Welche Zuwendungen an Arbeitnehmer sind lohnsteuerfrei?

Immer wieder kommt im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Arbeitslohn gegenüber steuerfreien Zuwendungen die Frage auf: Wann liegt eigentlich ein „eigenbetriebliches Interesse“ vor? Diese Frage ist deswegen von hoher Relevanz, weil solche Zuwendungen häufig lohnsteuerfrei sind. Hier erfahren Sie, worauf Sie achten müssen und welche Rechtsprechung relevant ist.

Im Steuerrecht spielt der Begriff des „überwiegenden betrieblichen Interesses“ (teilweise wird auch vom „überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“ gesprochen) eine wesentliche Rolle. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der anhand der jeweiligen konkreten Umstände auszulegen ist. Er dient insbesondere der lohnsteuerlichen Abgrenzung von Arbeitslohn gegenüber steuerfreier Zuwendung.

Was zählt zum Arbeitslohn?

Zum Arbeitslohn gehören alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem bestehenden, einem früheren und auch im Hinblick auf ein künftiges Arbeitsverhältnis als Gegenleistung (Entlohnung) für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft zufließen. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. Insofern umfasst der Arbeitslohnbegriff nicht nur Barvergütungen, sondern auch Sachbezüge und andere geldwerte Vorteile. Ausnahmsweise kann eine Leistung des Arbeitgebers lohnsteuerfrei bleiben, wenn das betriebliche Interesse daran im Vordergrund steht.

Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer „Einnahmen“ zufließen, die „für“ seine Arbeitsleistung gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Danach muss ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Demgegenüber sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann, wird dieses Ereignis zusammenfassend dahin umschrieben, dass der Vorteil im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt sei (BFH Urteil vom 04.06.1993 - VI R 95/92, BStBl II 1993, 687 und BFH Urteil vom 05.05.1994 - VI R 55-56/92, BStBl II 1994, 771). Die Zuwendung ist dann zwar durch den Betrieb, nicht aber durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und deshalb keine Gegenleistung „für“ Dienste des Arbeitnehmers.

Prüfung des ganz überwiegenden Arbeitgeberinteresses durch die Rechtsprechung

Bei der Prüfung des ganz überwiegenden Arbeitgeberinteresses geht die Finanzrechtsprechung folgendermaßen vor:

  • Zunächst werden die jeweiligen Vorteile, die sich auf der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite ergeben, im Einzelnen ermittelt und anschließend von ihrer Relevanz und Bedeutung her beurteilt und gewichtet.
  • Anschließend wird in einer Gesamtwürdigung geprüft, ob die Vorteile auf der Arbeitgeberseite eindeutig dominieren.

Bei der Würdigung aller Umstände spielen u. a. die folgenden Faktoren eine besondere Rolle:

  • Höhe des geldwerten Vorteils: Je höher die Kostenübernahme des Arbeitsgebers bezogen auf den einzelnen Arbeitnehmer ist, also je höher die individuelle „Bereicherung“ ausfällt, desto eher geht man von Arbeitslohn aus; das Interesse des Arbeitnehmers an dieser Leistung seitens des Arbeitgebers ist dann als schädlich anzusehen. Umgekehrt gesagt, macht der Vorteil pro Arbeitnehmer nur einen relativ geringen Betrag aus, tritt der Bereicherungsaspekt des Arbeitnehmers in den Hintergrund.
  • Personenkreis: Gibt es besondere betrieblich Kriterien für die Auswahl des Vorteilsempfängers?
  • Freiwillige Entgegennahme der Leistung: Wird die Leistung dem Arbeitnehmer quasi aufgezwungen, so spricht dies eher für ein betriebliches Interesse.

