Leitsatz (amtlich)

Die Wohnungseigentümer können durch Beschluss dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung sowie für die Einschaltung von Sonderfachleuten übertragen, wenn die Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko führt.

 

Normenkette

WEG § 27 aF

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 02.10.2020; Aktenzeichen 11 S 7/20)

AG Pinneberg (Entscheidung vom 17.12.2019; Aktenzeichen 60 C 7/19)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Itzehoe vom 2.10.2020 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Anlage besteht aus 70 Einheiten. In der Eigentümerversammlung vom 21.2.2019 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 2, mit der Firma S. GmbH den in der Versammlung als Entwurf vorliegenden Verwaltervertrag zu schließen, und bevollmächtigten zwei Miteigentümer zur Unterzeichnung des Vertrages. Der Verwaltervertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

§ 2 (Befugnisse des Verwalters) 5. Der Verwalter ist ferner berechtigt, [...] b) Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum mit einem Auftragswert bis zu 4.000 EUR brutto im Einzelfall, bei mehreren Aufträgen pro Wirtschaftsjahr begrenzt auf ein Gesamtvolumen i.H.v. 8.000 EUR brutto ohne Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft einzuleiten, die entsprechenden Aufträge zu vergeben, kaufmännisch zu überwachen und kaufmännisch abzunehmen; dies unbeschadet der Befugnis des Verwalters, in dringenden Fällen sonstige zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen; c) sich zur Durchführung von größeren Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung bzw. Modernisierung oder baulichen Änderungen (d.h. ab einem Auftragswert i.H.v. 10.000 EUR brutto im Einzelfall), namens und für Rechnung der Eigentümergemeinschaft sachkundiger Dritter (Architekten, Ingenieure, Gutachter u.a.) zu bedienen, wobei der Verwalter auf die ggf. bestehende Notwendigkeit der Begleitung einer solchen Maßnahme durch einen sachkundigen Dritten hinzuweisen hat und die entstehenden Kosten im Einzelfall den Betrag i.H.v. 3.000 EUR brutto pro Einzelfall, begrenzt auf eine Gesamtjahressumme i.H.v. 6.000 EUR brutto nicht übersteigen dürfen. Das Gleiche gilt bei geringeren Auftragswerten mit besonderer technischer oder rechtlicher Schwierigkeit. § 4 (Pflichten der Wohnungseigentümer) [...] Die Wohnungseigentümergemeinschaft zahlt dem Verwalter monatlich je Sondereigentum ab 1.1.2019 18,00 EUR Sondereigentum ab 1.1.2020 19,00 EUR [...] Die Wohnungseigentümergemeinschaft zahlt dem Verwalter zusätzlich - Durchführung jeder weiteren Versammlung über die ordentliche Jahresversammlung hinaus 700,00 EUR - für die kaufmännische Betreuung von Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum ab einer Bausumme von 10.000 EUR im Einzelfall ein Honorar von 4 % der Bruttobausumme; das Honorar reduziert sich auf 2 % der Bruttobausumme, wenn ein externer Ingenieur bzw. Architekt mit der Bauleitung beauftragt wird; - für sämtliche Tätigkeiten bei gerichtlichen Auseinandersetzungen einen Stundensatz i.H.v. 65,00 EUR, Auslagen (z.B. für Kopien, Porto) sind zu erstatten; - für die Abwicklung von Versicherungsschäden 4 % der Schadenssumme, max. 5.000 EUR p.a., wenn (auch) Sondereigentum betroffen ist; soweit der Versicherer Regiekosten der Verwaltung übernimmt, entfällt die Zahlungspflicht der Eigentümergemeinschaft; der Verwalter ist berechtigt, die erstatteten Regiekosten dem Konto der Gemeinschaft zu entnehmen.

Rz. 2

Das AG hat die gegen den Beschluss zu TOP 2 gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin abgewiesen. Das LG hat ihre Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem LG zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will die Klägerin weiterhin erreichen, dass der Beschluss für ungültig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt wird.

 

Entscheidungsgründe

I.

