Leitsatz (amtlich)

1. Bestehen zwischen Vertragsparteien unterschiedliche Auffassungen, ob eine bestimmte Leistung bereits aus dem geschlossenen Vertrag geschuldet ist, so kann in der Erklärung der einen Seite, die geforderte Leistung unter Beibehaltung des ablehnenden Standpunktes zu erbringen sowie mit der Ankündigung insoweit eine bestimmte zusätzliche Vergütung zu fordern, ein Angebot auf Abschluss einer zusätzlichen Vereinbarung liegen. Lässt sich der Vertragspartner hierauf ein, kommt eine Vereinbarung mit zusätzlicher Vergütungspflicht betreffend die streitige Tätigkeit unter der Bedingung zustande, dass die Tätigkeit nicht bereits aufgrund des ursprünglichen Vertrages geschuldet war.

2. Einigen sich die Vertragspartner auf die (zusätzliche) Vergütung einer Leistung unter der Voraussetzung, dass diese Leistung nicht bereits nach dem Ausgangsvertrag geschuldet war, so machen die Parteien die vertragliche Vereinbarung nicht von einem ungewissen zukünftigen Ereignis, sondern von der rechtlichen Aufklärung der gegenwärtigen Verhältnisse abhängig, so dass die Wirksamkeit der zusätzlichen Vereinbarung von einer zulässigen subjektiven Gegenwartsbedingung (condicio in praesens vel praeteritum collata) und nicht von einer unzulässigen Rechtsbedingung abhängt.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157-158, 313 Abs. 1, § 812 Abs. 1 S. 1; UrhG § 78; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 7

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 28.12.2011; Aktenzeichen 6 O 89/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28.12.2011 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Potsdam, Az.: 6 O 89/11 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der A. (im Folgenden A.) vom Beklagten die teilweise Rückzahlung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 1998 bis 2006. Der Beklagte war seit dem Jahr 1998 für die A. als Moderator der "...-Show" tätig geworden und hatte seine Leistungen jeweils mit dem höchsten Umsatzsteuersatz abgerechnet. Nach Berichtigungsmeldungen des Beklagten gegenüber seinem Finanzamt, wobei in den durch ihn im Zeitraum 1998 bis 2006 gelegten Rechnungen der Umsatzsteuersatz auf 7 % geändert wurde, kam es zu einer Rückzahlung des Finanzamtes an den Beklagten, die dieser nur teilweise an die A. ausgezahlt hat. Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage den Restbetrag i.H.v. 262.600,15 EUR.

Der Beklagte bestreitet das Bestehen eines Zahlungsanspruchs, erhebt gegenüber der Forderung der Klägerin die Einrede der Verjährung und beruft sich auf Verwirkung.

Hilfsweise erklärt er mit einem Vergütungsanspruch gemäß Rechnung vom 25.11.2008 über 245.420,70 EUR zzgl. Mehrwertsteuer wegen einer im Internet ausgestrahlten Moderationsleistung vom 15.11.2008 die Aufrechnung. Zwischen den Parteien besteht insoweit Streit darüber, ob der Beklagte zu dieser Moderationsleistung bereits aufgrund eines Moderationsvertrages vom 19.3.2007/1.4.2007 verpflichtet war. In dem genannten Vertrags verpflichtete sich der Beklagte gegenüber der A. während der Vertragszeit dem Fernsehsender X (im Folgenden: X) für mindestens drei Staffeln als Moderator für "...-Show" zur Verfügung zu stehen und ggf. die Moderation für weitere Lotterieformate zu prüfen. In Ziff. 1.2 des Moderationsvertrages vom 19.03./1.4.2007 waren weitere Leistungen des Beklagten an bis zu 15 Tagen vorgesehen. Nach Ziff. 1.4 des Vertrages gelten die Leistungen des Beklagten als erbracht, wenn dieser die Leistungen der A. anbietet, die angebotenen Leistungen aber nicht angenommen werden. Für die Moderatorenleistungen sollte der Beklagte insgesamt 3.150.000 EUR erhalten, die von der A. auch gezahlt wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Moderationsvertrages wird auf die zur Akte Anlage K 1 Bezug genommen.

Die A. und der Beklagte schlossen am 19.1.2009/23.1.2009 wiederum einen Kooperationsvertrag und einen Moderationsvertrag. Ausweislich des Moderationsvertrages war der Beklagte verpflichtet, gegenüber der Klägerin während der Vertragszeit für mindestens eine Staffel als Moderator für die als "...-Show" ausgestrahlte Ziehung der A. zur Verfügung zu stehen. Die Klägerin sollte im Gegenzug ein Honorar i.H.v. 1.050.000 EUR zzgl. Mehrwertsteuer an den Beklagten zahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit Urteil vom 28.12.2011 hat das LG den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 262.600,15 EUR nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob sich der Anspruch der A. auf Rückzahlung der Umsatzsteu...

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