Rz. 148

Die Anlage 2 des UStG hat bei bestimmten land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen Bedeutung für die Höhe der land- und forstwirtschaftlichen Durchschnittssätze nach § 24 UStG. Der Durchschnittssatz der in der Anlage 2 des UStG aufgeführten Sägewerkserzeugnisse (z. B. Schnittholzabfälle, Hobel-, Hack- und Sägespäne) entspricht dem Durchschnittssatz für die meisten landwirtschaftlichen Umsätze. Er beträgt v. 1.1.1994 bis 31.12.2006 9 %, vom 1.1.2007 bis 31.12.2021 10,7 %, vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 9,5 % und ab 1.1.2023 9 % (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG). Im zweiten Halbjahr 2020, als der allgemeine Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) von 19 % auf 16 % und der ermäßigte Steuersatz (§ 12 Abs. 2 UStG) von 7 % auf 5 % abgesenkt worden ist (§ 12 UStG Rz. 30ff.), hat der Gesetzgeber die land- und forstwirtschaftlichen Durchschnittssätze nicht angepasst. Die Absenkungen des landwirtschaftlichen Durchschnittssatzes zum 1.1.2022 auf 9,5 % und zum 1.1.2023 auf 9 % gehen auf eine Umstellung der Ermittlung der Durchschnittssätze zurück (§ 12 UStG Rz. 74). Insbesondere der Bundesrechnungshof hatte wiederholt darauf hingewiesen, dass der Durchschnittssatz für landwirtschaftliche Umsätze und der korrespondierende Vorsteuerabzug nach seinen Berechnungen bereits seit Jahren zu hoch angesetzt worden ist. Auch um Konflikte mit dem Unionsrecht aus dem Wege zu gehen, hat der Gesetzgeber daraufhin in § 24 UStG einen neuen Absatz 5 angefügt.[1] Nach § 24 Abs. 5 UStG überprüft das BMF jährlich die Höhe des Durchschnittssatzes i. S. d. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und S. 3 UStG und berichtet dem Deutschen Bundestag über das Ergebnis der Überprüfung. Soweit danach eine Anpassung des Durchschnittssatzes erforderlich ist, legt die Bundesregierung kurzfristig einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Die Überprüfung durch das BMF hat dazu geführt, dass der Durchschnittssatz für landwirtschaftliche Erzeugnisse zunächst mWv 1.1.2022 von 10,7 % auf 9,5 % herabgesetzt worden ist.[2] Als Ergebnis der weiteren Prüfung durch das BMF wurde der Durchschnittssatz für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse nochmals mWv 1.1.2023 von 9,5 % auf 9 % herabgesetzt.[3] Für die in der Anlage 2 des UStG nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse gilt ein dem allgemeinen Steuersatz entsprechender Durchschnittssatz (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG).

 

Rz. 148a

Durch die Richtlinie (EU) 2022/542 des Rates v. 5.4.2022 zur Änderung der Richtlinien 2006/112/EG und (EU) 2020/285 in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze.[4] ist das Unionsrecht mWv 6.4.2022 hinsichtlich der Anwendung ermäßigter Steuersätze umfassend neu gefasst worden. Den EU-Mitgliedstaaten ist ein größerer Spielraum eingeräumt worden, ermäßigte und stark ermäßigte Steuersätze oder Nullsteuersätze anzuwenden (§ 12 UStG Rz. 91 und 106i ff.). Unter anderem können die EU-Mitgliedstaaten ab dem 6.4.2022 Steuerermäßigungen auf die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind, gewähren. Laut Frage 38b einer Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an die Bundesregierung mit dem Titel "Neue Handlungsspielräume bei Umsatzsteuersätzen" (§ 12 UStG Rz. 106m) wollten die Fragesteller wissen, ob die Bundesregierung beabsichtige, in diesem Zusammenhang die letzte Steuererhöhung für pauschalierende Landwirte mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht (Rz. 148) rückgängig zu machen. Die Bundesregierung antwortete, dass mit dem Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht keine Steuererhöhung für pauschalierende Landwirte erfolgt sei. Vielmehr habe der Gesetzgeber den Durchschnittssatz für Landwirte auf den zutreffenden Wert angepasst. Dadurch werde unionsrechtlichen Vorgaben entsprochen und sichergestellt, dass ein Landwirt keine USt einbehält, in deren Höhe keine korrespondierende Vorsteuerbelastung existiere.[5]

 

Rz. 149

Für die in der Anlage 2 des UStG nicht aufgeführten Getränke (z. B. Wein, Bier, Traubenmost, Frucht- und Gemüsesäfte) sowie alkoholische Flüssigkeiten (z. B. reiner Alkohol) entspricht der Durchschnittssatz ebenfalls dem allgemeinen Steuersatz (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG), während für die wenigen in der Anlage 2 des UStG aufgeführten Getränke (z. B. Milch, Milchmischgetränke) derselbe Durchschnittssatz wie für die meisten landwirtschaftlichen Erzeugnisse gilt.

 

Rz. 150

Seit dem 1.1.1995 enthält auch § 25a UStG Bezugnahmen auf die Anlage bzw. Anlage 2 des UStG. Nach § 25a Abs. 2 Nr. 1 UStG kann ein Wiederverkäufer die Differenzbesteuerung auch auf Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten anwenden, die er selbst eingeführt hat. Dabei sind Kunstgegenstände als Gegenstände i. S. d. Nr. 53 der Anlage bzw. der Anlage 2 des UStG und Sammlungsstücke als Gegenstände i. S. d. Nr. 49 Buchst. f und Nr. 54 der Anlage bzw. der Anlage 2 des UStG definiert. Da dieses Wahlrecht aber auch für gewöhnliche Antiquitäten (Position 9706 des Zolltarifs) gilt, hat die Abgrenzung von Kunstgegens...

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