Grundsätzlich ist der Bauherr (Grundstückseigentümer) als Veranlasser des Bauvorhabens verkehrssicherungspflichtig. Er haftet dafür, dass die Baustelle gegenüber jedem gesichert ist, der sich befugt auf der Baustelle aufhält, z. B. Bauherr, Architekt, Handwerker, Lieferanten, Beamte der Bauaufsichtsbehörde.

Bei jedem beauftragten Handwerker ist allerdings auch dessen Eigenverantwortung zu berücksichtigen. Er hat für die Sicherheit seiner Arbeiten zu sorgen.

 
Praxis-Beispiel

Eigenverschulden von Handwerkern

So haftet ein privater Bauherr nicht, wenn der von ihm mit der Montage einer Photovoltaik-Anlage auf dem Flachdach seiner Halle beauftragte Handwerker vom Dach stürzt, weil er die gebotene Absicherung unterlassen hat. Eine entsprechende Anweisungspflicht besteht nicht. Als Fachleute sind Handwerker mit den aus der Ausführung ihrer Arbeiten für sie selbst und für Dritte verbundenen Gefahren vertraut. Die eigene Sicherheit bei der Ausführung der Arbeiten habe ein Handwerker grundsätzlich selbst zu gewährleisten. Der Bauherr haftet auch dann nicht, wenn er vor dem Unfall gesehen hat, dass der Handwerker keine speziellen Sicherungsmittel auf das Dach mitgenommen hat. Er darf annehmen, dass sich der Handwerker auf andere Weise schützt, z. B. durch eine besonders vorsichtige Fortbewegung auf dem Dach.[1]

Kommen Bauarbeiter infolge Nichtbeachtung von Unfallverhütungsvorschriften zu Schaden, können sie den Bauherrn dafür regelmäßig nicht haftbar machen. Verantwortlich ist in erster Linie der Bauunternehmer.[2]

Allerdings ist der Auftraggeber ("Besteller") aufgrund der vertraglichen Beziehungen grundsätzlich in der Pflicht, den Auftragnehmer bei der Durchführung der geschuldeten Arbeiten vor Schäden zu bewahren.

 
Praxis-Beispiel

Schutzpflichtverletzung

Der Mitarbeiter der mit Dachreinigungsarbeiten befassten Firma erleidet einen Stromschlag, als er seinen Hochdruckreiniger an eine Steckdose des Bestellers anschließt.

Im Rahmen seiner Schutzpflicht ist der Auftraggeber gehalten, die Vorrichtungen und Gerätschaften, die dem Werkunternehmer zur Erledigung der geschuldeten Arbeiten zur Verfügung gestellt wurden, so bereitzustellen, dass von diesen keine Gefahren für Leib oder Leben ausgehen. Diese Pflicht folgt aus § 618 BGB und ist sinngemäß auch im Rahmen von Werkverträgen anwendbar.[3]

Ähnlich liegt der Fall, wenn ein Dachdecker auf dem Dach einer Halle in der Nähe der Lichtkuppel Arbeiten ausführen soll und dabei auf die beschädigte und zudem abgedeckte Lichtkuppel gerät und abstürzt. Hier trifft den Auftraggeber eine gesteigerte Verkehrssicherungspflicht wegen der vorangegangenen Beschädigung der Lichtkuppel sowie der Verdeckung der Gefahrenstelle durch eine nicht tragfähige Plane. Zudem hätte der Geschädigte auf die gesteigerte Gefahrenlage hingewiesen werden müssen.[4]

Werden in unmittelbarer Nähe eines Umspannwerks Baumaßnahmen durchgeführt, muss der Grundstückseigentümer für geeignete Sicherheitsmaßnahmen sorgen, um Unfälle durch eine Beschädigung von Stromleitungen bei den Arbeiten zu verhindern.[5]

[1] OLG Hamm, Beschluss v. 21.2.2014, 11 W 15/14, MDR 2014 S. 657; ähnlich entschied OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 6.9.2012, 10 U 192/12, NJW-RR 2013 S. 81, ebenfalls zur Installation einer Photovoltaik-Anlage.
[4] OLG Hamm, Urteil v. 7.9.2018, 7 U 12/17.

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