Antrag der Ist-Besteuerung beim Finanzamt

Unternehmer müssen sich die Ist-Besteuerung vom Finanzamt genehmigen lassen. Die Genehmigung ist immer erforderlich, auch wenn ausschließlich freiberufliche Einkünfte erzielt werden. Der Antrag an das Finanzamt ist weder an eine bestimmte Form und noch an eine Frist gebunden.

Wie der Antrage auf Ist-Besteuerung gestellt werden kann

Der Unternehmer kann seinen Antrag auch durch schlüssiges Verhalten stellen, indem er seine Umsätze – erkennbar für das Finanzamt – nach vereinnahmten Entgelten in der Steuererklärung ausweist.

So hat der BFH entschieden, dass der Antrag auf die Ist-Besteuerung auch konkludent gestellt werden kann (BFH, Urteil v. 18.8.2015, V R 47/14). Dabei muss der Steuererklärung deutlich zu entnehmen sein, dass die Umsatzsteuer auf der Grundlage vereinnahmter Entgelte erklärt worden ist. Das kann sich laut BFH aus einer eingereichten Einnahmen-Überschussrechnung ergeben. Hat der Steuerpflichtige einen hinreichend deutlichen Antrag auf Genehmigung der Ist-Besteuerung gestellt, hat die antragsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist.

Praxis-Tipp: Schriftlicher Antrag empfehlenswert

Besser ist es, wenn der Unternehmer die Genehmigung schriftlich beantragt. Nur dann besteht die Sicherheit, dass das Finanzamt den Antrag genehmigt. Auch wenn der Antrag nicht an eine Frist gebunden ist, sollte die Ist-Besteuerung möglichst umgehend beim Finanzamt beantragt werden. Je früher, desto besser!

Sobald jeman einen Gewerbebetrieb gegründet hat, erhält das Finanzamt automatisch eine Kopie der Gewerbeanmeldung. Anschließend übersendet das Finanzamt einen Fragebogen an den Existenzgründer, in dem abgefragt wird, ob er Kleinunternehmer ist und wie er seine Umsätze versteuert. Bereits hier besteht die Möglichkeit die Ist-Besteuerung zu beantragen.

Freiberufler melden ihre Tätigkeit nicht bei der Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung an. Es ist daher sinnvoll, wenn Freiberufler gleichzeitig mit der ersten Umsatzsteuer-Voranmeldung einen Antrag auf Genehmigung der Ist-Besteuerung stellen und diese bereits anwenden.

Praxis-Tipp: Genehmigung der Ist-Besteuerung ist zu empfehlen

Wenn die Ist-Versteuerung einmal genehmigt ist, vermeidet der Unternehmer, dass ein Betriebsprüfer sein "Mehrergebnis" aufbessert, indem er am Ende des Prüfungszeitraums nur wegen fehlender Genehmigung die Umsatzbesteuerung von "Ist" auf "Soll" umstellt.

Das Finanzamt darf Ihren Antrag nicht ablehnen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Der Zinsvorteil kann kein Grund für eine Ablehnung sein, weil dieser automatisch mit der Ist-Besteuerung verbunden ist. Sobald der Grenzwert unterschritten wird, kann ein Antrag gestellt werden.

Nur wenn die Zinsvorteile bewusst über einen längeren Zeitraum beansprucht werden, ist das Finanzamt berechtigt, die Genehmigung zu verweigern. Das ist z. B. der Fall, wenn ein Unternehmer gegenüber einer nahestehenden Person Umsätze erbringt, Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausstellt, aber die Rechnung über einen unverhältnismäßig langen Zeitraum nicht bezahlt wird.

Praxis-Beispiel: Bewusste Verzögerung der Zahlung

Der Unternehmer und sein Ehegatte haben jeweils einen eigenen Betrieb. Der Unternehmer stellt seinem Ehegatten Leistungen in Rechnung, aus denen dieser sofort den Vorsteuerabzug in Anspruch nimmt. Der Ehegatte überweist die Rechnungsbeträge erst nach 2 Jahren, sodass der Unternehmer aufgrund der Ist-Besteuerung die Umsatzsteuer erst nach 2 Jahren zahlt.

Ist-Besteuerung ohne Genehmigung unzulässig

Ohne Genehmigung sind die Umsätze nach vereinbarten Entgelten zu versteuern. In der Baubranche werden hohe Rechnungen oftmals erst gebucht, wenn der Kunde die Zahlung geleistet hat. Auf diese Weise wird – entgegen der gesetzlichen Regelung – vermieden, dass der Unternehmer mit der Umsatzsteuerzahlung in Vorlage geht. Ohne Genehmigung ist es allerdings nicht zulässig, sich den Liquiditätsvorteil der Ist-Besteuerung zu verschaffen.

Wann das Finanzamt die Ist-Besteuerung widerrufen kann

Hat das Finanzamt die Ist-Besteuerung genehmigt, gilt diese Genehmigung so lange, bis sie widerrufen wird, z.B. weil die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Der Widerruf kann aber immer nur zu Beginn eines Kalenderjahres erfolgen. Stellt das Finanzamt bei der Bearbeitung von Steuererklärungen oder bei einer Betriebsprüfung fest, dass der Vorjahresumsatz mehr als 600.000 EUR betragen hat, kann es seine Genehmigung nur für die Zukunft widerrufen.

Wechselt der Freiberufler (freiwillig) von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung, darf er die Ist-Besteuerung bereits für das Jahr, in dem die Umstellung erfolgt, nicht mehr anwenden. Ausnahme: Der Vorjahresumsatz hat nicht mehr als 600.000 EUR betragen. Der Freiberufler sollte das Finanzamt über den Wechsel der Gewinnermittlungsart informieren und sich die Fortführung der Ist-Besteuerung nochmals genehmigen lassen, wenn sein Vorjahresumsatz nicht mehr als 600.000 EUR betragen hat.

Ein rückwirkender Widerruf ist nur dann möglich, wenn der Unternehmer gegenüber dem Finanzamt bewusst falsche Angaben gemacht hat. Bei einem rückwirkenden Widerruf muss der Unternehmer seine Umsätze ab sofort nach vereinbarten Entgelten versteuern und die Umsatzsteuer aus den noch nicht bezahlten Rechnungen in die nächste Umsatzsteuervoranmeldung aufnehmen.

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