Rechtsprechung

Eine aufgezwungene Bereicherung kann im Einzelfall zwar auch Arbeitslohn sein, insbesondere wenn es dem Arbeitnehmer freisteht, von dem aufgezwungenen Vorteil Gebrauch zu machen oder nicht. Wird aber einem Arbeitnehmer ein „Vorteil“ aufgedrängt, ohne dass er sich ihm, wenn er keine Nachteile in Kauf nehmen will, entziehen kann, so spricht dies gegen die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn. Ein auf diese Weise einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aufgedrängter Vorteil ist regelmäßig ein Indiz für das Vorliegen eines ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers an der Zuwendung (BFH Urteil vom 17.09.1982 - I R 75/79, BStBl II 1983, 39 und BFH Urteil vom 02.02.1990 - VI R 15/86, BStBl II 1990, 472).

Es lassen sich in der Literatur weitere Abgrenzungsmerkmale finden, die tendenziell vom gleichen Gedanken geprägt sind.

Rechtsprechung

Das Niedersächsische FG hat folgenden Leitsatz aufgestellt: Ein Vorteil stellt keine Entlohnung dar, sondern wird aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht. In derartigen Fällen kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden (Niedersächsisches FG Urteil vom 31.05.2007 - 11 K 555/04, DStRE 2008, 564).

Zuwendungen im Einzelnen: Aufmerksamkeiten/Arbeitsessen

Als Aufmerksamkeit in diesem Sinne gelten Sachleistungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer oder deren Angehörige, die auch im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung der Arbeitnehmer führen. Sie führen dann nicht zu Arbeitslohn.

Aufmerksamkeiten sind Sachzuwendungen bis zu einem Wert von 60 Euro, die dem Arbeitnehmer oder seinen Angehörigen aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden. Achtung: Geldzuwendungen gehören stets zum Arbeitslohn, auch wenn ihr Wert gering ist.

Zu nennen sind

  • gelegentliche Sachzuwendungen, z. B. Blumen, Genussmittel, Bücher bis zu einem Wert von 60 EUR an Mitarbeiter oder deren Angehörige anlässlich persönlicher Ereignisse,
  • Getränke und Genussmittel zum Verzehr im Betrieb,
  • Speisen anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes (sog. „Arbeitsessen“) ebenfalls bis zu einem Wert von 60 EUR. Hierbei hat der Gesetzgeber in den Lohnsteuerrichtlinien (R 12.6) nochmals verdeutlicht, dass hier das überwiegende betriebliche Interesse im Vordergrund stehen muss.

Hinweis

Bei den Betragsangaben handelt es sich um eine steuerliche Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. Wenn das Geschenk mehr als 60 EUR, bspw. 61 EUR gekostet hat, wird der gesamte Betrag lohnsteuerpflichtig (61 EUR) und nicht nur der Differenzbetrag (1 EUR).

Hinweis

Bei der Gewährung von Speisen anlässlich oder während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes ist der Aspekt des überwiegend betrieblichen Interesses noch einmal explizit hervorgehoben. Daher sollte der Arbeitgeber die näheren Umstände (günstige Gestaltung des Arbeitsablaufs z. B. durch Vermeidung einer längeren Arbeitsunterbrechung wegen bestehender Terminverpflichtung o. Ä.) am besten unmittelbar auf dem Bewirtungsbeleg vermerken.

Auch regelmäßige Arbeitsessen müssen nicht zwangsläufig zu einem geldwerten Vorteil führen, wenn das betriebliche Interesse überwiegt. Beispiele:

  • Erhalten angestellte Betreuer in einem Kinderheim vom Arbeitgeber kostenlose Mahlzeiten, dann handelt es sich dabei eindeutig um eine solche notwendige Begleiterscheinung der betriebsfunktionalen Zielsetzung des Arbeitgebers. Denn die gemeinsame Essensaufnahme von Kindern und Betreuern verfolgt einerseits das Ziel der Überwachung und zudem ein pädagogisches Ziel, nämlich die Schaffung einer familienähnlichen Alltagstrukturierung. Folge: Es liegt kein lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn vor (Schleswig-Holsteinisches FG Urteil vom 23.01.2012 - 5 K 64/11). 

