Entscheidungsstichwort (Thema)

Überführung von Anwartschaftsrechten aus Zusatzversorgungssystemen der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung des wiedervereinigten Deutschlands

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Dr. Karl-Heinz Christoph und Dr. Ingeborg Christoph

 

Verfahrensgang

BSG (Zwischenurteil vom 10.03.1997; Aktenzeichen 4 BA 187/96)

LSG Berlin (Urteil vom 17.09.1996; Aktenzeichen L 2 An 79/95)

SG Berlin (Urteil vom 13.02.1995; Aktenzeichen S 8 An 4790/94)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Tatbestand

1. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik in die gesetzliche Rentenversicherung des wiedervereinigten Deutschlands.

In der Sache wendet sich der Beschwerdeführer, der in der Deutschen Demokratischen Republik Altersrente und Zusatzversorgung bezogen hat, gegen die Absenkung seiner berücksichtigungsfähigen Arbeitsverdienste auf die Beitragsbemessungsgrenze nach § 6 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 3 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und AnwartschaftsüberführungsgesetzAAÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S. 1606, 1677). Daneben greift der Beschwerdeführer das Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Juli 1996 an (SozR 3-8570 § 8 AAÜG Nr. 2). Nach dieser Rechtsprechung könne – anders als bisher – die Verfassungsmäßigkeit der Absenkung der Verdienste auf die Beitragsbemessungsgrenze nicht mehr im Rahmen eines Verfahrens gegen den – hier allein streitgegenständlichen – Entgeltbescheid geprüft werden. Dies verletze ihn in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz in Verbindung mit dem Willkürverbot (Art. 19 Abs. 4 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG).

 

Entscheidungsgründe

2. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

a) Mit den Urteilen vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 1 ≪40≫; 100, 104 ≪125≫) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik in die gesetzliche Rentenversicherung und die Berücksichtigung der dort versicherten Arbeitsentgelte lediglich bis zur Beitragsbemessungsgrenze nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG in Verbindung mit Anlage 3 bei verfassungskonformer Auslegung des Einigungsvertrages mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

b) Das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.

aa) Das Bundessozialgericht (Urteil vom 18. Juli 1996, SozR 3-8570 § 8 AAÜG Nr. 2; stRspr, vgl. Urteil vom 4. Mai 1999, B 4 RA 6/99 R) hat – in Abkehr von der bisherigen Praxis – entschieden, dass der Versorgungsträger nur einzelne versorgungsspezifische Daten (Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, Höhe des dort erzielten Arbeitsentgelts, Summe der Arbeitsausfalltage; vgl. § 8 Abs. 1 bis Abs. 3 AAÜG) verbindlich feststellt. Die Entscheidung darüber, welche Leistungsansprüche auf Altersversorgung nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) den Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten zustünden, falle ausschließlich in die Entscheidungskompetenz des Rentenversicherungsträgers. Dazu gehöre auch die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.

bb) Grundrechte des Beschwerdeführers sind dadurch nicht verletzt. Zwar hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Folge, dass er die Begrenzung des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts auf die Werte der allgemeinen Bemessungsgrundlage (§ 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG i.V.m. Anlage 3) nicht schon im gerichtlichen Verfahren gegen den Entgeltbescheid überprüfen lassen kann. Jedoch liegt darin kein Verfassungsverstoß. Denn der Zugang zu den Gerichten ist für den Beschwerdeführer nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert (vgl. BVerfGE 40, 272 ≪274 f.≫; 78, 88 ≪99≫; 88, 118 ≪124≫; stRspr). Dem Beschwerdeführer wird der Rechtsweg dadurch nicht verwehrt. Er ist mit seinem Rechtsschutzanliegen lediglich auf eine spätere Stufe des Verwaltungsverfahrens – den Rentenbescheid – verwiesen. Die Gewährung effektiven, zeitnahen Rechtsschutzes wird dadurch nicht in Frage gestellt.

cc) Vorliegend hat der Rentenversicherungsträger im Anschluss an den Entgeltbescheid den Rentenanspruch einschließlich der Begrenzung des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts auf die Werte der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze neu festgestellt. Den Rentenbescheid hat der Beschwerdeführer sozialgerichtlich angefochten. In diesem Verfahren wird der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz gewährt.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Papier, Steiner, Hoffmann-Riem

 

Fundstellen

Haufe-Index 565164

SGb 2000, 367

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge