Wenn überraschend Zölle angekündigt, verhandelt und tatsächlich erhoben werden, entsteht Unruhe im gesamten Unternehmen. Viele Aufgaben auch im Rechnungswesen sind neu. Die entstehende Hektik hat einen negativen Einfluss auf die Ergebnisse und schließlich auf den Unternehmenserfolg. Das Zollchaos hat seine Eignung als politische Waffe bewiesen, Unsicherheit über neue Drohungen und deren Umsetzung bleibt, auch wenn es aktuell viele Einigungen gibt. Jetzt ist es an der Zeit, das Unternehmen widerstandsfähig zu machen gegen die Auswirkungen einer erratischen Zollpolitik. Das gilt auch für das Rechnungswesen, von dem Unterstützung für alle Unternehmensbereiche erwartet wird und wo die Aufgaben selbst angepasst werden müssen, um die notwendige Resilienz zu schaffen.
- Kurzfristig wurde im Controlling bereits das Risikomanagement angepasst. Um die für geeignete Reaktionen notwendige Zeit zu gewinnen, muss jetzt die Möglichkeit eines weiteren zukünftigen Zollchaos in allen Abläufen bewertet werden. Alle Lieferketten müssen im Lieferkettencontrolling entsprechend eingerichtet sein, die Risikoeinschätzung für Vertriebswege, Kundengruppen und einzelne Produktgruppen wird aktualisiert. Mögliche politische und wirtschaftliche Entwicklungen, die zum Einsatz von Zollpolitik als Druckmittel führen können, müssen so früh wie möglich erkannt werden.
- Klar ist, dass Einfuhrzölle für das importierende Unternehmen Ausgaben darstellen, die finanziert werden müssen. Die Unsicherheit, die im Zollchaos entsteht, veranlasst Unternehmen Maßnahmen zu ergreifen, die zusätzliche Finanzmittel verbrauchen. Damit wird die Finanzierung von Resilienzmaßnahmen zu einer wichtigen, langfristigen Aufgabe der Buchhaltung. Wenn Sicherheitsbestände im Lager erhöht, Kunden durch Rabatte zu einer eigenen Vorratshaltung animiert oder Systeme zur Zolloptimierung angeschafft werden, entstehen zusätzliche Ausgaben, die bei der Unternehmensfinanzierung berücksichtigt werde müssen.
- Zusätzliche Ausgaben und andere Maßnahmen führen zu zusätzlichen Kosten, vielleicht sogar zu bisher unbekannten Kostenarten. Zölle stellen Kosten dar, regionale Lieferanten sind teurer als die durch mögliche Zölle betroffenen Lieferanten. Es gibt immer Fälle, in denen ein vom Zoll belastetes Bauteil, ein Rohstoff oder anderes Material ersetzt wird durch Bauteile, Rohstoffe oder Materialien, die nicht betroffen sind. Um in solchen Fällen schnell die notwendigen Entscheidungsgrundlagen liefern zu können, werden in der Kostenrechnung dynamische Kalkulationsmodelle aufgebaut. Damit können Szenariorechnungen z. B. für unterschiedliche Zollsätze oder unterschiedlich betroffene Länder durchgeführt werden.
- Für die Unternehmensplanung gibt es festgelegte und bewährte Strukturen, die zur Bewältigung dieser mächtigen Aufgabe geschaffen wurden. Mögliche Zollfestlegungen, möglicher Streit darüber sind hier zu berücksichtigen. Das hat Einfluss auf die Planungsszenarien in Einkauf und Vertrieb und damit auf alle weiteren Unternehmensbereiche. Das Controlling schafft eigene Strukturen zur Überwachung der Planung auch hinsichtlich möglicher Zölle und baut Kapazitäten zur Analyse und für Szenariorechnungen aus.
- Im Rechnungswesen muss das Wissen über Zölle und deren Abwicklung, Verbuchung und Wirkung auf Kosten und Erlöse immer aktuell sein. Umfangreiches Knowhow ist aufzubauen. Verantwortlichkeiten werden geschaffen, Informationswege eingerichtet und Mitarbeiter laufend geschult. Dazu gehört auch eine enge Zusammenarbeit mit den Zollbehörden. Die Möglichkeiten der Digitalisierung schaffen schnelle und sichere Wege für den Informationsaustausch und die Zollabwicklung. Eine Schnittstelle zur Finanzsoftware reduziert den Aufwand im Rechnungswesen. Der Aufbau von Knowhow und einer intensiven Verbindung zur Zollbehörde muss mittel- bis langfristig erfolgen.
Kleine und mittlere Unternehmen haben keinen Einfluss auf die internationale Politik. Damit sind sie den Folgen des aktuellen Zollchaos und der möglichen Wiederholung ausgeliefert. Den einzigen Schutz bieten schnelle Reaktionen in akuten Fällen und eine sorgfältige Vorbereitung auf unsichere Entwicklung in der Zukunft. Das Rechnungswesen spielt dabei eine wesentliche Rolle.