Gleiches gilt z. B. bei

  • Mitarbeitern eines Kindergartens, die aus pädagogischen Gründen die Mahlzeiten gemeinsam mit den Kindern einnehmen (BFH Beschluss vom 01.12.2009 - VI B 35/09),
  • Betreuern in einem Ferienlager, die die jugendlichen Teilnehmer überwachen (BFH Urteil vom 28.02.1975 - VI R 28/73, BStBl II 1976, 134) und
  • Besatzungsmitgliedern an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffes, sofern das Personal während der Reisen nicht an Land gehen konnte und die Räumlichkeiten auf den Schiffen keine Selbstversorgung der Arbeitnehmer zuließen (BFH Urteil vom 21.01.2010 - VI R 51/08, BStBl II 2010, 700).

Berufshaftpflicht: steuerpflichtiger Arbeitslohn?

Eine Berufshaftpflichtversicherung benötigt jeder, der aufgrund seiner Berufsausübung Gefahr läuft, durch einen Beratungsfehler beim Kunden oder Mandanten einen Vermögensschaden zu verursachen. Das trifft insbesondere bei den gängigen Beratungsberufen wie Rechtsanwalt, Steuerberater, Notar, Wirtschaftsprüfer, Architekt usw. zu.

Lt. Rechtsprechung des BFH (BFH Urteil vom 19.11.2015 - VI R 74/14, BStBl II 2016, 303) führt die eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GmbH nach § 59j BRAO nicht zu Arbeitslohn bei den angestellten Rechtsanwälten. Gleiches hat der BFH (BFH Urteil vom 19.11.2015 - VI R 47/14, BStBl II 2016, 301) bezüglich der Mitversicherung angestellter Klinikärzte in der Betriebshaftpflichtversicherung eines Krankenhauses nach § 102 Abs. 1 VVG entschieden. Die Richter bewerten den Sachverhalt so, dass sich der Arbeitgeber in solchen Fällen durch den Abschluss der Berufs- bzw. Betriebshaftpflichtversicherung selbst vor den Gefahren einer beruflichen oder betrieblichen Betätigung schützen will; er handelt damit im überwiegend eigenen betrieblichen Interesse. An dieser Sichtweise ändert sich auch dann nichts, wenn sich der Versicherungsschutz auch auf Betriebsangehörige erstreckt. Geltung hat dies selbst dann, wenn der Arbeitnehmer deshalb rechtlich oder tatsächlich keine eigene Berufshaftpflichtversicherung abschließen muss oder sich auf eine Mindestversicherung beschränken kann.

Arbeitslohn hingegen liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Arbeitgeber Beiträge für eine Versicherung übernimmt, die das eigene Haftpflichtrisiko des Arbeitnehmers abdecken soll. Die Übernahme von Berufshaftpflichtversicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber ist insofern steuerpflichtiger Arbeitslohn. Das Arbeitgeberinteresse tritt hinter den Genuss eines sog. geldwerten Vorteils zurück (BFH Urteil vom 26.07.2007 - VI R 64/06, BStBl II 2007, 892 und FG Nürnberg Urteil vom 05.01.2011 - 6 K 1574/10, EFG 2011, 973 bzgl. eines angestellten Rechtsanwaltes). Ausnahmsweise gilt dies dann ebenfalls wieder nicht, wenn der Versicherungsschutz auch hier im überwiegenden eigenen betrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt wird, z.B. weil der Arbeitnehmer selbst nicht versicherungspflichtig ist (BMF, Schreiben vom 25.8.2009, IV C 5 - S 2332/0 zur Übernahme der Berufshaftpflichtversicherung eines Steuerberaters durch Arbeitgeber).

Betriebsveranstaltung: lohnsteuerfrei oder lohnsteuerpflichtig?

Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene, die gesellschaftlichen Charakter haben. Als übliche Betriebsveranstaltungen gelten z. B. Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern und Jubiläumsfeiern. Zuwendungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer im Rahmen einer Betriebsveranstaltung gehören regelmäßig nicht zum lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn es sich um übliche Zuwendungen handelt. Übliche Zuwendungen sind z. B. Speisen und Getränke, die Übernahme von Übernachtungskosten, Eintrittskarten, Geschenke oder Aufwendungen für „den äußeren Rahmen“.

