Rz. 16

Nach allgemeiner Ansicht werden Betriebsveräußerungs- und -aufgabegewinne bei natürlichen Personen und Personenvereinigungen grundsätzlich gewerbesteuerlich nicht erfasst[1]. Dies geht im Wesentlichen auf die Rspr. des Preußischen Oberverwaltungsgerichts zurück, wonach aus dem Objektsteuercharakter der GewSt folge, dass Gewerbeertrag nur sei, was der bestehende Gewerbebetrieb hervorbringe[2]. Dabei wird unbeachtet gelassen, dass die bei der Betriebsveräußerung und -aufgabe erzielten Gewinne jedenfalls z. T. lediglich ein verspäteter Ausweis früher nicht erfasster, weil nach bilanzieller Betrachtung nicht realisierter Gewinne sind, ihrer Belastung mit GewSt somit der Objektsteuercharakter nicht zwingend entgegensteht. Für die gewerbesteuerliche Belastung ist deshalb insbesondere bei der Betriebsaufgabe die Zuordnung von Veräußerungsvorgängen zum Aufgabegewinn oder zum laufenden Gewinn wesentlich[3].

§ 7 S. 2 GewStG ordnet einzelgesetzlich in bestimmten Fällen Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen an. Zum Gewerbeertrag gehören danach insbesondere Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs oder Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft sowie von Mitunternehmeranteilen, soweit die Gewinne nicht auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfallen.[4]

 

Rz. 17

Dies gilt allerdings nicht für die einer Teilbetriebsveräußerung gleichgestellte Veräußerung einer 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; bei Einfügung dieser Tatbestandsvariante in § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch das Steueränderungsgesetz 1965[5] habe der Gesetzgeber keine Gewerbesteuerfreiheit begründen wollen, wie sich aus der lediglich fiktiven Gleichstellung mit der Teilbetriebsveräußerung ergebe[6].

Die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile aus einer früheren Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ist hingegen selbst dann nicht gewerbesteuerlich zu erfassen, wenn die Anteile zum Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft gehörten[7].

 

Rz. 18

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder einer betrieblichen Beteiligung gehört bei Kapitalgesellschaften zum Gewerbeertrag[8], sofern es sich nicht um eine Beteiligung an einer Personengesellschaft handelt[9].

Im Fall einer Organschaft sind Veräußerungs- oder Aufgabevorgang im Betriebsvermögen des Organs beim Organträger auch dann nicht von der GewSt verschont, wenn dieser eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist. Dies soll sich aus dem (formalen) Grund ergeben, dass das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger insgesamt und ohne Unterscheidung nach laufenden oder außerordentlichen Gewinnen zugerechnet wird[10].

Der Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 Abs. 2 S. 3 EStG (Personenidentität bei Veräußerungsgeschäften) unterliegt indes stets der Gewerbesteuerpflicht[11].

[2] RFH v. 29.6.1938, VI 395/38, RStBl 1938, 911.
[4] BFH v. 19.9.2019, IV R 50/16, BFH/NV 2020, 148: Aufgabe eines Mitunternehmeranteils; Riedesser, NWB 2020, 1918.
[5] BGBl I 1965, 377.
[9] BFH v. 25.3.1962, I R 78/61 S, BStBl III 1962, 438; BFH v. 15.6.2004, VIII R 7/01, BStBl II 2004, 754, BFH/NV 2004, 1189.
[10] BFH v. 22.1.2004, III R 19/02, BStBl II 2004, 515, BFH/NV 2004, 724; Heger, jurisPR-SteuerR 5/2004 Anm. 3, bestritten.

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