Rz. 3

Nach Auffassung des Berufungsgerichts entspricht der Beschluss der Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung. Diese hätten den ihnen bei der Ausgestaltung von Verträgen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Die Ermächtigung des Verwalters in § 2 Nr. 5b und c des Verwaltervertrages zur Entscheidung über Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten und die Einschaltung von Sonderfachleuten stelle keine unzulässige Delegation von Aufgaben auf die Verwaltung dar. Zwar könne die Entscheidungskompetenz über das Ob und Wie von Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG a.F. auf den Verwalter übertragen werden. In engen Grenzen sei eine Kompetenzverlagerung aber durch Beschluss möglich, nämlich dann, wenn die Ermächtigung zu einem nur begrenzten und für den einzelnen Wohnungseigentümer überschaubaren finanziellen Risiko führe und die grundsätzliche Verantwortlichkeit für den Beschluss solcher Maßnahmen bei der Eigentümerversammlung belasse. Diesen Anforderungen sei hier Rechnung getragen. Aufgrund der erheblichen Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft bestehe ein Interesse an einer Verschlankung der Entscheidungsprozesse für kleinere Aufträge. Zudem sei die Befugnis des Verwalters durch eine Obergrenze für den einzelnen Auftrag und ein Jahresgesamtbudget begrenzt. Die Vergütungsregelungen in § 4 des Verwaltervertrages seien ebenfalls nicht zu beanstanden.

II.

Rz. 4

Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht kommt rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass der Beschluss der Wohnungseigentümer, den als Entwurf vorliegenden Verwaltervertrag abzuschließen und zwei Wohnungseigentümer zu dessen Unterzeichnung zu ermächtigen, den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Prüfungsmaßstab ist das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung als dem zur Zeit der Beschlussfassung geltenden Recht (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2021 - NJW-RR 2021, 664 Rz. 5).

Rz. 5

1. Mit der in § 2 Nr. 5 Buchst. b und c des Vertragsentwurfs vorgesehenen Ermächtigung des Verwalters zur selbständigen Einleitung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen und zur Hinzuziehung von Sonderfachleuten haben die Wohnungseigentümer das ihnen bei der Ausgestaltung des Verwaltervertrages zustehende Ermessen (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.2019 - V ZR 278/17 NJW 2020, 988 Rz. 17) nicht überschritten.

Rz. 6

a) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht unausgesprochen davon aus, dass die Wohnungseigentümer die Kompetenz hatten, durch Beschluss die in dem Vertragsentwurf genannten Entscheidungsbefugnisse auf den Verwalter zu übertragen.

Rz. 7

aa) Die Frage, ob dem Verwalter im Wege eines Beschlusses besondere Entscheidungsbefugnisse zugewiesen werden können, wird unterschiedlich beantwortet.

Rz. 8

(1) Nach verbreiteter Ansicht, der auch das Berufungsgericht folgt, kann die Entscheidung über Art und Umfang von Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten grundsätzlich nicht im Beschlusswege auf den Verwalter übertragen werden. Die gesetzliche Regelung gehe davon aus, dass die Wohnungseigentümer die notwendigen Entscheidungen über das Ob und Wie von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen grundsätzlich selbst treffen müssten. Da mit der Übertragung von Kompetenzen der Wohnungseigentümer auf den Verwalter eine grundlegende Zuständigkeitsänderung vorgenommen werde, sei hierfür grundsätzlich eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer erforderlich. In engen Grenzen sei eine Kompetenzverlagerung durch Beschluss möglich, nämlich dann, wenn die Ermächtigung zu einem nur begrenzten und für den einzelnen Wohnungseigentümer überschaubaren finanziellen Risiko führe und die grundsätzliche Verantwortlichkeit für den Beschluss solcher Maßnahmen bei der Eigentümerversammlung belasse (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 13, 14; NZM 2001, 390, 391; OLG München, ZWE 2009, 27, 30; LG München I, ZWE 2009, 230, 231 und ZWE 2011, 42, 43; AG Pinneberg, ZMR 2018, 463, 464; in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 21 Rz. 74; , WEG, 14. Aufl., § 27 Rz. 41; wohl auch , BGB [2018], § 27 WEG Rz. 119; , WEG, 5. Aufl., § 26 Rz. 87; in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 27 Rz. 6 und 20).

