Fitnessstudio-Beiträge nach coronabedingter Schließung

Fitnessstudios müssen per Lastschrift eingezogene Beiträge ihrer Mitglieder nach einer coronabedingten Schließung des Studios zurückzahlen. Dies hat der BGH in einer Grundsatzentscheidung klargestellt.

Gegenstand des vom BGH entschiedenen Falls war die Rückzahlungsforderung eines Mitglieds eines Fitnessstudios. Der Kläger war der Auffassung, für Zeiträume der coronabedingten Schließung des Fitnessstudios nicht zur Zahlung der monatlichen Mitgliedsbeiträge verpflichtet gewesen zu sein. Diese Rechtsansicht hat der BGH nun höchstrichterlich bestätigt.

Mitgliedsbeiträge auch während der Schließung des Studios eingezogen

Der Kläger hatte mit der Betreiberin des Fitnessstudios einen Fitnessvertrag mit einer Laufzeit über 24 Monate abgeschlossen. Infolge hoheitlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie musste das Fitnessstudio während der Vertragslaufzeit von Mitte März bis Anfang Juni 2020 schließen. Auch in dieser Zeit zog die Betreiberin des Fitnessstudios die vereinbarten monatlichen Mitgliedsbeiträge des Klägers im Lastschriftverfahren von dessen Konto ein. Zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit kündigte der Kläger den Mitgliedsvertrag.

Mitglied klagte auf Rückerstattung

Nachdem die Betreiberin des Fitnessstudios zur Erfüllung der Forderung des Klägers auf Rückzahlung der eingezogenen Mitgliedsbeiträge für den Zeitraum der coronabedingten Schließung des Fitnessstudios nicht bereit war, klagte dieser auf Rückzahlung der Beiträge. 

Betriebsschließung bewirkte rechtliche Unmöglichkeit zur Leistung

Nach der jetzigen Entscheidung des BGH steht dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der Mitgliedsbeiträge für den Zeitraum der Schließung gemäß §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB zu. Gemäß § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Gegenleistung ausgeschlossen, soweit die Leistung dem Schuldner (oder auch jedermann) unmöglich ist. Diese rechtliche Unmöglichkeit trat nach der Bewertung des BGH dadurch ein, dass die Beklagte aufgrund hoheitlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ihr Fitnessstudio zeitweise schließen musste. Während dieser Zeit sei sie daran gehindert gewesen, ihre vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht zu erfüllen.

Unmöglichkeit nicht nur vorübergehend

Diese Unmöglichkeit zur Leistungserfüllung war nach dem Urteil des BGH auch nicht bloß vorübergehender Natur. Aufgrund des geschlossenen Fitnessstudiovertrages sei die Beklagte verpflichtet gewesen, dem Kläger fortlaufend die Möglichkeit zum Training in ihrem Studio zu verschaffen. Die regelmäßige sportliche Betätigung sei Zweck eines Fitnessstudiovertrages und könne deshalb auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Für den Zeitpunkt der Schließung des Studios sei die Erreichung des Vertragszwecks endgültig unmöglich geworden, der Anspruch auf die Gegenleistung sei damit entfallen.

Fitnessstudio forderte Anpassung des Fitnessvertrages

Die Beklagte hatte geltend gemacht, durch die hoheitliche Schließungsmaßnahme infolge der Corona-Pandemie sei die Geschäftsgrundlage des Fitnessvertrages gemäß § 313 BGB nachhaltig gestört. Diese Störung erfordere eine Anpassung des Vertrages dahingehend, dass sich die Vertragslaufzeit um die Zeit der Schließung verlängere, damit die geschuldete Leistung nach dem Ende der regulären Vertragslaufzeit nachgeholt werden könne. 

Kein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage

Diese Rechtsauffassung der Beklagten erteilte der BGH eine Absage. Eine Anpassung vertraglicher Verpflichtungen komme grundsätzlich nicht in Betracht, wenn nach den Vorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung das Gesetz den Anspruch auf Gegenleistung ausschließe. Bei Anwendbarkeit des § 275 Abs. 1 BGB scheide die Anwendung der Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage aus.

Gutscheinlösung zum Schutz vor Insolvenz

Nach Auffassung des BGH kommt die von der Beklagten begehrte Vertragsanpassung gemäß § 313 BGB aber hier auch deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber mit Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB eine spezielle Regelung zur Vertragsanpassung wegen Störungen der Geschäftsgrundlage im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie geschaffen hat. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber Veranstalter und Betreiber von Freizeiteinrichtungen vor Insolvenz schützen wollen, indem er diesen die Option eingeräumt hat, statt der Erstattung gezahlter Eintrittspreise den Nutzungsberechtigten einen Gutschein im Wert des eingetretenen Nutzungsausfalls zu übergeben. 

Gutscheinlösung verdrängt Regeln zur Geschäftsgrundlage

Diese Gutscheinregelung im Rahmen des Ausfalls von Freizeitveranstaltungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie bewertet der BGH im Verhältnis zur allgemeinen Regelung über die Störung der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB als lex specialis. Gemäß Art. 240 § 5 Abs. 5 EGBGB könne im Übrigen auch der Inhaber eines Gutscheins nach dem 31.12.2021 in jedem Fall die Auszahlung des Wertes des Gutscheins verlangen. Für die Anwendung des § 313 BGB bleibe daneben kein Raum.

Klage über drei Instanzen erfolgreich

Im Ergebnis hatte die Klage auf Rückerstattung der für die Zeit der Schließung des Fitnessstudios eingezogenen Beiträge in vollem Umfang Erfolg.

(BGH, Urteil v. 4.5.2022, XII ZR 64/21)

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