Entscheidungsstichwort (Thema)

Verweigerung der Auszahlung eines Darlehens. Unberechtigte Leistungsverweigerung führt nicht zu Schadensersatzansprüchen, wenn sich Darlehensnehmer seinerseits vertragsuntreu verhält

 

Leitsatz (redaktionell)

Verweigert die darlehensgebende Bank zu Unrecht die vollständige Valutierung des Darlehens, kann der Darlehensnehmer aus der unberechtigten Leistungsverweigerung des Darlehensgebers keine Rechte herleiten, wenn er selbst die Erfüllung einer ihm obliegenden Leistung von vertraglich nicht vereinbarten oder nicht begründeten Forderungen abhängig macht, da dies einer Verweigerung der eigenen Leistung gleich steht.

 

Normenkette

BGB a. F. §§ 276, 607

 

Verfahrensgang

OLG Naumburg (Urteil vom 30.05.2002; Aktenzeichen 2 U 93/01)

LG Stendal (Urteil vom 15.05.2001)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Naumburg v. 30.5.2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Widerklage stattgegeben worden ist.

Im Umfang der Aufhebung werden die Berufung der Beklagten gegen das Urt. der Kammer für Handelssachen des LG Stendal v. 15.5.2001 zurückgewiesen und die im Berufungsrechtszug erweiterte Widerklage abgewiesen, und zwar mit der Maßgabe, dass die Widerklage hinsichtlich ihres Antrags zu 2.2 als unzulässig abgewiesen wird.

Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen die Klägerin, eine Sparkasse, aus der Nichterfüllung eines Darlehensvertrages und der Sperrung eines Kontoguthabens. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin und nachfolgend diese selbst gewährten drei Gesellschaften der N.-Gruppe, und zwar der S.-GmbH , der N.-GmbH und der N.-Baugesellschaft

Kontokorrentkredite und langfristige Darlehen. Im Jahre 1996 gerieten die N.-GmbH und die N.-Baugesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Am 21.11.1996 fand deshalb bei der IHK M. ein Sanierungsgespräch statt, an dem u.a. Vertreter der Klägerin, der D.bank sowie der IHK M. teilnahmen. Ein hieran ebenfalls beteiligter Unternehmensberater erstellte daraufhin einen Beratungsbericht, der u.a. die Verschmelzung der S.-GmbH, der N.-GmbH und - allerdings erst nach Abschluss eines offenen Vergleichs mit ihren Gläubigern - auch der N.-Baugesellschaft auf die erst im August 1996 gegründete Beklagte vorsah. Zusätzliche Liquidität i.H.v. insgesamt etwa 6 Mio. DM sollte durch öffentlich geförderte Darlehen und einen Hausbankkredit der Klägerin bereitgestellt werden.

Nach dem Gespräch v. 21.11.1996 ließ die Klägerin auf den Geschäftskonten der S.-GmbH, der N.-GmbH und der N.-Baugesellschaft eine erhebliche Ausweitung der Überziehung zu. Mit Verträgen v. 17.12.1996 gewährte sie dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten ein Eigenkapitalhilfedarlehen (im Folgenden: EKH-Darlehen) i.H.v. 700.000 DM und der Beklagten selbst ein Eigenkapitalergänzungsdarlehen (im Folgenden: EKE-Darlehen) i.H.v. 2.580.000 DM. Beide Darlehen wurden von der D.bank refinanziert und von der Klägerin auf einem Konto der Beklagten bereitgestellt. Nachdem die Gläubiger der N.-Baugesellschaft ohne Erfolg aufgefordert worden waren, im Wege eines Vergleichs auf einen Großteil ihrer Forderungen zu verzichten, wurde auf Antrag ihres Geschäftsführers v. 5.2.1997 am 28.2.1997 das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der N.-Baugesellschaft eröffnet.

Am 18.2.1997 unterzeichnete der damalige Geschäftsführer der Beklagten in deren Namen einen Vertrag mit der Klägerin über die Gewährung eines Darlehens i.H.v. 2.295.000 DM (im Folgenden auch: Hausbankdarlehen). Dieses sollte erst in Anspruch genommen werden können, wenn die vereinbarten Sicherheiten bestellt waren. Zu diesen gehörte auch eine unbeschränkte selbstschuldnerische Bürgschaft des damaligen Geschäftsführers der Beklagten. Bei einer weiteren Besprechung am 17.3.1997 erklärten die Vertreter der Klägerin, dass diese das Hausbankdarlehen nicht an die Beklagte auszahlen, sondern den Betrag von 2.295.000 DM mit den Kontoüberziehungen der N.-Baugesellschaft verrechnen werde. Mit Schreiben v. 14.4.1997 machte sie die Verrechnung des Hausbankdarlehens, das durch die seit dem 21.11.1996 zugelassene weitere Überziehung der Kreditlinie bereits in vollem Umfang vorfinanziert worden sei, von der Beibringung der Bürgschaft des damaligen Geschäftsführers der Beklagten abhängig und verweigerte außerdem Verfügungen über das restliche Guthaben der Beklagten aus dem EKH-Darlehen. Die Beklagte bot daraufhin am 25.4.1997 die Beibringung der Bürgschaft ihres damaligen Geschäftsführers Zug um Zug gegen Auszahlung der Valuta des Hausbankdarlehens an.

Zur Stellung der Bürgschaft kam es nicht. Die Klägerin überwies das restliche Guthaben der Beklagten aus dem EKH-Darlehen i.H.v. 333.772,45 DM an die D.bank zurück. Die Beklagte stellte ihre Geschäftstätigkeit ein; über das Vermögen der S.-GmbH, der N.-Baugesellschaft und der N.-GmbH wurde jeweils das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.

Mit der Widerklage, über die allein noch zu entscheiden ist, begehrt die Beklagte die Feststellung, dass die Klägerin ihr zum Ersatz allen Schadens verpflichtet sei, der ihr dadurch entstanden sei und künftig entstehe, dass die Klägerin die Erfüllung des Darlehensvertrages über 2.295.000 DM v. 18.2.1997 verweigert (Widerklageantrag zu 2.1) und über das auf ihrem Geschäftskonto vorhandene Guthaben von 333.772,45 DM seit dem 14.4.1997 keine Verfügung mehr zugelassen habe (Widerklageantrag zu 2.2). Sie macht geltend, dass sie ihre Geschäftstätigkeit erfolgreich hätte fortführen und das Sanierungskonzept für die Unternehmensgruppe erfolgreich hätte abgeschlossen werden können, wenn ihr die beiden Beträge zur Verfügung gestanden hätten.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie zur Auszahlung des Hausbankdarlehens über 2.295.000 DM an die Beklagte nicht mehr verpflichtet gewesen sei, da sie zur Vorfinanzierung dieses Darlehens vereinbarungsgemäß in einem erheblichen Umfang die weitere Überziehung der Geschäftskonten der Gesellschaften der Unternehmensgruppe zugelassen habe. Außerdem habe die Beklagte die als Sicherheit vereinbarte Bürgschaft ihres Geschäftsführers nicht gestellt.

Die Widerklage ist vor dem LG ohne Erfolg geblieben. Das OLG hat dem Widerklageantrag zu 2.2) stattgegeben, die Berufung der Beklagten im Übrigen zurückgewiesen und den erweiterten Widerklageantrag zu 2.1) abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Parteien ihre Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Abweisung des Widerklageantrags zu 2.2) als unzulässig. Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in gekürzter Form in OLGReport Naumburg (OLG Naumburg v. 30.5.2002 - 2 U 93/01, OLGReport Naumburg 2003, 113) veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Widerklageanträge seien zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei jeweils gegeben, da der Beklagten die Erhebung einer Leistungsklage nicht zumutbar sei. Sie könne den Schaden, der auf der Stornierung der übernommenen Bauverträge und dem Scheitern der beabsichtigten Verschmelzung beruhe, teilweise noch nicht und im Übrigen nur nach einer aufwändigen Begutachtung beziffern.

