Unternehmensimmobilien: Für Käufer und Verkäufer interessant

Für Anleger ist es die Gunst der Stunde: Wegen der Covid-19-Krise denken mehr Firmen darüber nach, eigene Unternehmensimmobilien zu verkaufen und zurück zu mieten (Sale & Lease Back), um liquide zu bleiben, beobachtet das Makler-Netzwerk DAVE. Der Trend könnte auch den Wohnungsbau beflügeln.

Auf dem Markt für Unternehmensimmobilien (Corporate Real Estate) sind bisher vor allem Investoren aktiv. Ob Asset Manager, Fondsmanager oder Eigennutzer: Unter anderem ein sicherer Cashflow und Wertsteigerungspotenzial machen die Anlage interessant. Verkäufer wiederum können die hohe Nachfrage nutzen, um sich Kapital zu beschaffen. Genau mit diesem Gedanken spielen derzeit auch viele Firmen in Deutschland, beobachtet der Deutsche Anlage-Immobilien Verbund (DAVE), ein Zusammenschluss von zwölf Immobilienberatungsunternehmen.

Unternehmensimmobilien: neu bewertet

Schon in den vergangenen Jahren beobachteten die Makler im DAVE-Verbund einen wachsenden Handel mit Unternehmensimmobilien, bislang unter anderem aufgrund von Aufgaben oder Nachfolgeregelungen. Die Coronakrise hat den Markt offenbar noch einmal beflügelt.

Zum einen können Liquiditätsengpässe ausschlaggebend sein, warum Firmen sich überlegen, "ob man als Unternehmer auch Eigentümer sein muss und ob man sich den Standort auch durch beispielsweise Sale-and-Lease-Back-Transaktionen sichern kann", erklärt Gerhard Alles, DAVE-Partner Schürrer & Fleischer Immobilien. Zum anderen werden gerade in Krisenzeiten Unternehmensimmobilien "zwangsläufig in ihrer Bewertung und ihren Potenzialen neu analysiert", ergänzt Jens Lütjen, DAVE-Partner Robert C. Spies. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn die Immobilie in einem urbanen, wohnwirtschaftlich geprägten Raum liege, wo mittel- und langfristig Standortverlagerungen denkbar seien. Da also ein Wertsteigerungspotenzial auch aufgrund von möglichen Projektentwicklungen gegeben ist, sind laut DAVE für Investoren stadtnahe Lagen besonders attraktiv.

Das Interesse an Sale & Lease Back wird aufgrund einer durch die Covid-19-Pandemie erhöhten Unsicherheit in diesem Jahr weiter zunehmen, prognostiziert der Immobiliendienstleister JLL in seinem jüngsten Report zum Markt für Unternehmensimmobilien "Raising Capital from Corporate Real Estate".

Chance für Kommunen: Lückenschließungen für städtischen Wohnraum

Dass verstärkt Unternehmensimmobilien verkauft werden, ist laut DAVE auch für Städte und Gemeinden eine Chance. Sie könnten im Rahmen von Bebauungsplänen oder Lückenschließungen städtischen Wohnraum zurückgewinnen, meint DAVE-Partner Corvin Tolle von Tolle Immobilien. "Gerade in Berlin haben wir viele solche Projekte in den letzten Jahren gesehen wie beispielsweise die Entwicklungen am Gleisdreieck."

Die DAVE-Partner verzeichnen nach eigenen Angaben aktuell jedenfalls immer öfter Anfragen von Kunden, die Liquiditätsreserven ermitteln oder Marktchancen ausloten. "Auch institutionelle Anleger überprüfen angesichts der veränderten Risikolage ihre Bestände und stille Reserven", erläutert Sven Keussen, DAVE-Partner Rohrer Firmengruppe.

Die Lebhaftigkeit am Markt bestätigt auch Dr. Christian Koch, Member of the Strategy Board bei JLL Germany. Er sehe immer mehr Unternehmen, die Vermögenswerte zum Verkauf vorbereiten oder bereits im Markt tätig sind. Dem stehe ein ungebrochenes Investoreninteresse gegenüber.

Run auf Unternehmensimmobilien

Laut JLL gab es am deutschen Markt für Unternehmensimmobilien 2019 ein neues Rekordvolumen mit einem gegenüber dem Vorjahr verdoppelten Umsatz von 5,8 Milliarden Euro. Etwas mehr als die Hälfte des Geldes floss in Industrieimmobilien. Im engeren Sinne zählen alle Prozesse aus Forschung, Logistik, Anwendungstechnik sowie Leicht- und Schwerindustrie zu dieser Assetklasse.

Der Wert des Corporate-Real-Estate-Vermögens deutscher Unternehmen belief sich im Jahr 2019 nach Zahlen des Immobilienverbands ZIA auf 3,5 Milliarden Euro. Davon befanden sich zwei Milliarden Euro im Eigentum der Unternehmen, heißt es in dem Gutachten "Herausforderungen des Corporate Real Estate Managements im Strukturwandel", das im Auftrag des ZIA an der Technischen Universität Darmstadt erstellt wurde. Die immobilienbezogenen Kosten lagen demnach durchschnittlich je nach Branche bei fünf bis 20 Prozent der Gesamtkosten der Unternehmen.


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