinigung,
  • Biodiversität,
  • Mobilität,
  • Gesundheit und Wohlbefinden,
  • mieterseitiger monetärer Partizipation an Nachhaltigkeitsmaßnahmen,
  • Mieterkommunikation sowie
  • Mitwirkung bei Gebäudezertifizierungen, Nachhaltigkeitsbenchmarks sowie Reportings und Nachweisführung.

Über die vertraglichen Komponenten hinaus müssen konkrete Kampagnen aufgelegt werden, um die Mietenden für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren.

2.2 Vorteile von Green Leases

Durch den Abschluss von Green Leases und das Nachhalten der dort vereinbarten Zielsetzungen lassen sich die regulatorischen Risiken senken, da die Gebäude mithilfe der Mietenden effektiver die zu erzielenden Anforderungen der Nachhaltigkeitsvorschriften erreichen. Zudem fördern Green Leases das Erreichen höherer Nachhaltigkeitsratings bei der DGNB, BREEAM, LEED und GRESB, was wiederum zu höheren Mieten (Kap. 4.8), höheren Verkaufspreisen (Kap. 4.9) und geringeren Leerstandsquoten (Kap. 4.10) führen kann. Bei erfolgreicher Umsetzung sind ebenso geringere Energiekosten zu erwarten. Darüber hinaus werden die Reputation durch die Signalwirkung, in einem nachhaltigen Gebäude angemietet zu haben, sowie die Gesundheit und das Wohlbefinden der Gebäudenutzenden gestärkt.

Da jede Mietvertragssituation individuell ist, sollten sich die Green-Lease-Klauseln stets den Bedürfnissen beider Mietvertragsparteien sowie dem Gebäude anpassen. Die konkreten Nachhaltigkeitsziele der Vermietenden, aber auch der Mietenden sind hier zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind mögliche Umsetzungsrestriktionen zu identifizieren. Eine klare Strategie, Zielsetzung und Motivation beider Parteien ist wesentlich, um die Klauseln erfolgreich zu vereinbaren und gezielt umzusetzen.

 
Hinweis

MoU ./. Green Leases

In der internationalen Praxis werden grüne Mietvertragsklauseln in

  • Absichtserklärungen (Memorandum of Understanding, abgekürzt MoU) und
  • verpflichtende Klauseln (Green Leases) unterschieden.

Die MoU verfolgen das Bestreben oder Bemühen der Mietvertragsparteien, Nachhaltigkeitsziele im Gebäude umzusetzen. Sie werden daher als weiche Klauseln ohne vertraglich verpflichtende Umsetzungsregelungen formuliert. Green Leases hingegen verpflichten Vermietende und Mietende zur Umsetzung der in den Klauseln festgelegten Ziele. Bei Nichteinhaltung dieser können gegebenenfalls Sanktionierungen folgen. Die Formulierungen sind hierbei strenger und präziser.

Im Folgenden werden sowohl weiche Klauseln (MoU) als auch vertraglich bindende Klauseln vorgeschlagen (Green Lease). Die Bemühungsformulierungen (für das Memorandum of Understanding) sind mit entsprechenden eckigen Klammern gekennzeichnet.

2.3 Ursprung

Die ersten öffentlich zugänglichen Green-Lease-Leitfäden wurden in den 2010er- Jahren von Immobilienverbänden und Green Building Councils (Gremien für ...

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