Der Widerklageantrag zu 2.2) sei begründet. Der Beklagten stehe gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu. Das EKH-Darlehen und das EKE-Darlehen seien durch Gutschrift auf dem Geschäftskonto der Beklagten ausgezahlt worden. Auf Grund des Girovertrages sei die Klägerin verpflichtet gewesen, Verfügungen über das Guthaben auf diesem Konto zuzulassen. Zu einer Rückbuchung des auf dem Konto noch vorhandenen Betrages von 333.772,45 DM sei die Klägerin nicht berechtigt gewesen. Die Darlehensbedingungen hätten dies der Klägerin nicht gestattet. Eine Kündigung des EKE-Darlehens habe die Klägerin weder erklärt noch hätten die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund vorgelegen. Die Klägerin habe auch schuldhaft gehandelt. Es sei zudem überwiegend wahrscheinlich, dass der Beklagten durch die Pflichtverletzung der Klägerin ein Schaden entstanden sei. Die Beklagte habe nach ihrem unwidersprochenen Vortrag mangels finanzieller Mittel Verträge mit Subunternehmern stornieren und die weitere Durchführung von Bauvorhaben abbrechen müssen.

Der Widerklageantrag zu 2.1) sei unbegründet. Dass die Klägerin die Auszahlung des Hausbankdarlehens verweigert habe, begründe keinen Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 326 Abs. 1 BGB. Die Auszahlungsvoraussetzungen hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Beklagte habe die in dem Darlehensvertrag als Sicherheit vereinbarte Bürgschaft ihres Geschäftsführers nicht gestellt, obwohl sie insoweit vorleistungspflichtig gewesen sei. Eine Vorleistungspflicht entfalle allerdings dann, wenn der andere Teil erkläre, er könne oder wolle nicht erfüllen. Die Klägerin habe zwar jegliche Auszahlung verweigert, indem sie mehrfach gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht habe, dass eine Verrechnung der Darlehensvaluta mit den der N.-Baugesellschaft gewährten Kontokorrentkrediten stattfinden solle. Das Erfordernis einer Bürgschaftsbeibringung als Voraussetzung für den Auszahlungsanspruch sei damit aber nicht entfallen, weil sich auch die Beklagte nicht vertragstreu verhalten habe. Sie habe die Stellung der Bürgschaft bereits ab Vertragsschluss von der Auszahlung des gesamten Darlehensbetrages an sie abhängig gemacht. Die Klägerin sei hingegen zu der von ihr angekündigten Verrechnung jedenfalls in erheblicher Höhe befugt gewesen. Es sei vereinbart worden, dass die weitere Überziehung der Kontokorrentlinien der an der Sanierung beteiligten Unternehmen als Vorfinanzierung auf den zu gewährenden Hausbankkredit anzurechnen sei. Soweit eine Anrechnung habe erfolgen sollen, habe die Klägerin deshalb keine frischen Kreditmittel auszureichen brauchen. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die N.-Baugesellschaft nach dem Sanierungskonzept erst nach Abschluss eines offenen Vergleichs auf die Beklagte habe verschmolzen werden sollen. Der der S.-GmbH, der N.-GmbH und der N.-Baugesellschaft gewährte Kontokorrentkredit sei zwischen dem 21.11.1996, dem vereinbarten Stichtag für die Anrechnung neu gewährter Kontokorrentkredite, und dem 18.2.1997 um insgesamt 842.386,40 DM ausgeweitet worden. In Höhe dieses Betrages habe die Klägerin den Hausbankkredit nicht mehr auszahlen müssen.

II.

Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt rechtlicher Überprüfung nicht stand.

A. Revision der Beklagten

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Ihr steht kein Schadensersatzanspruch im Zusammenhang damit zu, dass die Klägerin die vollständige Valutierung des Hausbankdarlehens über 2.295.000 DM verweigert hat. Die Klägerin ist insoweit weder in Verzug geraten noch der Beklagten wegen endgültiger und ernsthafter Erfüllungsverweigerung nach den Grundsätzen positiver Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig, da die Beklagte ihrer Pflicht zur Beibringung einer Bürgschaftserklärung ihres Geschäftsführers nicht nachgekommen ist.

1. In Auslegung des am 7.1./18.2.1997 mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrages ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte als Sicherheit u.a. eine unbeschränkte und selbstschuldnerische Bürgschaft ihres damaligen Geschäftsführers beizubringen hatte und dass sie insoweit vorleistungspflichtig war. Diese Auslegung einer Individualvereinbarung lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision nicht angegriffen. Es steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit, dass die Beklagte eine Bürgschaftserklärung ihres Geschäftsführers zu keinem Zeitpunkt beigebracht hat.

