Rz. 446a

Die Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter war durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007[1] in § 6 Abs. 2, 2a EStG mit Wirkung zum 1.1.2008 neu geregelt worden. Die bis dahin geltende Regelung für Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zu 410 EUR und dem Wahlrecht zum Sofortabzug galt nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG nur noch für den Bereich der Überschusseinkünfte. Ebenso blieb die bisherige Grenze von 410 EUR für Zwecke der InvZul erhalten.[2] Für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens war statt des bisherigen Wahlrechts ein obligatorischer Sofortabzug eingeführt worden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. der steuerliche Einlagewert ohne Vorsteuer i. S. v. § 9b EStG für das einzelne Wirtschaftsgut 150 EUR nicht übersteigen. Vorsteuerbeträge sind für die Ermittlung der 150-EUR-Grenze abzuziehen, auch wenn sie nicht nach § 15 UStG abgezogen werden können. Die bis dahin geltenden Aufzeichnungspflichten in § 6 Abs. 2 S. 4, 5 EStG waren entfallen. Die Kosten konnten auf einem beliebigen Aufwandskonto gebucht werden, eine besondere Auflistung ist nicht erforderlich. Ziel der Neuregelung sollte nämlich ein Vereinfachungseffekt sein.[3]

 

Rz. 446b

Für ab dem 1.1.2010 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter war durch § 6 Abs. 2 und 2a EStG i. d. F. des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes v. 22.12.2009[4] das Wahlrecht zum Sofortabzug von geringwertigen Wirtschaftsgütern bis 410 EUR wieder eingeführt und außerdem die Bildung eines Sammelpostens bei Werten von mehr als 150 EUR und bis zu 1.000 EUR als Wahlrecht ausgestaltet worden. Mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen v. 27.6.2017[5] mit Wirkung ab Vz 2018 wurde der Wert nach § 6 Abs. 2 EStG von 410 EUR auf 800 EUR und der Wert nach § 6 Abs. 2a EStG von 150 EUR auf 250 EUR angehoben.

 

Rz. 446c

Handelsrechtlich wird die Bildung eines Sammelpostens i. S. v. § 6 Abs. 2a EStG – vor dem Hintergrund der damit verbundenen wirtschaftlichen Vereinfachungen – für Zwecke der Vereinfachung ausnahmsweise nach § 252 Abs. 2 HGB als zulässig angesehen. Eine gesetzliche Verankerung ist dabei nicht für erforderlich gehalten worden, da davon auszugehen sein dürfte, dass sich die Handhabung in der handelsrechtlichen Bilanzierung zu einem Grundsatz ordnungsmäßiger Bilanzierung entwickelt.

 

Rz. 447

Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind, können im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung, Einlage oder Eröffnung des Betriebs in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b EStG), oder der an deren Stelle tretende Einlagewert für das einzelne Wirtschaftsgut 800 EUR nicht übersteigen. Zweck dieser Regelung ist es, Stpfl. und FA die Arbeit zu erleichtern. Buchführung und Bilanz sollen nicht mit Massen von geringwertigen Wirtschaftsgütern belastet werden.[6]

 

Rz. 448

§ 6 Abs. 2 EStG gibt dem Stpfl. ein Wahlrecht, entweder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von geringwertigen Wirtschaftsgütern sofort als Betriebsausgaben abzusetzen oder den Aufwand nach § 7 EStG im Wege der AfA auf die voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen. Die Wahlmöglichkeit zwischen Sofortabschreibung und Aktivierung mit Aufwandsverteilung ergänzt rechtssystematisch § 7 EStG.[7] Die Wahl muss im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung getroffen werden.[8] Bilanzierende müssen ihre Wahl aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes nach § 5 Abs. 1 S. 2 EStG in ihrer Handelsbilanz ausüben. Im Fall der Sofortabschreibung müssen die gesamten Aufwendungen im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe abgesetzt werden.[9] Die Wahl kann nicht in einem auf die Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahr nachgeholt werden.[10] Die Sofortabschreibung kann nicht für Wirtschaftsgüter gewählt werden, die von einem Festwert (Rz. 48ff.) erfasst werden. Ein Landwirt kann allerdings für Neuzugänge im Viehbestand die Sofortabschreibung wählen, wenn er für das bereits vorhandene Vieh eine Gruppenbewertung vorgenommen hat.[11]

 

Rz. 449

Die Sofortabschreibung nach § 6 Abs. 2 EStG können alle Stpfl. mit Gewinneinkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit in Anspruch nehmen, auch solche, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.[12] Sie gilt auch für den Werbungskostenabzug bei Einkünften aus Kapitalvermögen, nicht selbstständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Sie gilt weiterhin für aus dem Privatvermögen eingelegte Wirtschaftsgüter und solche, die erst später in Arbeitsmittel i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG umgewidmet worden sind (§ 9 EStG Rz. 240).[13] Sofort abgeschriebene Wirtschaftsgüter mit einem Wert von mehr als 250 (bei Anschaffungen bis zum 31.12.2017 von mehr als 150 EUR) müssen nach § 6 Abs. 2...

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