Rz. 21a

Zwar gilt der Grundsatz, dass ein Unternehmer nur ein Unternehmen hat, gem. § 18 Abs. 4f S. 2 UStG auch für Gebietskörperschaften des Bundes und der Länder. Jedoch lässt es die Regelung des § 18 Abs. 4f fakultativ zu, dass auch sog. Organisationseinheiten einer Gebietskörperschaft des Bundes und der Länder gem. § 18 Abs. 4f UStG durch ihr Handeln eine eigene Erklärungspflicht begründen können. Daraus ergibt sich die Rechtsfolge, dass der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten obliegen.

Diese Regelung ermöglicht nun von Gesetzes wegen, dass sich Gebietskörperschaften für Zwecke der Umsatzsteuer praktisch in getrennt umsatzsteuerlich geführte Bereiche aufteilen und insoweit autonom ihren steuerlichen Pflichten nachkommen können, d. h. unter getrennten Steuernummern. Zu jeder Steuernummer kann auch eine USt-IdNr. beim BZSt beantragt werden (Rz. 21d). In der Praxis haben dies bereits einige Gebietskörperschaften in der Vergangenheit so gehandhabt, nunmehr ist es legalisiert.

 

Rz. 21b

Ausweislich der Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit dem BMF-Einführungsschreiben[1] sind Organisationseinheiten gem. § 18 Abs. 4f S. 1 UStG jeweils einzeln

  • die Verwaltungen der Verfassungsorgane des Bundes und der Länder (z. B. Landtage, Verfassungsgerichtshöfe),
  • die obersten Behörden (z. B. Ministerien, Rechnungshöfe),
  • die Behörden der nachgeordneten Bereiche (z. B. Oberfinanzdirektionen, Finanzämter, Verwaltungsbehörden der Länder),
  • die Gerichte,
  • die Landesbeauftragten, die mit eigener Selbstständigkeit außerhalb eines Ressorts ausgestattet sind sowie
  • vergleichbare Einrichtungen (z. B. Bundes- oder Landesbetriebe, vgl. § 26 BHO, § 26 LHO).

Untergeordnete Organisationseinheiten gem. § 18 Abs. 4f S. 3 UStG sind danach innerhalb der Behörde gebildete Einheiten und Organisationseinheiten gem. § 18 Abs. 4f S. 4 UStG und können wiederum zusammengeschlossen Behörden oder o. a. weitere Organisationseinheiten sein.

Aus der o. a. Gesetzesbegründung folgt zwar nicht zwangsläufig, dass ein einzelner gewerblicher Betrieb einer Behörde grundsätzlich keine eigenständige Organisationseinheit im o. a. Sinne darstellt, jedoch wurde die Aufzählung aus der Gesetzesbegründung im BMF-Einführungsschreiben (a. a. O.) um den letzten Aufzählungspunkt der Bundes- und Landesbetriebe gem. § 26 BHO, § 26 LHO ergänzt. Dies widerspricht m. E. weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

Einen Sonderfall behandelt das BMF-Einführungsschreiben (a. a. O.). Es handelt sich um Einrichtungen, die zu verschiedenen jPöR gehören, sog. "janusköpfige Einrichtungen" (z. B. einerseits zur Gebietskörperschaft Land und andererseits zu einer anderen jPöR) bzw. auch selbst jPöR sind. Der Begriff "gehören" sei dabei in dem Sinne zu verstehen, dass die Einrichtungen als unmittelbarer (nicht nur mittelbarer) Teil der betreffenden jPöR tätig sind. Betroffen sind hiervon lt. BMF-Einführungsschreiben u. a. Landratsämter, sofern diese sowohl in ihrer Eigenschaft als Kreisverwaltungsbehörde für den Landkreis als auch als untere staatliche Verwaltungsbehörde für das betreffende Land tätig werden. Weitere Einrichtungen können im Einzelfall und je nach Ausgestaltung der jeweiligen (landes-)gesetzlichen Regelung betroffen sein, z. B. öffentliche Hochschulen, wenn sie nach den Hochschulgesetzen der Länder selbstständige Körperschaften des öffentlichen Rechts und zugleich als staatliche Einrichtungen unmittelbarer Teil der Landesverwaltung sind. Werden diese Einrichtungen in umsatzsteuerlich relevanter Weise tätig, müssen geprüft werden, welchem umsatzsteuerlichen Unternehmen die jeweilige Tätigkeit zuzurechnen ist und welches Unternehmen die daraus resultierenden steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat. Eine janusköpfige Einrichtung, die mehrere steuerlich relevante Tätigkeiten ausführt, kann demnach für unterschiedliche (getrennte) Unternehmen tätig werden. Handelt die Einrichtung für das Unternehmen einer der Gebietskörperschaften Bund oder Länder, würde die Einrichtung als Organisationseinheit i. S. d. § 18 Abs. 4f S. 1 UStG der jeweiligen Gebietskörperschaft tätig. In diesem Fall hat sie grundsätzlich ihre aus der Tätigkeit für eine der genannten Gebietskörperschaften resultierenden steuerlichen Verpflichtungen im Rahmen der dezentralen Besteuerung selbst zu erfüllen. Tätigkeiten, die einem anderen Unternehmen zuzurechnen sind, sind dagegen bei der (einheitlichen) Veranlagung dieses Unternehmens (z. B. des Landkreises oder der Hochschule als selbstständige Körperschaft des öffentlichen Rechts) zu berücksichtigen.[2]

Umgekehrt ist es auch denkbar, dass mehrere Organisationseinheiten an einem Umsatz beteiligt sind. Für diesen Fall regelt das BMF[3], dass die Erklärungspflicht grundsätzlich die Organisationseinheit trifft, die die Leistung ausführt. Als ausführende Stelle kann auch die Organisationseinheit angesehen werden, die dem Leistungsempfänger gegenüber als Schuldner der Leistung und damit nach a...

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