2. Die Vorleistungspflicht ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht entfallen.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist, entfällt eine Vorleistungspflicht des Gläubigers allerdings dann, wenn der Schuldner die Erbringung der ihm obliegenden Leistung endgültig und ernsthaft verweigert (BGH, Urt. v. 27.4.1994 - VIII ZR 34/93, MDR 1994, 783 = WM 1994, 1209 [1211 f.]; v. 31.1.1996 - VIII ZR 324/94, WM 1996, 822 [823]). Der an sich Vorleistungspflichtige kann aus der Vertragsverletzung des Gegners aber keine Rechte herleiten, wenn er selbst nicht vertragstreu ist (BGH v. 25.3.1998 - VIII ZR 185/96, BGHZ 138, 195 [209] = GmbHR 1998, 635 = MDR 1998, 1039; Urt. v. 1.10.1986 - VIII ZR 132/85, MDR 1987, 227 = WM 1986, 1496 [1498]; v. 15.10.1993 - V ZR 141/92, MDR 1994, 138 = WM 1994, 215 [216]).

b) So liegt der Fall hier.

aa) Die Klägerin hat die Auszahlung des Hausbankdarlehens endgültig und ernsthaft verweigert, indem sie gegenüber der Beklagten in der Besprechung v. 17.3.1997 sowie in ihrem Schreiben v. 14.4.1997 zum Ausdruck gebracht hat, dass eine Verrechnung der Darlehensvaluta mit den der N.-Baugesellschaft gewährten Kontokorrentkrediten stattfinden solle. Dies war - teilweise - unberechtigt. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen war zwar vereinbart, dass die seit dem 21.11.1996 erfolgte weitere Überziehung der Geschäftskonten der an der Sanierung beteiligten Gesellschaften in Vorfinanzierung des zu gewährenden Hausbankkredits geschehen sollte. Der der S.-GmbH, der N.-GmbH und der N.-Baugesellschaft gewährte Kontokorrentkredit ist aber nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in der Zeit v. 21.11.1996 bis zur Unterzeichnung des Darlehensvertrags am 18.2.1997 per Saldo nur um 842.386,40 DM ausgeweitet worden. In Höhe des restlichen Betrags von mehr als 1,4 Mio. DM blieb die Klägerin danach zur Valutierung des Hausbankdarlehens verpflichtet.

bb) Die Beklagte hat sich indessen ihrerseits nicht vertragstreu verhalten und kann daher aus der - teilweise - unberechtigten Leistungsverweigerung der Klägerin keine Rechte herleiten. Sie hat ausweislich des Schreibens v. 25.4.1997 nämlich die Beibringung der Bürgschaft, also die Erfüllung ihrer Vorleistungspflicht, von der Auszahlung des gesamten Darlehensbetrags an sie abhängig gemacht. Hierauf hatte sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anspruch. Macht der Gläubiger die Erfüllung einer ihm obliegenden Leistung von vertraglich nicht vereinbarten oder nicht begründeten Forderungen abhängig, so steht dies einer Verweigerung der eigenen Leistung gleich (BGH, Urt. v. 15.5.1990 - X ZR 128/88, CR 1991, 86 = WM 1990, 1628 [1630]; v. 27.4.1994 - VIII ZR 34/93, MDR 1994, 783 = WM 1994, 1209 [1212]). Das Verhalten der Beklagten war nach Art und Tragweite auch geeignet, den Vertragszweck zu gefährden oder zu vereiteln (vgl. zu dieser Voraussetzung: BGH, Urt. v. 15.10.1993 - V ZR 141/92, MDR 1994, 138 = WM 1994, 215 [216]).

(1) Die Revision, die den dem Berufungsurteil zu Grunde liegenden rechtlichen Ausgangspunkt nicht in Abrede stellt, greift vor allem die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung an, es sei vereinbart gewesen, die seit dem 21.11.1996 erfolgten weiteren Überziehungen der Geschäftskonten der an der Sanierung beteiligten Unternehmen als Vorfinanzierung auf den zu gewährenden Hausbankkredit anzurechnen. Damit hat sie keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat es auf Grund der Aussagen der Zeugen Mä., H. und Sc. als erwiesen angesehen, dass bei dem Sanierungsgespräch v. 21.11.1996, über dessen Ergebnis der Geschäftsführer der Beklagten unterrichtet worden sei, eine Kreditausweitung und zur Beseitigung der akuten Liquiditätsschwierigkeiten der Gesellschaften der N.-Gruppe eine teilweise Vorfinanzierung der künftigen Kreditverträge durch eine weitere Erhöhung der bei der Klägerin bestehenden Kontokorrentlinien der Gesellschaften mit der Folge vereinbart worden sei, dass die Klägerin den vorfinanzierten Betrag auf das Hausbankdarlehen habe anrechnen dürfen.