Zur Abgrenzung zwischen lohnsteuerfreien und lohnsteuerpflichtigen Betriebsveranstaltungen gilt ein Freibetrag von 110 EUR, sofern die Teilnahme allen Betriebsangehörigen (auch Aushilfskräften) offensteht. Die bis 2014 geltende 110-EUR-Freigrenze wurde ab 2015 gesetzlich geregelt und in einen 110-EUR-Freibetrag umgewandelt (§ 19 Abs. 1a EStG).

Zur Personenanzahl zählen auch GmbH-Gesellschafter, denn sie sind steuerrechtlich Arbeitnehmer ihrer GmbH. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bis zu einem Betrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung und Arbeitnehmer die Befriedigung des privaten Bedarfs vom angestrebten betrieblichen Zweck überlagert wird. Damit liegt in diesen Fällen die Betriebsveranstaltung im Rahmen des überwiegenden betrieblichen Interesses.

Zuwendungen an den Ehegatten oder einen Angehörigen des Arbeitnehmers, z. B. Kind, Verlobte, sind dem Arbeitnehmer zuzurechnen. Barzuwendungen, die statt von Sachzuwendungen in Form von Verpflegung, Übernachtungskosten, Eintrittsgelder u. Ä. gewährt werden, sind diesen gleichgestellt, wenn ihre zweckentsprechende Verwendung sichergestellt ist.

Die dritte und jede weitere Betriebsveranstaltung sind unüblich. Das frühere Kriterium der eintägigen Betriebsveranstaltung ist inzwischen entfallen, sie darf sich also auch auf einen mehrtägigen Zeitraum erstrecken. Bei mehr als zwei gleichartigen Veranstaltungen kann der Arbeitgeber die beiden Veranstaltungen auswählen, die als übliche Betriebsveranstaltungen gelten sollen (R 19.5 Abs. LStR).

Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die allgemeinen Vorschriften. Es ist allerdings in diesem Fall gemäß § 40 Abs. 2 EStG auch eine LSt-Pauschalierung i. H. von 25 % möglich.

Bußgelder: Beispiel Spedition

Vorteile haben keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Das ist der Fall, wenn sie aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Ein rechtswidriges Tun ist keine beachtliche Grundlage einer solchen betriebsfunktionalen Zielsetzung. Übernimmt der eine Spedition betreibende Arbeitgeber Bußgelder, die gegen bei ihm angestellte Fahrer wegen Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeiten verhängt worden sind, so handelt es sich aufgrund dessen um Arbeitslohn (BFH Urteil vom 14.11.2013 - VI R 36/12, BStBl II 2014, 278).

Corona-Tests und FFP2-Masken

Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten von Covid-19-Tests (PCR- und Antikörper-Tests), ist es aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers auszugehen. Die Kostenübernahme ist kein Arbeitslohn ( BMF, FAQ "Corona" Steuern, Stand 3.2.2021, Kap. VI Lohnsteuer, Nr. 15).

Die kostenlose oder verbilligte Zurverfügungstellung von FFP2-Masken ist ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des überwiegend betrieblichen Interesses zu sehen, auch wenn der Arbeitnehmer die Masken nicht nur im Unternehmen, sondern auch privat nutzt.

Hinweis: Kauft ein Arbeitnehmer Schutzmasken selbst, stellen diese Ausgaben keine Werbungskosten dar, auch wenn er die Masken am Arbeitsplatz trägt. Aufgrund der privaten Mitbenutzung greift das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG für solche Aufwendungen.

Dienstreisen: Abgrenzungsmerkmale

Eine Dienstreise liegt vor, wenn jemand aus beruflichen Gründen vorübergehend außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte und außerhalb seiner Wohnung tätig ist.

