(1) Die zuständigen Behörden eines Aufnahmemitgliedstaats können in Fällen, in denen Artikel 112 Absatz 1 Anwendung findet, bei der konsolidierenden Aufsichtsbehörde und andernfalls bei den zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats beantragen, dass eine Zweigstelle eines Kreditinstituts als bedeutend angesehen wird.

In dem Antrag werden die Gründe dafür genannt, warum die Zweigstelle als bedeutend angesehen werden soll, wobei insbesondere berücksichtigt wird,

 

a)

ob der Marktanteil der Zweigstelle im Aufnahmemitgliedstaat, gemessen an den Einlagen, 2 % übersteigt,

 

b)

wie sich eine Aussetzung oder Einstellung der Tätigkeit des Instituts voraussichtlich auf die Systemliquidität sowie die Zahlungsverkehrs- und die Clearing- und Abwicklungssysteme im Aufnahmemitgliedstaat auswirken würde,

 

c)

welche Größe und Bedeutung die Zweigstelle, gemessen an der Kundenzahl, innerhalb des Bank- bzw. Finanzsystems des Aufnahmemitgliedstaats hat.

Die zuständigen Behörden des Herkunfts- und des Aufnahmemitgliedstaats und – sofern Artikel 112 Absatz 1 Anwendung findet – die konsolidierende Aufsichtsbehörde setzen alles daran, bei der Einstufung einer Zweigstelle als bedeutend zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen.

Wird innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt eines Antrags gemäß Unterabsatz 1 keine gemeinsame Entscheidung erzielt, so entscheiden die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats innerhalb von weiteren zwei Monaten selbst, ob die Zweigstelle bedeutend ist. Bei ihrer Entscheidung tragen die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats etwaigen Auffassungen und Vorbehalten der konsolidierenden Aufsichtsbehörde oder der zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats Rechnung.

Die Entscheidungen gemäß den Unterabsätzen 3 und 4 werden in einem Dokument dargelegt und umfassend begründet, den betroffenen zuständigen Behörden übermittelt und von den zuständigen Behörden in den betroffenen Mitgliedstaaten als maßgebend anerkannt und angewandt.

Die Einstufung einer Zweigstelle als bedeutend lässt die Rechte und Pflichten der zuständigen Behörden aufgrund dieser Richtlinie unberührt.

 

(2) Die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats übermitteln den zuständigen Behörden eines Aufnahmemitgliedstaats, in dem eine bedeutende Zweigstelle errichtet wird, die Informationen nach Artikel 117 Absatz 1 Buchstaben c und d und nehmen die Aufgaben nach Artikel 112 Absatz 1 Buchstabe c genannten in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats wahr.

Erhält die zuständige Behörde eines Herkunftsmitgliedstaats Kenntnis von einer Krisensituation im Sinne des Artikels 114 Absatz 1, warnt sie unverzüglich die in Artikel 58 Absatz 4 und Artikel 59 Absatz 1 genannten Stellen.

Die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats übermitteln den zuständigen Behörden der Aufnahmemitgliedstaaten, in denen bedeutende Zweigstellen bestehen, die Ergebnisse der Risikobewertungen der Institute mit derartigen Zweigstellen gemäß Artikel 97 und gegebenenfalls Artikel 113 Absatz 2. Sie übermitteln außerdem Entscheidungen aufgrund der Artikel 104 und 105, soweit diese Bewertungen und Entscheidungen für die betreffenden Zweigstellen relevant sind.

Die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats konsultieren die zuständigen Behörden der Aufnahmemitgliedstaaten, in denen bedeutende Zweigstellen bestehen, in Bezug auf die gemäß Artikel 86 Absatz 11 erforderlichen operativen Maßnahmen, sofern dies für die Liquiditätsrisiken aus der Währung des Aufnahmemitgliedstaats relevant ist.

Falls die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats nicht konsultiert haben oder falls die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats nach einer derartigen Konsultation daran festhalten, dass die nach Artikel 86 Absatz 11 erforderlichen operative Maßnahmen nicht angemessen sind, können die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats die Angelegenheit gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 an die EBA verweisen und diese um Unterstützung bitten.

 

(3) Findet Artikel 116 keine Anwendung, so richten die zuständigen Behörden, die ein Institut mit bedeutenden Zweigstellen in anderen Mitgliedstaaten beaufsichtigen, unter eigenem Vorsitz ein Aufsichtskollegium ein, um die Zusammenarbeit gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels und gemäß Artikel 50 zu erleichtern. Die Modalitäten für die Einrichtung und Arbeitsweise des Kollegiums werden nach Konsultation der betroffenen zuständigen Behörden von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats schriftlich festgelegt. Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats entscheidet, welche zuständigen Behörden an einer Sitzung oder einer Tätigkeit des Kollegiums teilnehmen.

Bei der Entscheidung der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats werden die Relevanz der zu planenden oder zu koordinierenden Aufsichtstätigkeit für die betreffenden Behörden, insbesondere die möglichen Auswirkungen auf die Stabilität des Fina...

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