Rz. 9

(2) Teilweise wird eine Beschlusskompetenz generell verneint und eine Kompetenzverlagerung auf den Verwalter nur durch Vereinbarung für wirksam gehalten ( in BeckOK/WEG [1.5.2020], § 21 Rz. 17; in ZWE, 2012, 163, 167).

Rz. 10

(3) Nach anderer Ansicht haben die Wohnungseigentümer grundsätzlich die Kompetenz, Verwaltungsmacht auf den Verwalter zu übertragen. Die Möglichkeit, den Verwalter durch Beschluss zu ermächtigen, für die Gesamtheit der Eigentümer zu entscheiden, sei im Gesetz angelegt (, BGB [2018], § 21 WEG Rz. 47; , ZWE 2015, 193, 194; BeckOGK/, WEG [1.4.2020], § 26 Rz. 194; in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 26 Rz. 40; § 27 Rz. 43; , ZWE 2003, 247, 252; im Ergebnis wohl auch AG Hamburg, BeckRS 2016, 122909 Rz. 19; vgl. auch , ZfIR 2017, 770, 774 f.).

Rz. 11

bb) Richtigerweise können die Wohnungseigentümer durch Beschluss dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung sowie für die Einschaltung von Sonderfachleuten übertragen, wenn die Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko führt.

Rz. 12

(1) Die Entscheidung über die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums und die Hinzuziehung von Sonderfachleuten obliegt als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 2 WEG a.F. vorrangig den Wohnungseigentümern. Der Verwalter ist nicht berechtigt, Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung, die weder dringlich sind (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG a.F.) noch zu den laufenden Maßnahmen zählen (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG a.F.), ohne Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zu ergreifen (vgl. BGH, Urt. v. 19.7.2019 - V ZR 75/18 NJW-RR 2020, 68 Rz. 9). Die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung dient der selbstbestimmten Verwaltung durch die Wohnungseigentümer. Sie gewährleistet, dass jeder Wohnungseigentümer die Möglichkeit hat, bei der Entscheidung über Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen auf die Willensbildung der Wohnungseigentümer und die mit der Maßnahme verbundene Kostenbelastung Einfluss zu nehmen (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 13, 14).

Rz. 13

(2) Dem Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2014 - V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 Rz. 14) ist aber die Befugnis immanent, den Entscheidungsprozess für Maßnahmen der Instandhaltung- oder Instandsetzung von untergeordneter Bedeutung zu vereinfachen und die Entscheidungskompetenz hierfür durch Beschluss auf den Verwalter zu verlagern. Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG a.F., wonach dem Verwalter kraft Gesetzes die Entscheidungskompetenz für laufende Maßnahmen zugewiesen ist, macht deutlich, dass für weniger bedeutsame Maßnahmen eine eigene Entscheidungsbefugnis des Verwalters bereits im Gesetz angelegt ist. Das Selbstorganisationsrecht schließt die Kompetenz der Wohnungseigentümer ein, diesen gesetzlichen Aufgabenkreis des Verwalters in engen Grenzen durch Beschluss zu erweitern und so den Verwaltungsaufwand für nicht vorhergesehene - im Verhältnis zur Größe der Gemeinschaft - kleinere Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen gering zu halten und deren zügige Erledigung sicherzustellen. Maßstab für die Beurteilung, ob sich eine Erweiterung der Befugnisse des Verwalters auf Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung bezieht, ist das finanzielle Risiko der Wohnungseigentümer. Die Einräumung der Entscheidungskompetenz darf nur zu einem begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko für den einzelnen Wohnungseigentümer führen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 13, 14; NZM 2001, 390, 391; OLG München, ZWE 2009, 27, 30; LG München I, ZWE 2011, 42, 43; LG Frankfurt, WuM 2017, 729, 730; AG Hamburg, BeckRS 2016, 122909 Rz. 19; AG Pinneberg, ZMR 2018, 463, 464; AG Recklinghausen, WuM 2008, 686; in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 21 Rz. 74; , BGB [2018], § 21 WEG Rz. 48; , WEG, 5. Aufl. § 26 Rz. 87; , BGB [2018], § 27 WEG Rz. 119; in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 26 Rz. 40). Nicht erforderlich ist dagegen, dass sich die Kompetenzübertragung nur auf einen Einzelfall bezieht und die Wohnungseigentümer die maßgeblichen Kriterien für die Entscheidung des Verwalters vorschreiben, so dass dieser nur eine gebundene, nicht freie Entscheidung treffen kann (a.A. , WEG, 14. Aufl., § 27 Rz. 41; LG München I, ZWE 2009, 230, 231). Eine solche Einschränkung trüge dem Interesse der Wohnungseigentümer an einer Vereinfachung des Verwaltungsaufwands für Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung nicht ausreichend Rechnung.