Im Lebensalltag kommt es nicht selten vor, dass eine Dienstreise mit einer privaten Reise kombiniert wird, insbesondere wenn der Zielort bzw. die Umgebung attraktiv sind. Sind Aufwendungen zum Teil durch betriebliche und zum Teil durch private Zwecke veranlasst, werden sie als „gemischt veranlasste Aufwendungen“ bezeichnet. Lässt sich der betriebliche Anteil nach objektiven Merkmalen und Unterlagen von den Ausgaben der privaten Lebensführung leicht und einwandfrei trennen, sind die Aufwendungen insoweit Betriebsausgaben, es sei denn, dieser Teil ist von untergeordneter Bedeutung (BFH Urteil vom 09.08.1996 - VI R 88/93, BStBl II 1997, 97). Das frühere Aufteilungs- und Abzugsverbot, wenn eine nachweisbare Trennung zwischen Betriebsausgaben und privater Lebensführung nicht leicht möglich war, wurde auch mit dem BMF-Schreiben vom 6.7.2010,  IV C 3 - S 2227/07/10003 :002, BStBl I 2010, 614 (im Nachgang zu BFH Beschluss vom 21.09.2009 - GrS 1/06, BStBl II 2010, 672) aufgehoben. Als sachgerechten Aufteilungsmaßstab sieht der Große Senat die beruflichen und privaten Zeitanteile einer Reise.

Die direkt zuordenbaren Kosten (z.B. Teilnahmegebühr an einem Kongress) sind in vollem Umfang als Betriebsausgaben zu qualifizieren. Übrige Kosten, wie Reise- und Hotelkosten sind (zeit-)anteilig zu ermitteln. Je höher der private Anteil einer solchen Reise ist, desto deutlicher muss das eigenbetriebliche Interesse an bestimmten Kerninhalten (z.B. Kongressteilnahme) dokumentiert sein, um nicht Gefahr zu laufen, dass der betriebliche Teil so verschwindend gering ist, dass die gesamte Reise als Privatreise ausgelegt wird. Im Fall von Arbeitnehmern würde es sich dann vollumfänglich um einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil, im Fall von Einzelunternehmern um nicht abzugsfähige Betriebsausgaben handeln.

Fortbildungskosten, Rechnungsadressierung an den Arbeitnehmer

Berufliche Fort- oder Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers führen nicht zu Arbeitslohn, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Dabei ist es gleichgültig, ob die Bildungsmaßnahmen am Arbeitsplatz, in zentralen betrieblichen Einrichtungen oder in außerbetrieblichen Einrichtungen durchgeführt werden (R 19.7 Abs. 1 LStR).

Bei einer Bildungsmaßnahme ist ein ganz überwiegendes betriebliches Interesse des Arbeitgebers anzunehmen, wenn sie die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers erhöhen soll. Für die Annahme eines ganz überwiegenden betrieblichen Interesses des Arbeitgebers ist nicht Voraussetzung, dass der Arbeitgeber die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zumindest teilweise auf die Arbeitszeit anrechnet. Rechnet er die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zumindest teilweise auf die Arbeitszeit an, ist die Prüfung weiterer Voraussetzungen eines ganz überwiegenden betrieblichen Interesses des Arbeitgebers entbehrlich, es sei denn, es liegen konkrete Anhaltspunkte für den Belohnungscharakter der Maßnahme vor. Auch sprachliche Bildungsmaßnahmen sind unter den genannten Voraussetzungen dem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse zuzuordnen, wenn der Arbeitgeber die Sprachkenntnisse in dem für den Arbeitnehmer vorgesehenen Aufgabengebiet verlangt (R 19.7 Abs. 2 LStR).

Ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers kann neuerdings auch dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer bezogen auf die infrage stehende Bildungsmaßnahme Rechnungsempfänger ist. Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitgeber die Übernahme bzw. den Ersatz allgemein oder für die besondere Bildungsmaßnahme zugesagt hat, und der Arbeitnehmer im Vertrauen auf diese zuvor erteilte Zusage den Vertrag über die Bildungsmaßnahme abgeschlossen hat (Erlass des FinMin NRW v. 26.6.2009, S 2332 - 73 - V B 3).

Aus umsatzsteuerlicher Sicht muss die Rechnung allerdings auf den Arbeitgeber lauten, weil ansonsten die formalen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht erfüllt sind.

Führerscheinprüfung: Sind Aufwendungen Arbeitslohn?

Ersparte Aufwendungen für die Erlangung eines Führerscheins müssen im Fall des Ausbildungsinteresses des Arbeitgebers nicht als Arbeitslohn gewertet werden.

