Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschädigung einer Starkstromleitung durch einen mobilen Baukran

 

Leitsatz (amtlich)

Der Fahrer eines mobilen Baukrans muss sich zuverlässig vergewissern, dass der Untergrund, den er auf einem Baugrundstück befahren will, ausreichend tragfähig ist. Bricht beim Befahren die Abdeckung eines Kabelkanals ein, ist der Fahrer im Zweifel für den Schaden des Grundstückseigentümers (hier: durch den Kurzschluss in einer Starkstromleitung) verantwortlich.

Werden in unmittelbarer Nähe eines Umspannwerks Baumaßnahmen durchgeführt, muss die Grundstückseigentümerin für geeignete Sicherheitsmaßnahmen sorgen, um Unfälle durch eine Beschädigung von Stromleitungen bei den Arbeiten zu verhindern. Die Grundstückseigentümerin kann ihre Sicherungspflichten grundsätzlich auf einen Generalunternehmer delegieren.

§ 254 Abs. 2 Satz 2 BGB (Zurechnung des Mitverschuldens eines Erfüllungsgehilfen) setzt eine Sonderverbindung zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten voraus.

 

Normenkette

BGB § 254 Abs. 1, 2 S. 2, §§ 278, 823 Abs. 1, § 831 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 11.08.2015; Aktenzeichen M 4 O 121/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 11.08.2015 - M 4 O 121/14 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.678,18 EUR zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2014.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen, einschließlich der durch die Nebenintervention der Streithelferin verursachten Kosten, trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz nach der Beschädigung einer 20000-Volt-Starkstromleitung.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Umspannwerks in M.. Im Jahr 2012 ließ die Klägerin auf dem Betriebsgrundstück ein weiteres Betriebsgebäude errichten. Die Streithelferin wurde von der Klägerin als Generalunternehmerin mit der Errichtung des Gebäudes beauftragt. Nach den vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin sollte die Streithelferin während der Arbeiten für die Sicherheit und für die Unfallverhütung auf der Baustelle verantwortlich sein (vgl. Ziffer 2.14, 2.15, 2.16 und 2.17 des Rahmenvertrages, Anlage K 19, und die Baustellenordnung der Klägerin, Anlage K 21). Die Streithelferin sollte insbesondere dafür verantwortlich sein, dass sämtliche erforderlichen Sicherheitsanforderungen auf der Baustelle von den Subunternehmern und dem eingesetzten Personal beachtet wurden. Die Streithelferin beauftragte den Zeugen F., der eine Elektrofachausbildung besaß, mit der Bauleitung auf dem Grundstück der Klägerin (vgl. die Anlage ST 1) auf der Grundlage der Baustellenordnung der Klägerin.

Zur Errichtung des Betriebsgebäudes war der Einsatz eines mobilen Krans erforderlich. Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit den entsprechenden Kranarbeiten. Am 02.10.2012 erschienen zwei Mitarbeiter der Beklagten, die Zeugen A. S. und J. S., mit einem schweren mobilen Baukran auf dem Grundstück der Klägerin, um die mit der Streithelferin vereinbarten Arbeiten durchzuführen. Beim Zurücksetzen des Fahrzeugs auf dem Grundstück brach die Abdeckung eines Kabelkanals, der vom Fahrzeug überfahren wurde, ein. Die im Kabelkanal verlegte 20000-Volt-Starkstromleitung wurde beschädigt; es entstand ein Kurzschluss, der für eine gewisse Zeit in den umliegenden Gemeinden zu einem Stromausfall führte.

Die Klägerin ließ in der Folgezeit die Starkstromleitung und den Kabelkanal instand setzen. Für die Kosten der Reparatur verlangte sie von der Beklagten Schadensersatz, wobei sie ihren Schaden auf insgesamt 8.447,85 EUR bezifferte. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zahlte lediglich einen Teilbetrag von 451,81 EUR.

Im Verfahren vor dem Landgericht hat die Klägerin ihren restlichen Schaden in Höhe von 7.996,04 EUR geltend gemacht. Die Beklagte sei zum Schadensersatz verpflichtet, weil die Mitarbeiter der Beklagten beim Zurücksetzen des schweren Fahrzeugs auf dem Grundstück der Klägerin fahrlässig den entstandenen Schaden verursacht hätten.

Die Beklagte hat eine Haftungsquote von 50 % akzeptiert. Eine weitergehende Haftung komme nicht in Betracht, da sowohl die Klägerin als auch die Streithelferin ein Mitverschulden treffe. Der erstattungsfähige Schaden der Klägerin betrage lediglich 8.104,99 EUR. Der maximal zu erstattende Schaden belaufe sich bei einer Haftungsquote von 50 % auf höchstens 4.065,00 EUR. Die Beklagte hat mit einer Gegenforderung in Höhe von 3.613,19 EUR die Aufrechnung erklärt; sämtliche Ansprüche der Klägerin seien nach dieser Aufrechnung mit der Zahlung der Haftpflichtversicherung in Höhe von 451,81 EUR abgegolten. Die Gegenforderung ergebe sich daraus, dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten Sch...

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