Keine Rückstellung für Verpflichtung aus Aktienoptionen

Aktuell entschied der Bundesfinanzhof die Frage: Wann darf eine Rückstellung für Aktienoptionen von leitenden Mitarbeitern gebildet werden?

In seinem Urteil (BFH, Urteil v. 15.03.2017, Az. I R 11/15) entschied der BFH, dass die Bildung einer Rückstellung für Aktienoptionen zugunsten von leitenden Mitarbeitern nicht zulässig ist,

  • wenn die Optionen nur ausgeübt werden können, falls der Verkehrswert der Aktien zum Ausübungszeitpunkt einen bestimmten Betrag übersteigt und/oder

  • wenn das Ausübungsrecht davon abhängt, dass es in der Zukunft zu einem Verkauf des Unternehmens oder einem Börsengang kommt.

Der Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines dieser Ereignisse hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung.

 

Praxis-Hinweis: Rückstellung nur bei bereits wirschaftlich verursachter Verpflichtung zum Bilanzstichtag

In größeren Unternehmen sind Aktienoptionsmodelle ein durchaus übliches System der Mitarbeitermotivation. Die Entscheidung des BFH schränkt hierbei die Möglichkeit, für etwaige Verpflichtungen, aus diesen Optionsmodellen Rückstellungen zu bilden, erheblich ein. Die Ansicht des BFH, dass diese Verbindlichkeiten zum jeweiligen Bilanzstichtag noch nicht entstanden seien, überzeugt dabei durchaus, da ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob die Ziele, die in der jeweiligen Optionsvereinbarung genannt werden, auch tatsächlich erreicht werden. Da dieser Zukunftsbezug für viele Arten von Mitarbeitermotivationsmodellen gilt, dürfte der tatsächliche Anwendungsbereich der Entscheidung weiter zu ziehen sein und sich nicht allein auf Aktienoptionsmodelle beschränken.

Eine Rückstellung dürfte nur dann gebildet werden dürfen, wenn die Verpflichtung zum Bilanzstichtag bereits wirtschaftlich verursacht worden ist (wie dies etwa bei einer Tantieme für das abgelaufene Wirtschaftsjahr der Fall ist). Dies steht allerdings in vielen Fällen im Widerspruch zu einer Motivation der Mitarbeiter in der Zukunft. Insofern bedarf jede Art von Mitarbeitermotivationsmodell vor einer Einführung der genauen rechtlichen und steuerlichen Prüfung. 

Aktienoptionsmodell mit verschiedenen Voraussetzungen und Ersetzungsrecht für leitende Angestellte

Die Klägerin war eine GmbH, die Rechtsnachfolgerin einer AG ist. Die Hauptversammlung der AG hatte in 2006 eine bedingte Kapitalerhöhung und für leitende Angestellte ein Aktienoptionsmodell beschlossen. Die Optionsvereinbarung sah dabei vor, dass die Ausübung des Bezugsrechts von verschiedenen Voraussetzungen abhängig war.

Dies betraf insbesondere die Voraussetzung

  • des Eintritts des Börsengangs sowie

  • eines Anstiegs des Verkehrswerts des Unternehmens um 10 %.

Zudem wurde ein Ersetzungsrecht der AG vereinbart, mit der sie das Optionsrecht nach eigenem Ermessen zum Verkehrswert kaufen konnte. Von diesem Recht machte die AG in 2009 Gebrauch und erwarb die Optionsrechte von den leitenden Angestellten zum Verkehrswert. Für ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem Aktienoptionsplan hatte die AG Rückstellungen gebildet. Diese Rückstellungen erkannte das Finanzamt im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung nicht an. Das Einspruchs- und Klageverfahren gegen die geänderten Steuerbescheide hatten keinen Erfolg. Die Klägerin machte vor allem geltend, die Rückstellungen seien anzuerkennen, da zu allen Bilanzstichtagen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus dem Aktienoptionsplan bestanden habe.

Keine Rückstellung wegen fehlender wirtschaftlicher Verursachung und Belastung zum Bilanzstichtag

Auch die Revision der Klägerin blieb erfolglos. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen – so der BFH - entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus, deren Höhe zudem ungewiss sein könne.

Ist die Verpflichtung am Bilanzstichtag

  • nicht nur der Höhe nach ungewiss,

  • sondern auch dem Grunde nach noch nicht rechtlich entstanden,

  • so könne eine Rückstellung nur unter der weiteren Voraussetzung gebildet werden, dass sie wirtschaftlich bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahr bereits verursacht sei.

Nach der Rechtsprechung des BFH führe die Ausgabe von Aktienoptionen an Mitarbeiter durch eine AG im Rahmen eines Aktienoptionsplans, der mit einer bedingten Kapitalerhöhung verbunden ist, zu keinem gewinnwirksamen Personalaufwand. Auch sei im Hinblick auf die künftige Ausgabe neuer Aktien noch kein Raum für die Passivierung einer Verbindlichkeitsrückstellung, da es an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung zum Bilanzstichtag fehle.

Grundsätzlich sei die AG dieser Rechtsprechung gefolgt. Denn sie habe die gebildeten Rückstellungen nicht auf eine künftige Ausgabe von Aktien, sondern auf die eventuellen künftigen Zahlungsverpflichtungen aus der in den Optionsbedingungen geregelten Ersetzungs- bzw. Rückkaufsbefugnis gestützt. Die Verbindlichkeiten der AG auf Barausgleich an jene Optionsberechtigten, die zu den Bilanzstichtagen in den Diensten der AG gestanden haben, seien aber zu den Bilanzstichtagen noch nicht rechtlich entstanden.

Zwar können Rückstellungen auch für am Bilanzstichtag dem Grunde nach noch nicht entstandene Verbindlichkeiten gebildet werden, dies setze aber voraus, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich verursacht sind. Auch dies war hier allerdings nicht der Fall. Die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in den Vorjahren setze nämlich voraus, dass

  • die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt seien und
  • das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhänge.

Schon allein dass in den Optionsbedingungen der AG ausgegebene Ziel, nach dem die Optionen nur ausgeübt werden können, wenn der Aktienwert zum späteren Ausübungszeitpunkt den Ausübungspreis um 10 % übersteigt, belege jedoch einen nicht unmaßgeblichen Zukunftsbezug der Optionsverpflichtungen der Klägerin. Daraus sei zu ersehen, dass das Optionsrecht nicht in erster Linie gewährt worden ist, um dadurch in der Vergangenheit erbrachte Arbeitnehmerleistungen abzugelten, sondern um dem begünstigten Führungspersonal eine zusätzliche besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft zu verschaffen.

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