Rz. 14

cc) Daran gemessen hatten die Wohnungseigentümer die Kompetenz, die in dem Vertragsentwurf genannten Entscheidungsbefugnisse durch Beschluss auf den Verwalter zu übertragen. Dessen Befugnisse sind durch eine Wertobergrenze für die einzelne Maßnahme und eine Jahresgesamtobergrenze beschränkt. Aufgrund dessen beläuft sich die durchschnittliche jährliche Höchstbelastung pro Einheit auf eine niedrige dreistellige Summe. Dies stellt für den einzelnen Wohnungseigentümer ein überschaubares finanzielles Risiko dar. Der Hinweis der Revision, dass ein Wohnungseigentümer bei einer Zahlungsunfähigkeit eines anderen Eigentümers auch für dessen Anteil anteilig aufkommen müsse, führt zu keiner anderen Beurteilung. Das nur abstrakte Risiko eines Zahlungsausfalls genügt nicht für die Annahme eines unüberschaubaren Risikos.

Rz. 15

b) Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf den Verwalter entspricht auch ordnungsmäßiger Verwaltung.

Rz. 16

aa) Zu Recht und von der Revision nicht angegriffen geht das Berufungsgericht davon aus, dass die entsprechende Klausel des Verwaltervertrages - soweit sie als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen wäre - im Rahmen der Anfechtungsklage nicht einer AGB-Kontrolle zu unterziehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.2019 - V ZR 278/17 NJW 2020, 988 Rz. 23).

Rz. 17

bb) Die Wohnungseigentümer haben ein berechtigtes Interesse an der Übertragung von Entscheidungskompetenzen in dem geregelten Umfang. Angesichts der großen Zahl von Wohnungseigentumseinheiten kann dadurch der Verwaltungsaufwand für kleinere Maßnahmen geringgehalten und deren zügige Erledigung sichergestellt werden. Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über eine Kompetenzverlagerung auf den Verwalter nicht voraus, dass in dem Beschluss zugleich festgelegt wird, in welcher konkreten Weise die Wohnungseigentümer die Kosten der von dem Verwalter veranlassten Maßnahmen begleichen. Angesichts des begrenzten Umfangs der Maßnahmen wird die Finanzierung regelmäßig aus der Rücklage erfolgen.

Rz. 18

2. Der Beschluss über die in § 4 des Verwaltervertrages vorgesehenen Sondervergütungen entspricht ebenfalls ordnungsmäßiger Verwaltung.

Rz. 19

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Senats aus, wonach die Verwaltervergütung nach Höhe und Ausgestaltung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, wenn sie dem Gebot der Wirtschaftlichkeit genügt. Dies gilt auch für Sondervergütungen, die für einzelne Leistungen des Verwalters vorgesehen sind (vgl. zum Ganzen BGH, Urt. v. 5.7.2019 - V ZR 278/17 NJW 2020, 988 Rz. 30 ff.).

Rz. 20

b) Nach diesen Grundsätzen nimmt das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei an, dass die Vergütungsregelungen in § 4 nicht zu beanstanden sind.