Diese Beweiswürdigung, die vom Senat lediglich daraufhin überprüft werden kann, ob sich das Berufungsgericht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander gesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 11.2.1987 - IVb ZR 23/86, MDR 1987, 566 = NJW 1987, 1557 [1558]; v. 1.10.1996 - VI ZR 10/96, MDR 1997, 147 = NJW 1997, 796 [797]; v. 9.7.1999 - V ZR 12/98, MDR 1999, 1253 = WM 1999, 1889 [1890]), lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision versucht insoweit vor allem - revisionsrechtlich unbehelflich - die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch eine andere, der Beklagten günstigere zu ersetzen. Soweit die Revision beanstandet, die Anrechnung der von der Klägerin kurzfristig bereit gestellten Mittel auf das Hausbankdarlehen sei nur zwischen dem Vertreter Sc. der D.bank und dem Vorstandsvorsitzenden der Klägerin vereinbart worden, steht das den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und der Annahme des Zustandekommens einer auch die Beklagte bindenden Verrechnungsvereinbarung nicht entgegen. Der Geschäftsführer der Beklagten hat die Gespräche über die Sanierung der Unternehmensgruppe durch seine Tischvorlage veranlasst. Er hat sie dann - zum Teil auch durch seinen Rechtsanwalt - begleitet und sich ihr Ergebnis - im Wesentlichen auf der Grundlage des Sanierungsberichts des Unternehmensberaters - für die Beklagte zu Eigen gemacht und in der Folgezeit auch stets auf ihre Umsetzung gedrängt. Dass das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangt ist, dass der Geschäftsführer der Beklagten über das Gesprächsergebnis informiert worden ist, lässt revisionsrechtlich beachtliche Fehler gleichfalls nicht erkennen. Im Übrigen konnte der Geschäftsführer der Beklagten vernünftigerweise nicht davon ausgehen, die Klägerin wolle den Gesellschaften, die sich in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befanden, ohne zusätzliche Sicherheiten Kredite über das im Beratungsbericht des Unternehmensberaters E. vorgesehene Volumen von insgesamt 6 Mio. DM hinaus zur Verfügung stellen.

Ohne Erfolg macht die Revision geltend, nach den Programmrichtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft hätten die Eigenkapitalhilfe- und Eigenkapitalergänzungsdarlehen nicht zur Rückführung von Krediten verwendet werden dürfen, die vor der - Anfang Dezember 1996 erfolgten - Stellung der Anträge auf Auszahlung dieser Darlehen gewährt worden seien. Dem steht bereits entgegen, dass nach der Aussage des Mitarbeiters Sc. der D.bank als insoweit maßgeblicher Zeitpunkt der Antragstellung derjenige anzusehen ist, in dem das erste aktenkundige Gespräch der Hausbank mit dem Antragsteller geführt wird. Der Zeuge Sc. hat auch bestätigt, dass es hier deshalb nicht schädlich gewesen wäre, wenn bereits einen Tag nach dem 21.11.1996 mit dem zu finanzierenden Vorhaben begonnen worden wäre. Es ist danach auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht auf den 21.11.1996 als Stichtag für die Anrechnung von weiteren Kontoüberziehungen auf das Hausbankdarlehen abgestellt hat.

