Leitsatz (amtlich)

Die Verkehrssicherungspflicht des Bauherrn verkürzt sich grundsätzlich, soweit er die Ausführung der Arbeiten Fachleuten überträgt. Ein Bauherr ist im Rahmen seiner bestehenden Verkehrssicherungspflicht nicht verpflichtet, den beauftragten Handwerker anzuweisen, für handwerkliche Arbeiten erforderliche Sicherungsmaßnahmen gegen Gefahren zu ergreifen, die der Handwerker selbst rechtzeitig erkennen und auf die er sich einstellen kann.

 

Normenkette

BGB § 823

 

Verfahrensgang

LG Münster (Beschluss vom 06.12.2013; Aktenzeichen 010 O 334/13)

 

Tenor

wird die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 20.12.2013 gegen den Beschluss des LG Münster vom 6.12.2013 zurückgewiesen.

Die Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet, § 127 Abs. 4 ZPO.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen den Antragsgegner auf Zahlung von Schmerzensgeld, Schadensersatz und die Feststellung der weiter gehenden Ersatzpflicht wegen der behaupteten Verletzung von Verkehrssicherungspflichten im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall.

Der am 1.5.1983 geborene Antragsteller war im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Elektriker am 5.2.2010 mit Arbeiten zur Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Halle des Antragsgegners tätig. Die Halle war mit Eternit-Platten gedeckt. Im Randbereich der Dachfläche war die Eternitfläche unterbrochen durch sog. Lichtfelder. Diese waren aus transparentem Plastik und erkennbar nicht durchsturzsicher.

Der Antragsgegner half den Handwerkern, indem er mit einem Gabelstapler deren Materialien bis zur Dachkante hob. Dabei waren keine Sicherungsmaterialien zur Absicherung der Lichtfenster, wie Bohlen oder Fangnetze. Der Antragsgegner war dann während des Arbeitsbeginnes und auch später "unten" anwesend, ohne jedoch direkte Sicht auf die Dachfläche zu haben. Der Antragsteller und seine Kollegen begannen mit ihren Arbeiten, ohne die Lichtfelder mit Bohlen oder Fangnetzen zu sichern. Im Verlauf der Arbeiten trat der Antragsteller versehentlich auf ein Lichtfeld. Dieses brach und er stürzte auf den ca. 7 m darunter liegenden Hallenboden. Er erlitt dabei erhebliche Verletzungen, vor allem des Beckens und der Harnröhre. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den umfangreichen Vortrag im Schriftsatz vom 25.10.2013 und die beigefügten ärztlichen Berichte verwiesen.

Der Antragsteller ist der Auffassung, der Antragsgegner habe die ihm als Bauherrn obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt. Er habe gewusst und sehen können, dass die Lichtfelder eine Gefahrenquelle waren und gleichzeitig erkannt, dass der Antragsteller und seine Kollegen keinerlei Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Er habe damit rechnen müssen, dass der Antragsteller oder einer seiner Kollegen versehentlich auf das Lichtfenster treten könnte. Daher hätte er dem Antragsteller und seinen Kollegen die Anweisung geben müssen, die Lichtfelder ordentlich zu sichern.

Der Antragsteller hatte einen Verdienstausfallschaden i.H.v. 1.695,13 EUR, von dem er unter Berücksichtigung eines eigenen Mitverschuldens i.H.v. 70 % einen Teil i.H.v. 508,54 EUR geltend machen will. Darüber hinaus begehrt er ein Schmerzensgeld i.H.v. 90.000 EUR.

Das LG hat den Prozesskostenhilfeantrag mit dem angefochtenen Beschluss vom 6.12.2013 zurückgewiesen. Der Antragsgegner habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Die von den Lichtfeldern ausgehenden Gefahren seien für das mit der Durchführung der Arbeiten beauftragte Unternehmen deutlich erkennbar gewesen. Im Rahmen der Einrichtung der Baustelle hätte es daher Sicherungsmaßnahmen durchführen müssen. Dies könne nicht vom Bauherrn verlangt werden. Da die Gefahrenstelle auch für den Antragsteller erkennbar gewesen sei, hätte er selbst für seine Sicherung sorgen müssen. Es sei nicht seine Aufgabe gewesen, die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Sicherungsvorkehrungen zu kontrollieren.

Der Antragsteller wendet sich mit seiner am 23.12.2013 eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen den am 16.12.2013 zugestellten Beschluss. Er vertieft seine Auffassung, der Antragsgegner habe tätig werden müssen, als er erkannte, dass die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen unterlassen wurden. Er habe jederzeit damit rechnen müssen, dass der Antragsteller oder seine Kollegen versehentlich die Lichtfelder betreten würden.

Vorzuwerfen sei dem Antragsgegner auch, nicht nach einem Angebot unter Einschluss einer offensichtlich erforderlichen Durchsturzsicherung gefragt zu haben. Ihm hätten auch Zweifel kommen müssen, als er ein Angebot des ausführenden Unternehmens erhielt in dem keine Sicherungsmaßnahmen kalkuliert waren.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Eine Kontrolle der Einhaltung der Sicherungsmaßnahmen sei nicht erforderlich gewesen. Ebenso wenig habe der Antragsgegner ausdrücklich ein Angebot mit Sicherungsmaßnahmen einholen müssen. Die Einrichtung und Sicherung der Baustelle sei stets von d...

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