Entscheidungsstichwort (Thema)

Staatliche Beihilfen. Entscheidung 2002/581/EG. Steuervergünstigungen für Banken. Begründung der Entscheidung. Qualifizierung als staatliche Beihilfe. Voraussetzungen. Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben b und c EG. Wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse. Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige. Früher gewährte Steuervergünstigungen. Rückforderung der Beihilfe. Grundsatz des Vertrauensschutzes. Grundsatz der Rechtssicherheit. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

 

Beteiligte

Unicredito Italiano

Unicredito Italiano SpA

Agenzia delle Entrate, Ufficio Genova 1

 

Tenor

1. Die Prüfung der Vorlagefragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Entscheidung 2002/581/EG der Kommission vom 11. Dezember 2001 über die staatliche Beihilferegelung, die Italien zugunsten der Banken durchgeführt hat, beeinträchtigen könnte.

2. Artikel 87 ff. EG, Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags sowie die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit stehen einer nationalen Maßnahme nicht entgegen, die die Rückzahlung einer Beihilfe in Durchführung einer Entscheidung der Kommission anordnet, in der diese Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar eingestuft worden ist und deren Prüfung im Hinblick auf diese Bestimmungen und allgemeinen Rechtsgrundsätze nichts ergeben hat, was die Gültigkeit beeinträchtigen könnte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-148/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Commissione tributaria provinciale Genua (Italien) mit Entscheidung vom 11. Februar 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 23. März 2004, in dem Verfahren

Unicredito Italiano SpA

gegen

Agenzia delle Entrate, Ufficio Genova 1

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter C. Gulmann (Berichterstatter), R. Schintgen, G. Arestis und J. Klucka,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Unicredito Italiano SpA, vertreten durch A. Santa Maria, C. Biscaretti di Ruffia und G. Pizzonia, avvocati,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von M. Fiorilli, avvocato dello Stato,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und V. Di Bucci als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 8. September 2005

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit der Entscheidung 2002/581/EG der Kommission vom 11. Dezember 2001 über die staatliche Beihilferegelung, die Italien zugunsten der Banken durchgeführt hat (ABl. 2002, L 184, S. 27, im Folgenden: streitige Entscheidung), sowie die Auslegung der Artikel 87 ff. EG, des Artikels 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) und allgemeiner Grundsätze des Gemeinschaftsrechts.

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Unicredito Italiano SpA (im Folgenden: Klägerin) mit Sitz in Genua (Italien) und der Agenzia delle Entrate, Ufficio Genua 1, wegen einer Steuervergünstigung, die Unicredito in den Geschäftsjahren 1998, 1999 und 2000 zugute kam.

I – Nationales Recht

3 In Italien wurde durch das Gesetz Nr. 218 vom 30. Juli 1990 mit Bestimmungen auf dem Gebiet der Umstrukturierung und der Stärkung des Vermögens der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute (GURI Nr. 182 vom 6. August 1990, S. 8, im Folgenden: Gesetz Nr. 218/90) eine Reform des Bankensystems eingeleitet.

4 Dieses Gesetz ermöglichte die Umwandlung von öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten in Aktiengesellschaften. Zu diesem Zweck wurden die öffentlichen Banken ermächtigt, den Bankbetrieb auf eine Aktiengesellschaft in der Weise zu übertragen, dass die übertragende juristische Person, die in der Praxis als „Bankstiftung” (im Folgenden: Bankstiftung) bezeichnet wurde und die die Anteile hielt, von der übernehmenden Aktiengesellschaft, die das Bankgeschäft führte, getrennt war. Die Bankstiftung verwaltete die Anteile an der übernehmenden Bank und verwendete die Erträge für soziale Zwecke.

5 Durch Artikel 2 des Gesetzes Nr. 489 vom 26. November 1993 betreffend u. a. die Verlängerung der in Artikel 7 Absatz 6 des Gesetzes Nr. 218/90 vorgesehenen Frist (GURI Nr. 284 vom 3. Dezember 1993, S. 4) wurden die öffentlichen Bankinstitute verpflichtet, sich bis spätestens 30. Juni 1994 in Aktiengesellschaften umzuwandeln.

6 Das Gesetz Nr. 461 vom 23. Dezember 1998 zur Ermächtigung der Regierung zur Neuordnung der zivil- und steuerrechtlichen Regelung für die einbringenden Einrichtungen...

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