Die desweiteren von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

(2) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Darlehensvertrages v. 7.1./18.2.1997, in dem als Konto für die Gutschrift der Valuta aus dem Hausbankdarlehen neben dem Konto der Beklagten auch das Geschäftskonto der N.-Baugesellschaft angegeben ist, auf dem die Klägerin nach dem 21.11.1996 in erheblichem Umfang weitere Kreditmittel zur Verfügung gestellt hatte. Wenn das Berufungsgericht daraus entnommen hat, dass die Klägerin zur Verrechnung dieser Kreditmittel mit dem Hausbankdarlehen berechtigt war, so ist dies nicht zu beanstanden. Die Angabe der Gutschriftkonten im Darlehensvertrag gab der Klägerin das Recht, die Valuta aus dem Hausbankdarlehen auf diese Konten zu überweisen und dadurch den dort durch weitere Überziehung seit dem 21.11.1996 entstandenen Debetsaldo zurückzuführen.

cc) Entgegen der Ansicht der Revision wäre die Vorleistungspflicht der Beklagten auch dann nicht entfallen, wenn die Beklagte sich Zug um Zug gegen Auszahlung des von der Klägerin noch nicht durch Überziehungen seit dem 21.11.1996 vorfinanzierten Teils des Hausbankdarlehens zur Beibringung einer Bürgschaft ihres Geschäftsführers in Höhe dieses Teilbetrages bereit erklärt hätte. Da die Klägerin das Hausbankdarlehen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts i.H.v. 842.386,40 DM mit den weiteren Überziehungen seit dem 21.11.1996 verrechnen durfte, musste die vorleistungspflichtige Beklagte vor Auszahlung des Restbetrags eine Bürgschaft ihres Geschäftsführers in Höhe der vollen Darlehenssumme beibringen.

B. Revision der Klägerin

Die Revision der Klägerin ist begründet. Der Widerklageantrag zu 2.2 ist, wie die Revision mit Recht rügt, unzulässig. Die Beklagte hat kein rechtliches Interesse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung. Sie hat nicht dargelegt, dass ihr auf Grund des Umstands, dass die Klägerin eine Verfügung über das auf einem Konto der Beklagten vorhandene Guthaben von 333.772,45 DM nicht zugelassen hat, wahrscheinlich ein Schaden entstanden ist.

Das Berufungsgericht hat die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nur im Rahmen der Begründetheit, nicht aber der Zulässigkeit der Feststellungsklage geprüft. Dies wäre nur dann zutreffend, wenn es um die Verletzung eines absoluten Rechts gehen würde. Bei reinen Vermögensschäden - wie sie Gegenstand des Widerklageantrags zu 2) sind - hängt dagegen im Interesse des Anspruchsgegners bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (BGH, Urt. v. 14.12.1995 - IX ZR 242/94, MDR 1996, 855 = WM 1996, 548 [549]; v. 2.12.1999 - IX ZR 415/98, MDR 2000, 358 = GmbHR 2000, 131 = AG 2000, 179 = WM 2000, 199 [202]; v. 22.2.2001 - IX ZR 293/99, BGHReport 2001, 434 = WM 2001, 741 [742]; v. 25.10.2001 - IX ZR 427/98, MDR 2002, 403 = BGHReport 2002, 205 = WM 2002, 29 [32]). Andernfalls würde dem möglichen Schädiger ein Rechtsstreit über gedachte Fragen aufgezwungen, von denen ungewiss wäre, ob sie jemals praktische Bedeutung erlangen können (BGH, Urt. v. 15.10.1992 - IX ZR 43/92, MDR 1993, 693 = WM 1993, 251 [260]).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Beklagte insoweit vorgetragen, bei Auszahlung der Kreditmittel i.H.v. 2.295.000 DM und der zur Verfügung stehenden Betriebsmittel von 333.772,45 DM hätten die vorhandenen lukrativen Aufträge von über 25 Mio. DM abgearbeitet werden können. Dass der Beklagten eine Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit allein mit der Verfügungsmöglichkeit über den letztgenannten Betrag möglich gewesen wäre, hat die Beklagte nicht ausreichend substanziiert dargelegt und hat bei einer notwendigen zusätzlichen Liquidität der Unternehmensgruppe von etwa 6 Mio. DM als gänzlich unwahrscheinlich außer Betracht zu bleiben.

III.

Auf die Revision der Klägerin war das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht dem Widerklageantrag zu 2.2) stattgegeben hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), im Umfang der Aufhebung die Berufung der Beklagten zurückweisen und ihre erweiterte Widerklage abweisen, und zwar mit der Maßgabe, dass die Widerklage hinsichtlich des Antrags zu 2.2) als unzulässig abgewiesen wird. Die Revision der Beklagten war zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BGHR 2005, 78

MDR 2006, 1154

BKR 2004, 451

ZBB 2004, 509

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge