Entscheidungsstichwort (Thema)

GewSt-Pflicht der Veräußerung von Anteilen an der Organgesellschaft im Rahmen einer Mehrmütterorganschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Veräußern zwei gewerbliche Unternehmen die im Rahmen einer sog. Mehrmütterorganschaft gehaltenen Anteile an einer Organgesellschaft, so ist der Veräußerungsgewinn nicht etwa wegen der mit der Veräußerung einhergehenden Beendigung der zwischengeschalteten Beherrschungs-GbR steuerfrei, sondern gehört zum Gewerbeertrag der Organträgerinnen.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2, § 7

 

Verfahrensgang

FG Münster (EFG 1999, 1302)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist aufgrund Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin einer Personenhandelsgesellschaft, die in dem hier maßgeblichen Zeitraum 1976 bis 1982 in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft (im Folgenden: OHG) auf dem Gebiet der Produktion und des Vertriebs von Strickwaren tätig war. Sie hielt u.a. jeweils 100 v.H. des Stammkapitals der F GmbH (im Folgenden: F) und der F-R GmbH (im Folgenden: F-R). Diese waren Organgesellschaften der OHG im Rahmen einer ―soweit hier von Bedeutung― gewerbesteuerlichen Organschaft.

Die F und die F-R waren ihrerseits je zur Hälfte am Stammkapital der A Wohnungs- und Grundstücksgesellschaft mbH (im Folgenden: GmbH) beteiligt. Zweck der GmbH war die Verwaltung des Grundvermögens des F-Konzerns sowie die Einrichtung und Vermietung von Werkswohnungen. Die Beteiligung an der GmbH bilanzierten F und F-R zum 31. Dezember 1981 mit 252 884 DM bzw. 252 864 DM.

Am 27. Dezember 1976 schlossen F und F-R als Organträger mit der GmbH als Organgesellschaft einen Beherrschungs- und Ergebnisübernahmevertrag (im Folgenden: Beherrschungsvertrag). Eine notarielle Beurkundung des gleichzeitig gefassten Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung der GmbH unterblieb. Der Beherrschungsvertrag wurde nicht in das Handelsregister eingetragen.

Mit Vertrag vom gleichen Tage gründeten F und F-R eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR) als Innengesellschaft mit dem Zweck, Träger der gemeinsamen Willensbildung der Gesellschaften zur Beherrschung der GmbH zu sein. Die GbR übte keine eigene gewerbliche Tätigkeit aus. Sie führte keine Bücher. Die Ergebnisse der GmbH wurden stets unmittelbar in die gesonderten und einheitlichen Feststellungen der GbR übernommen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) setzte für die GbR einheitliche Gewerbesteuermessbeträge auf der Grundlage des Gewerbeertrags der GmbH fest.

Mit notariellem Vertrag vom 30. Dezember 1982 veräußerten F und F-R ihre Anteile am Stammkapital der GmbH mit Wirkung zum 31. Dezember 1982 für 7 Mio. DM . Den Veräußerungsgewinn in unstreitiger Höhe von 3 232 143 DM für F und 3 247 135 DM für F-R (insgesamt 6 479 278 DM) erfassten diese in ihrer jeweiligen Jahresrechnung. Die GbR stellte mit der Anteilsveräußerung wegen Erledigung ihres einzigen Gesellschaftszwecks den Betrieb ein.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erfasste das FA bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags der OHG für das Jahr 1982 (Streitjahr) den Veräußerungsgewinn der F und der F-R als steuerpflichtigen Gewerbeertrag der OHG als Organträgerin.

Der Einspruch mit dem Antrag, den Veräußerungsgewinn entsprechend Abschn. 39 Abs. 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 1978 (heute Abschn. 38 Abs. 3 GewStR 1998) steuerfrei zu belassen, blieb in der Sache erfolglos. Zur Begründung führte das FA im Wesentlichen aus: Die Beteiligungen an der GmbH hätten nicht zum Betriebsvermögen der GbR gehört, sondern seien notwendiges Betriebsvermögen der F und der F-R geblieben. Die GbR habe kein gewerbliches Unternehmen betrieben. Die Anteile an der GmbH seien ihr auch nicht zur Nutzung überlassen worden. Zweck der GbR sei lediglich die gemeinsame Willensbildung ihrer Gesellschafter gewesen. Es habe sich um eine reine Innengesellschaft gehandelt. Daher seien die GmbH-Anteile auch von F und F-R zutreffend in ihren Handels- und Steuerbilanzen erfasst worden.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1999, 1302).