Rz. 21

aa) Hinsichtlich der Vergütung für die Durchführung einer weiteren Eigentümerversammlung stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass der Mehraufwand für die Durchführung einer weiteren Versammlung gerade bei einer - wie hier - größeren Gemeinschaft höher ist, so dass die Vergütungshöhe von 700 EUR noch von dem Ermessen der Wohnungseigentümer gedeckt sei. Dass diese tatrichterliche Würdigung von einem Rechtsfehler getragen ist, zeigt die Revision nicht auf und ist auch nicht ersichtlich. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass die Vergütungsregelung keinen Hinweis darauf enthalte, ob die Vergütung auch dann geschuldet sei, wenn eine weitere Eigentümerversammlung allein aufgrund eines Verschuldens des Verwalters erforderlich geworden ist. Ob darin ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB liegt (vgl. OLG Düsseldorf, ZWE 2006, 396, 400; OLG München, ZWE 2009, 27, 31; , WEG, 5. Aufl., § 26 Rz. 139; in Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., § 2 Rz. 104), kann dahingestellt bleiben. Denn auch die Bestimmungen über die Vergütung des Verwalters sind im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage nicht darauf zu überprüfen, ob sie einer AGB-Kontrolle standhalten (BGH, Urt. v. 5.7.2019 - V ZR 278/17 NJW 2020, 988 Rz. 29).

Rz. 22

bb) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass auch die Zubilligung einer Sondervergütung für die kaufmännische Betreuung von größeren Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen und für Tätigkeiten des Verwalters bei gerichtlichen Auseinandersetzungen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass keine Obergrenze der Vergütung genannt werde. Richtig ist zwar, dass bei den Aufgaben, die in jeder Wohnungseigentümergemeinschaft laufend anfallen, der tatsächliche Gesamtumfang der Vergütung erkennbar sein muss (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.2019 - V ZR 278/17 NJW 2020, 988 Rz. 35). Bei der von der Sondervergütungsregelung erfassten kaufmännischen Betreuung größerer Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen und Tätigkeiten des Verwalters bei gerichtlichen Auseinandersetzungen handelt es sich aber nicht um Aufgaben, die laufend zur Erledigung anstehen.

Rz. 23

cc) Zu Recht geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass die Sondervergütung für die Abwicklung von Versicherungsschäden, wenn (auch) Sondereigentum betroffen ist, ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Soweit die Revision behauptet, die Höhe der Vergütung sei unüblich, beruht dieser Einwand auf erstmals in der Revisionsinstanz gehaltenem Tatsachenvortrag und ist gem. § 559 Abs. 1 ZPO unbeachtlich. Zudem ist dieses Vorbringen nicht geeignet, einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen; ein solcher ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.

Rz. 24

dd) Rechtsfehlerfrei kommt das Berufungsgericht schließlich zu dem Ergebnis, dass auch in der Gesamtbetrachtung das Vergütungsgefüge nicht zu beanstanden sei. Substantielle Einwände gegen diese Bewertung des Berufungsgerichts bringt die Revision nicht vor.

Rz. 25

3. Unbeachtlich ist die Rüge der Revision, der Beschluss über den Abschluss eines Verwaltervertrages widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die Wohnungseigentümer es versäumt hätten, zugleich einen Beschluss über die Bestellung der Verwalterin zu fassen. Die Klägerin hat diesen Einwand nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG a.F., sondern erst im Revisionsverfahren erhoben. Daher kann dahingestellt bleiben, welche Auswirkungen eine nicht erfolgte Beschlussfassung über die Verwalterbestellung hat (vgl. dazu BGH, Urt. v. 5.7.2019 - V ZR 278/17 NJW 2020, 988 Rz. 41).

III.

Rz. 26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 14709533

NJW 2021, 8

NJW-RR 2021, 1595

NZM 2021, 695

ZAP 2021, 1001

ZMR 2021, 830

ZfIR 2021, 514

JZ 2021, 574

MDR 2021, 1256

MDR 2021, 283

WuM 2021, 649

ZWE 2021, 406

MietRB 2021, 300

MietRB 2021, 301

NJW-Spezial 2021, 641

RdW 2022, 134

BBB 2021, 61

immobilienwirtschaft 2021, 44

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