Eine Bereicherung in Form ersparter Aufwendungen hinsichtlich beiläufig erworbener Kenntnisse und Fertigkeiten (hier: Führerscheinkosten der Klasse 3) im Rahmen einer umfassenden Gesamtausbildung zum Polizeivollzugsdienst stellen keinen Arbeitslohn eines Polizeianwärters dar, sofern das Ausbildungsinteresse des Dienstherrn im Vordergrund steht (BFH Urteil vom 26.06.2003 - VI R 112/98, BStBl II 2003, 886).

Geschäftsessen: Betriebliches Interesse

Eine Bewirtung aus geschäftlichem Anlass liegt vor, wenn Geschäftsfreunde bewirtet werden. Es kann sich dabei sowohl um Personen handeln, zu denen bereits Geschäftsbeziehungen bestehen, als auch um Personen, zu denen der Steuerpflichtige Geschäftsbeziehungen herstellen will.

Nehmen Arbeitnehmer an einem solchen Geschäftsessen teil, geht man grundsätzlich von einem betrieblichen Interesse ihrer Teilnahme aus. Diese Mahlzeiten gehören somit nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn (R 4.10 Abs. 6 Satz 7 EStR, R 8.1 Abs. 8 Nr. 1 LStR; wie die bereits erwähnten Arbeitsessen (R 19.6. LStR) und Mahlzeiten anlässlich von Betriebsveranstaltungen (R 19.5 LStR)).

Hinweis zum Vorsteuerabzug

Geschäftsessen haben Berührungspunkte zur allgemeinen Lebensführung. Daher ist ihre steuerliche Abzugsfähigkeit, selbst wenn sie in vollem Umfang betrieblich veranlasst sind, beschränkt. Soweit sie die nach der Verkehrsanschauung angemessene Höhe nicht überschreiten, ist die Abzugsfähigkeit auf 70% des Nettobetrages begrenzt. Die Umsatzsteuer hingegen ist – unter den üblichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges – voll abzugsfähig.

Hinsichtlich der Angemessenheit kommt es auf die Üblichkeit im branchentypischen Geschäftsverkehr und die Höhe des Umsatzes und Ertrages des Unternehmers im Verhältnis zum Bewirtungsaufwand an. Eine feste Höhe gibt es nicht.

Ob man mit der Bewirtung tatsächlich einen Geschäftsabschluss erreicht, ist – zumindest aus steuerlicher Sicht – Nebensache. Man muss dem Finanzamt gegenüber keinen Nachweis erbringen, dass das Geschäftsessen nachvollziehbare Einnahmen bringt. Auch nach dem Schalten von Anzeigen oder dem Verteilen von Flyern ist nicht nachprüfbar, ob und in welchem Umfang sich dadurch ein Geschäftserfolg eingestellt habe. Die Kosten dafür sind trotzdem abzugsfähig, Gleiches muss für Bewirtungen gelten.

Gesundheitsförderung durch den Arbeitgeber

Erbringt der Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V genügen, so bleiben diese steuerfrei, soweit sie 600 EUR im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 3 Nr. 34 EStG). Diese Vorschrift stellt insoweit eine Steuervereinfachung dar, weil sie eine nähere Prüfung entbehrlich macht, ob vom Arbeitgeber erbrachte oder finanzierte Gesundheitsförderungsmaßnahmen gerade der Vorbeugung spezifisch berufsbedingter Gesundheitsbeeinträchtigungen dienen und damit wegen eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers ausnahmsweise bereits keinen steuerbaren Lohnzufluss zur Folge haben.

Wird diese Freigrenze überschritten, so hat der Arbeitgeber darzulegen, dass die Maßnahme einer spezifisch berufsbedingten Beeinträchtigung der Gesundheit des Arbeitnehmers vorbeugt oder ihr entgegenwirkt, also im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitnehmers zu sehen ist. In diesem Fall ist der aus der Maßnahme erwachsende Vorteil im Einzelfall nicht als Arbeitslohn zu erfassen (BFH Urteil vom 30.05.2001 - VI R 177/99, BStBl II 2001, 671).