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, die auf Verfahrensfehler und die Verletzung materiellen Rechts gestützt ist.

Die Klägerin beantragt, den angefochtenen Gerichtsbescheid und die Einspruchsentscheidung des FA vom 25. Januar 1994 aufzuheben und unter Änderung des Bescheides vom 14. Januar 1987 den festgesetzten Gewerbesteuermessbetrag 1982 auf 130 426 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das Finanzgericht (FG) hat zutreffend angenommen, dass das FA zu Recht den Gewerbeertrag der OHG als Rechtsvorgängerin der Klägerin um die bei F und F-R angefallenen Gewinne aus der Veräußerung ihrer Anteile an der GmbH erhöht hat.

1. Nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt oder vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Zu dem nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnden Gewinn gehört grundsätzlich auch der Gewinn aus der Veräußerung von zum Betriebsvermögen gehörenden Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, es sei denn, die Anteile werden im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder einer Betriebsaufgabe veräußert oder entnommen (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 1. Juli 1992 I R 5/92, BFHE 169, 224, BStBl II 1993, 131, m.w.N.).

Die Einwände, die die Klägerin hiergegen erhebt, greifen nicht durch.

a) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften einerseits und Anteilen an Personengesellschaften andererseits verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Die beiden Beteiligungsformen weisen Unterschiede auf, die eine Differenzierung in der Besteuerung der Anteilsveräußerung rechtfertigen.

aa) Bis zur Veräußerung des Anteils erhöhen Gewinne aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft das Einkommen des Anteilseigners nur insoweit, als sie ausgeschüttet werden. Demgegenüber fließt der von einer Mitunternehmerschaft erzielte Gewinn unabhängig von seiner Ausschüttung unmittelbar in den Gesamtbetrag der Einkünfte des Gesellschafters ein. Die steuerliche Behandlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Kapitalanteils trägt der Tatsache Rechnung, dass durch die Veräußerung auch die seit der Anschaffung der Beteiligung gebildeten Rücklagen vom Erwerber vergütet werden. Das entspricht dem Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

bb) Auch die grundsätzliche Gewerbesteuerpflicht der Veräußerung eines im Betriebsvermögen gehaltenen Gesellschaftsanteils entspricht dem Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Der Hinweis der Klägerin, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft generell nicht den Gewerbeertrag des Mutterunternehmens erhöhe, trifft so allgemein ausgedrückt nicht zu. So führt die Veräußerung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, sofern er in einem Betriebsvermögen gehalten wird, zu einem laufenden Gewinn mit der Folge, dass weder die einkommensteuerliche Tarifbegünstigung noch die Gewerbesteuerfreiheit in Betracht kommt (BFH-Urteile vom 11. Juli 1996 IV R 103/94, BFHE 181, 45, BStBl II 1997, 39, und vom 10. Dezember 1998 III R 62/97, BFH/NV 1999, 1067, Abschn. II. Nr. 4. b, jeweils m.w.N.). Es gilt demnach die Regel, dass die Veräußerung von im Betriebsvermögen gehaltenen Beteiligungen, ebenso wie die Veräußerung anderer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens der Gewerbesteuer unterliegt, sofern es sich nicht um die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils handelt. Fraglich könnte nur sein, ob die von der Rechtsprechung für die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gemachte Ausnahme zu rechtfertigen ist. Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass der aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils resultierende Gewinn allenfalls im Gewerbeertrag der Personengesellschaft, jedoch keinesfalls beim Mutterunternehmen zu berücksichtigen wäre (BFH-Urteil vom 25. Mai 1962 I R 78/61 S, BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438, unter allerdings einverständlicher Abweichung vom Senatsurteil vom 28. November 1957 IV 582/56 U, BFHE 66, 100, BStBl III 1958, 40). Im Gewerbeertrag der Personengesellschaft wird er deshalb nicht erfasst, weil die im Rahmen der Gesellschaft ausgeübte (mit-)unternehmerische Betätigung des Gesellschafters mit der Veräußerung des Anteils endet. So verhält es sich bei der Veräußerung des Anteils an einer Kapitalgesellschaft nicht. Bei der Kapitalgesellschaft als solcher kommt es zu keiner Gewinnauswirkung, wenn ein Anteilseigner seinen Anteil an ihr veräußert. Sie besteht unverändert weiter. Auch das Mutterunternehmen wird durch die Veräußerung der Beteiligung nicht ―oder jedenfalls nicht notwendigerweise― beendet. Wollte man in der Gewerbesteuerfreiheit des bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils anfallenden Gewinns eine ungerechtfertigte Bevorzugung sehen, müsste man zur ursprünglichen Rechtsprechung des Senats (Urteil in BFHE 66, 100, BStBl III 1958, 40) zurückkehren. Der Streitfall, in dem es um die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft geht, bietet aber keine Veranlassung, diese Frage zu erörtern.

b) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen erhöht auch der aus der Veräußerung einer Organbeteiligung resultierende Gewinn den Gewerbeertrag des Organträgers (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1971 VIII R 3/70, BFHE 105, 31, BStBl II 1972, 468). Allerdings gilt die Organgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des Organträgers. Demgemäß sind die während des Bestehens der Organschaft erzielten, aber nicht ausgeschütteten Gewinne regelmäßig beim Organträger besteuert worden. Um eine steuerliche Doppelbelastung zu vermeiden, sind bei der Veräußerung einer Organbeteiligung durch den Organträger diese Gewinne bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Veräußerungsjahres wieder abzuziehen (BFH-Urteil vom 23. Januar 1992 XI R 47/89, BFHE 167, 158, BStBl II 1992, 630, Abschn. II. Nr. 1. c; ebenso Abschn. 42 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1978, heute Abschn. 41 Abs. 1 Satz 7 GewStR 1998). Damit ist den Besonderheiten der Organschaft Rechnung getragen.

c) Die Gewinne aus der Veräußerung der streitigen GmbH-Anteile sind auch nicht etwa deshalb aus dem Gewerbeertrag der Firmen F und F-R herauszunehmen, weil es sich um die Veräußerung eines Teilbetriebs gehandelt hätte. Allerdings gilt nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb. Diese Fiktion ist nach Auffassung des BFH im Gewerbesteuerrecht nicht anzuwenden (BFH-Urteil in BFHE 169, 224, BStBl II 1993, 131, m.w.N.). Auf die an dieser Rechtsprechung geübte Kritik (z.B. Rose, Finanz-Rundschau ―FR― 1993, 253; Peuker in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, § 7 Rdnr. 55) ist im Streitfall nicht einzugehen, da F und F-R jeweils nur 50 v.H. des Nennkapitals an der GmbH gehalten haben. Die beiden Beteiligungen sind auch nicht etwa deshalb zusammenzurechnen, weil F und F-R ihrerseits mit der Klägerin als Organträgerin organschaftlich verbunden waren. Trotz der Fiktion, dass die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers anzusehen ist, bilden die Organgesellschaften und der Organträger kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbständige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie; zur insoweit ständigen Rechtsprechung BFH-Urteile vom 17. Februar 1972 IV R 17/68, BFHE 105, 383, BStBl II 1972, 582; vom 6. November 1985 I R 56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73; zuletzt vom 28. Oktober 1999 I R 111/97, BFH/NV 2000, 896, m.w.N.).

d) Unerheblich für die Lösung des Streitfalls ist die Kritik der Klägerin an der Rechtsprechung des BFH, der zufolge bei einer Kapitalgesellschaft auch Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben und Teilbetrieben dem Gewerbeertrag zuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 28. Februar 1990 I R 92/86, BFHE 160, 262, BStBl II 1990, 699; offen lassend BFH-Urteil vom 27. März 1996 I R 89/95, BFHE 181, 499, BStBl II 1997, 224). Wie vorstehend festgestellt haben F und F-R keinen Teilbetrieb veräußert.

2. Die Klägerin kann sich ferner nicht darauf berufen, dass der Gewerbeertrag gemäß § 9 Nr. 2 a GewStG um den sich aus der Veräußerung der Beteiligung ergebenden Gewinn zu kürzen sei. Die genannte Vorschrift sieht eine Kürzung der Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG vor, an der das Unternehmen zu Beginn des Erhebungszeitraums mit einem bestimmten Mindestanteil (früher 25 v.H., heute 10 v.H.) am Grund- oder Stammkapital beteiligt ist, wenn die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG) angesetzt worden sind. Aus dieser Fassung des Gesetzes ergibt sich eindeutig, dass nur von der Kapitalgesellschaft ausgeschüttete Gewinnanteile begünstigt sein sollen. Der Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist indes kein von der Kapitalgesellschaft ausgeschütteter Gewinn im Sinne der genannten Vorschrift. Er entsteht vielmehr originär beim Gesellschafter (BFH-Urteil vom 2. Februar 1972 I R 217/69, BFHE 105, 35, BStBl II 1972, 470).

