Rz. 450

Voraussetzung für die Anwendung des § 6 Abs. 2 EStG ist, dass

  • ein bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens angeschafft, hergestellt, eingelegt, eingebracht oder zur Erzielung von Einkünften umgewidmet wird[1]
  • das Wirtschaftsgut einer selbstständigen Nutzung fähig ist[2]
  • die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ausschließlich USt oder der Einlagewert 800 EUR (bis Vz 2017: 410 EUR) nicht übersteigen[3] und
  • das Wirtschaftsgut in ein besonderes Konto in der Buchführung für geringwertige Wirtschaftsgüter oder in ein besonderes, fortlaufend geführtes Bestandsverzeichnis i. S. v. § 6 Abs. 2 S. 4, 5 EStG aufgenommen wird.[4] Diese Aufzeichnungspflichten gelten für Werte ab 250 EUR. Sie greifen immer dann ein, wenn der Stpfl. die Sofortabschreibung in Anspruch genommen hat.

21.2.1 Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

 

Rz. 451

Nur bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind begünstigt. Dazu gehören körperliche Gegenstände, Maschinen, Betriebsvorrichtungen, Werkzeuge, Einrichtungsgegenstände sowie neu und gebraucht erworbene Wirtschaftsgüter, nicht aber immaterielle Wirtschaftsgüter. Die Unterscheidung zwischen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern ist wesentlich für Computerprogramme. Der BFH[1] sieht sowohl Anwender- als auch Systemsoftware grundsätzlich als immaterielle Wirtschaftsgüter an. Die Verwaltung[2] nimmt hiervon Trivialprogramme aus und ordnet sie den abnutzbaren und selbstständig nutzungsfähigen Wirtschaftsgütern zu. Computerprogramme, deren Anschaffungskosten nicht mehr als 410 EUR betragen, sind nach Auffassung der Verwaltung stets Trivialprogramme.[3] Das Gleiche gilt für Datenbanken wie z. B. CD-ROM.[4] Computerprogramme im Wertbereich zwischen 411 EUR und 1.000 EUR können nicht in einen Sammelposten für geringwertige Wirtschaftsgüter i. S. von § 6 Abs. 2a EStG einbezogen werden. Als immaterielle Wirtschaftsgüter gehören sie nicht zu den beweglichen Wirtschaftsgütern.[5]

Die Bedeutung dieser Einstufung als Trivialprogramme dürfte faktisch überholt sein. Ab 2021 lässt die Finanzverwaltung[6] für PC-Hardware und -Software eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zu. Damit entfällt die Notwendigkeit, das Bewertungswahlrecht nach § 6 Abs. 2 EStG oder § 6 Abs. 2a EStG für derartige Programme in Anspruch zu nehmen. Zu den Einzelheiten und der handelsrechtlichen Problematik siehe Rz. 89a.

Mit einem weiteren Schreiben v. 26.4.2022 geht die Finanzverwaltung u. a. auf Fragen der Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft ein.[7]

[4] R 5.5 Abs. 1 S. 3 EStR 2012: wie Trivialprogramme zu behandeln.
[6] BMF v. 26.6.2021, IV C 3 – S 2190/21/10002:013, BStBl I 2021, 298; ersetzt durch BMF v. 22.2.2022,IV C 3 – S 2190/21/10002:025, BStBl I 2022 S. 187; Häsner/Preil/Weinhold, DStR 2022, 1345.
[7] BMF v. 26.4.2022, IV C 3 – S 2190/21/10002:028; Feuerstack, DStR 2022, 974.

21.2.2 Selbstständige Nutzungsfähigkeit

 

Rz. 452

Ein Wirtschaftsgut ist nach § 6 Abs. 2 S. 2 EStG einer selbstständigen Nutzung nicht fähig, mit der Folge, dass es nicht sofort abgeschrieben werden kann bzw. muss, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in einen Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind. Das gilt nach § 6 Abs. 2 S. 3 EStG auch dann, wenn das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Nutzungszusammenhang gelöst und in einen anderen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt werden kann. Für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut einer selbstständigen Nutzung fähig ist, kommt es entscheidend darauf an, ob eine jederzeitige Trennbarkeit ohne Verlust der selbstständigen Nutzungsfähigkeit auch nur eines Teils im Betrieb möglich ist.[1] Der BFH hat hierzu Folgendes ausgeführt: "Ob ein Wirtschaftsgut nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern und nicht für sich allein nutzbar ist, beurteilt sich nach der konkreten Zweckbestimmung in dem Betrieb des Stpfl. Eine Einfügung in einen betrieblichen Nutzungszusammenhang ist anzunehmen, wenn die in dem Nutzungszusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter nach außen als einheitliches Ganzes in Erscheinung treten, wobei die Festigkeit, technische Gestaltung und Dauer der Verbindung von Bedeutung sein können. Eine Verbindung, die die selbstständige Nutzbarkeit ausschließt, ist im Allgemeinen immer schon dann anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter über die einheitliche Zweckbestimmung durch den Stpfl. in seinem Betrieb hinaus durch eine technische Verbindung und "Verzahnung" in der Weise verflochten sind, dass es durch die Trennung eines der Teile seine Nutzbarkeit im Betrieb verliert, d. h. ihm außerhalb des bisherigen Nutzungszusammenhangs keine körperliche Funktion zukommt; dabei ist eine dauerhafte und feste körperliche Verbindung nicht unbed...

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