Impfungen

Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern kostenlos oder verbilligt anbietet (z.B. Schutzimpfungen), stellen daher keinen lohnsteuerpflichtigen Vorteil dar. Es wird ein überwiegend betriebliches Interesse angenommen. Dies gilt insbesondere bei vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen oder bei Impfungen zur Vermeidung einer Berufskrankheit im Sinne des § 177 ASVG.

Vorsorgeuntersuchungen von Führungskräften

Der BFH (BFH Urteil vom 17.09.1982 - I R 75/79, BStBl II 1983, 39) hatte über das eigenbetriebliche Interesse von Vorsorgeuntersuchungen bei Führungskräften zu entscheiden. Dabei sprach im Streitfall lt. BFH für ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin vor allem auch die Tatsache, dass der Arbeitgeber nur seine Führungskräfte – vom Prokuristen aufwärts – hat unentgeltlich untersuchen lassen. Denn solche Führungskräfte sind, wie das Unternehmen zutreffend vortrug, schwerer zu ersetzen als andere Arbeitnehmer; ihr plötzlicher Ausfall würde den Betrieb der Klägerin nachhaltiger beeinträchtigen als der Ausfall von weniger herausgehobenen Arbeitnehmern. Hätte das Unternehmen auch Arbeitnehmer in weniger herausgehobener Stellung unentgeltlich untersuchen lassen, so hätte dies eher dafür sprechen können, dass sie ihnen, die für sie leichter ersetzbar sind, einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis habe zuwenden wollen. Da sie die Untersuchungen aber auf Führungskräfte beschränkt hat, hat sie ihr eigenes Interesse an den Untersuchungen besonders veranschaulicht.

Hinweis zur Pauschalversteuerung von Zuwendungen

Werden die Grenzen üblicher Zuwendungen überschritten, so bietet das EStG Pauschalierungsmöglichkeiten. Bemessungsgrundlage der pauschalen Einkommensteuer sind die Aufwendungen des Steuerpflichtigen einschließlich Umsatzsteuer.

  • § 37b EStG ermöglicht es dem Steuerpflichtigen, die Einkommensteuer auf Sachzuwendungen mit einem Pauschsteuersatz von 30 % zu erheben.
  • § 40 EStG sieht unterschiedliche Pauschalierungen vor, die vom gegebenen Sachverhalt abhängig sind. Dies können ein Durchschnittssteuersatz oder gesetzlich vorgegebene Pauschsteuersätze von 25 % oder 15 % sein.

Mit der Pauschalsteuer wird die steuerliche Erfassung des geldwerten Vorteils beim Zuwendungsempfänger abgegolten. Der Zuwender übernimmt also die Steuer und unterrichtet den Empfänger darüber.

Die Pauschalierung kann unabhängig von der Rechtsform von allen Steuerpflichtigen (natürliche Personen, Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften, Betriebe gewerblicher Art) durchgeführt werden.

Die Pauschalierung ist ausgeschlossen, soweit die Aufwendungen je Empfänger und Wirtschaftsjahr oder wenn die Aufwendungen für die einzelne Zuwendung den Betrag von 10.000 EUR übersteigen.

Umsatzsteuerliche Betrachtung von Zuwendungen

Leistungen des Arbeitgebers gegenüber dem eigenen Personal bzw. deren Angehörigen, die überwiegend durch das betriebliche Interesse veranlasst sind, zählen zu den nicht umsatzsteuerbaren Umsätzen. Das Umsatzsteuerrecht lehnt sich bei der entsprechenden Beurteilung eng an das Lohnsteuerrecht an.

Der umsatzsteuerliche Vorsteuerabzug wird durch Leistungen des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter i. S. eines überwiegend betrieblichen Interesses nicht beeinflusst. Es handelt sich auch hier um Leistungen, die der Unternehmer ggf. zuvor für sein Unternehmen erworben hat; die Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges sind unter den auch ansonsten zu berücksichtigen Voraussetzungen gegeben.

Schlagworte zum Thema:  Entgelt, Steuerfreiheit