Bei Schank- und Speisewirtschaften kommen sowohl nachträgliche Auflagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Schutz der Wohnnachbarschaft vor Lärm- und Geruchsbelästigungen als auch Sperrzeitregelungen in Form von Sperrzeitverlängerungen nach § 18 GastG zum Schutz vor Lärmbelästigungen in Betracht. Beide Handlungsmöglichkeiten stehen nach der Rechtsprechung alternativ zur Verfügung.

Auflagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG

Einem Gaststättenbetreiber können nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG jederzeit Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft erteilt werden. Der durch eine Baugenehmigung im Allgemeinen vermittelte Bestandsschutz eines Betriebs steht einer Anordnung zur Minderung vermeidbarer Lärm- oder Geruchsbelästigungen der Wohnnachbarschaft nicht entgegen.[1]

Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG hat nach der Rechtsprechung nachbarschützende Wirkung.[2] Der lärmbetroffene oder erheblichen Geruchsbelästigungen ausgesetzte Nachbar kann daher von der Gaststättenbehörde verlangen, dass sie von der Möglichkeit nachträglicher Auflagen zu seinem Schutz Gebrauch macht.

Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für nachträgliche Auflagen vor, steht es im Ermessen der Behörde, derartige Auflagen anzuordnen. Wenn aber die Lärmrichtwerte der TA Lärm oder die Geruchsschwellenwerte der Anlage 7 zur TA Luft[3] überschritten werden, kann sich dieses Ermessen auf Null reduzieren. Dann verwandelt sich der Rechtsanspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung in einen Rechtsanspruch auf behördliches Tätigwerden.

 
Hinweis

Tenor einer Verpflichtungsklage

Die "Auflage" genannte behördliche Anordnung können Sie mit der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) verwaltungsgerichtlich durchsetzen. Der Tenor eines stattgebenden Urteils und dementsprechend auch der Klageantrag lautet in der Praxis etwa so: "Der Beklagte (Landratsamt X) ist verpflichtet, über den Antrag des Klägers (Nachbarn), das Ende der Betriebszeit auf 22 Uhr festzusetzen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden".

 
Praxis-Beispiel

Mögliche Auflagen

  • Auflagen kommen vor allem dann in Betracht, wenn der Lärm durch Wände oder Decken in angrenzende Wohnungen dringt und durch Schallisolierung oder Schallpegelbegrenzung bei Musikübertragungsanlagen technisch begrenzt werden kann.[4]
  • Möglich ist es auch, im Wege einer Auflage den Einbau eines Aktivkohlefilters in die Küchenentlüftung einer Gastwirtschaft zum Schutz der Nachbarschaft vor Geruchsbelästigungen anzuordnen.
  • Eine Begrenzung der Zahl der Sitzplätze kann ebenfalls durch eine Auflage angeordnet werden.
  • Ebenso wie ein Verbot, zwischen 23:30 Uhr und 6:00 Uhr Flaschenbier an jedermann über die Straße abzugeben.[5]
  • Eine Auflage kann auch den Einsatz eines Ordnungsdienstes anordnen, der sicherzustellen hat, dass sich im Außenbereich der Gastwirtschaft aufhaltende Gäste so ruhig verhalten, dass die Nachbarschaft nicht erheblich durch Lärm belästigt wird und sich keine Handgreiflichkeiten, Sachbeschädigungen und Beleidigungen von Nachbarn und anderen Gästen ereignen können.[6]
  • Schließlich können auch Betriebszeitbeschränkungen zum Schutz der Nachtruhe der Wohnnachbarschaft angeordnet werden.[7] Die Baugenehmigung wie auch die Gaststättenerlaubnis bedeuten nämlich keine Garantie, dass ein Gaststättenbetrieb ohne jede zeitliche Begrenzung möglich wäre.[8] Nach der Rechtsprechung spricht nichts dafür, Betriebszeitbeschränkungen aus Gründen des Lärmschutzes allein dem Sperrzeitrecht vorzubehalten.[9]

Erfüllt ein Gastwirt eine angeordnete Auflage nicht, kann die Gaststättenbehörde die ihm erteilte Gaststättenerlaubnis widerrufen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 GastG). Als Nachbar haben Sie einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung, dass die Gaststättenbehörde von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.

[3] Vor dem 1.12.2021 Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL), s. oben Kap. 3.2.
[4] Vgl. VG Würzburg, Urteil v. 16.9.2020, W 6 K 19.717.
[5] OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 15.4.2016, 4 A 17/14.
[6] Bayerischer VGH, Beschluss v. 10.9.2019, 22 ZB 18.229.
[7] So VGH München, Urteil v. 14.2.1990, 22 B 88.275, NVwZ-RR 1990 S. 407; VGH München, Beschluss v. 2.10.1990, 22 CS 90.2811, NVwZ-RR 1991 S. 404.
[8] So VGH München, Urteil v. 19.8.1991, 22 B 88.3570, BayVBl 1992 S. 632; BVerwG, Beschluss v. 28.11.1991, 1 B 152/91, NVwZ 1992 S. 569.
[9] So VGH München, Beschluss v. 2.10.1990, 22 CS 90.2811, NVwZ-RR 1991 S. 404.

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