3. Der Senat kann der Klägerin auch nicht in der Auffassung folgen, die streitigen Veräußerungsgewinne unterlägen deshalb nicht der Gewerbesteuer, weil sie der GbR als Organträgerin zuzurechnen und bei dieser nach Beendigung der gewerblichen Tätigkeit angefallen seien. Der Auffassung der Klägerin liegt die Erwägung zugrunde, dass F und F-R die in ihren jeweiligen Betriebsvermögen gehaltenen Anteile an der GmbH (Organgesellschaft) der GbR zur Ausübung ihrer Organträgerfunktion überlassen hätten. Die GmbH-Anteile stellten dann Sonderbetriebsvermögen I bei der GbR dar (Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 24. April 1991 II B 99/90, BFHE 164, 458, BStBl II 1991, 623). Zumindest seien die GmbH-Anteile von F und F-R unmittelbar zur Begründung ihrer Beteiligung an der GbR eingesetzt worden. Sie seien somit jedenfalls Sonderbetriebsvermögen II.

Die GbR war indessen nicht Organträger. Organträger waren ―wenn man in Übereinstimmung mit dem FG und den Beteiligten formellen Zweifeln an der Wirksamkeit des Beherrschungsvertrages keine Bedeutung beimisst― vielmehr ausschließlich F und F-R.

a) Die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft knüpfen hinsichtlich des Erfordernisses der Eingliederung und der Organträgerschaft an die des § 14 Nr. 1 und 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) an. Nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis können die Eingliederungsvoraussetzungen auch in der Form einer Mehrmütterorganschaft erfüllt werden (zuletzt BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 I R 43/97, BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695, m.w.N.; Abschn. 17 Abs. 6 GewStR 1978, nunmehr Abschn. 14 Abs. 6 GewStR 1998). Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann das nur in der Weise geschehen, dass sich die jeweiligen Mutterunternehmen zu einem besonderen gewerblichen Unternehmen zusammenschließen. Geschehe dies in Form einer GbR, so könne diese nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 25. Juni 1957 I 22/55 U (BFHE 66, 449, BStBl III 1958, 174) als gewerbliches Unternehmen angesehen werden, wenn alle Gesellschafter einen Gewerbebetrieb unterhielten. In diesen Fällen bestehe der Organkreis rechtssystematisch aus der GbR und der Kapitalgesellschaft. Von dieser Auffassung ist in der Vergangenheit auch der BFH ausgegangen (Urteil vom 14. April 1993 I R 128/90, BFHE 171, 223, BStBl II 1994, 124, m.w.N.).

b) Allerdings hat der I. Senat des BFH das Erfordernis der Zwischenschaltung einer GbR als Organträgerin mit seinem Urteil in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695 aufgegeben. Er hat damit dem Umstand Rechnung getragen, dass die früher im Gesellschaftsrecht vertretene Auffassung, es bestehe im Falle einer Mehrmütterorganschaft ausschließlich ein Abhängigkeitsverhältnis zu der zwischen den Mutterunternehmen gebildeten GbR, als überholt angesehen wird (vgl. Zitate im Urteil in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695). Der Entscheidung des I. Senats zufolge ist die Gründung einer GbR nur eine von verschiedenen Möglichkeiten, rechtliche und/oder tatsächliche Vorkehrungen zur Bildung eines Gesamtwillens der verschiedenen Mutterunternehmen zu treffen. Sofern die GbR nur zum Zweck der Sicherung eines einheitlichen Beherrschungswillens, nicht jedoch zur Ausübung einer eigenen gewerblichen Tätigkeit gegründet worden ist, kommt ihr lediglich koordinierende Funktion zu; darüber hinausgehende Zwecke hat sie nicht, insbesondere hat sie keinen gewerblichen Zweck. Das hat zur Folge, dass die GbR in diesen Fällen mangels unternehmerischer Tätigkeit nicht mehr als Organträgerin anzusehen ist. Gewinne und Verluste der Organgesellschaft sind nicht ihr, sondern den Mutterunternehmen zuzurechnen.

c) Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des I. Senats an. Ihre Richtigkeit folgt aus dem Erfordernis der "wirtschaftlichen Eingliederung". Nach der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes ist unter der wirtschaftlichen Eingliederung eine wirtschaftliche Zweckabhängigkeit des beherrschten Unternehmens von dem herrschenden zu verstehen. Deshalb muss das herrschende Unternehmen solche eigenen gewerblichen Zwecke verfolgen, denen sich das beherrschte Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann. Das beherrschte Unternehmen muss den gewerblichen Zwecken des herrschenden dienen, d.h. es muss im Sinne einer eigenen wirtschaftlichen Unselbständigkeit die gewerblichen Zwecke des herrschenden Unternehmens fördern oder ergänzen. Dabei muss es wegen der geforderten wirtschaftlichen Unselbständigkeit nach der Art einer unselbständigen Geschäftsabteilung des herrschenden Unternehmens auftreten (vgl. BFH-Urteile vom 18. April 1973 I R 120/70, BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740, und vom 21. Januar 1976 I R 21/74, BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389). An einer solchen wirtschaftlichen Zweckabhängigkeit fehlt es, wenn das herrschende Unternehmen nur Gewerbebetrieb kraft Rechtsform ist (BFH-Urteil vom 13. September 1989 I R 110/88, BFHE 158, 346, BStBl II 1990, 24). Demzufolge lässt sich die Gewerblichkeit der zwischengeschalteten GbR auch nicht damit begründen, dass sie durch die Rechtsform ihrer Gesellschafter nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG geprägt wird (Döllerer, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht ―JbFSt― 1987/88, 310; -sch, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1999, 2073).

d) Handelt es sich bei der GbR um eine Innengesellschaft, die lediglich der Sicherung eines einheitlichen Beherrschungswillens dient und sonst keine eigenen unternehmerischen Ziele verfolgt, so stellen die Anteile der Mutterunternehmen an der Organgesellschaft bei der GbR kein Sonderbetriebsvermögen ―und zwar weder Sonderbetriebsvermögen I noch II― dar. Der Begriff des Sonderbetriebsvermögens ist rein steuerrechtlicher Natur. Er dient dazu, Wirtschaftsgüter der Gesellschafter steuerlich der Personengesellschaft zuzuordnen, wenn sich der Gesellschafter über die Gesellschaft unternehmerisch betätigt. Ist das ―wie nunmehr vom BFH für die Willensbildungs-GbR entschieden― nicht der Fall, entfällt auch die Rechtfertigung für die Behandlung der Anteile an der Organgesellschaft als Sonderbetriebsvermögen bei der GbR.

e) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der BFH habe in der Entscheidung in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 695 lediglich entschieden, dass die Mutterunternehmen neben der GbR Organträger seien. Die Klägerin gründet ihre Auffassung auf folgenden Satz der Urteilsgründe:

"In diesen Fällen entspricht es den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten besser, im Steuer - ebenso wie im Gesellschaftsrecht eine organschaftliche Einbindung der Untergesellschaft nicht nur zu der zwischengeschalteten GbR, sondern unmittelbar zu deren Gesellschaftern für möglich zu halten."

Hiermit ist aber lediglich gemeint, dass die zwischengeschaltete GbR dann selbst Organträgerin sein kann, wenn sie ein eigenes gewerbliches Unternehmen betreibt (-sch, DStR 1999, 2073; Buciek, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 2000, 150).

f) Nach den Feststellungen des FG war die GbR ―wie auch im Gesellschaftsvertrag dokumentiert― lediglich zum Zwecke der gemeinsamen Willensbildung gegründet worden. Eigene unternehmerische Ziele verfolgte sie nicht. Damit schied sie als Organträgerin aus (Urteil in BFHE 189, 518, BStBl II 2000, 645, unter 3. a der Gründe).

Dass das FA sie ―nach der vom Senat vertretenen Auffassung unzutreffend― bei den laufenden Festsetzungen der Gewerbesteuermessbeträge als Organträgerin behandelt hat, vermag hieran nichts zu ändern. Hiermit waren auch keine steuerlichen Belastungen verbunden, da Schuldner der Gewerbesteuer bei einer Innengesellschaft ohnehin die nach außen in Erscheinung tretenden Gesellschafter ―hier also F und F-R― sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1997 VIII R 32/90, BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480; unter 3.).

4. Die gegen die tatsächlichen Feststellungen des FG erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

a) Die Rüge des Unterlassens eines gebotenen rechtlichen Hinweises ist schon deshalb nicht in zulässiger Weise erhoben, weil die Klägerin nicht dargelegt hat, was sie im Falle eines solchen Hinweises noch vorgetragen hätte.

b) Auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung kann keinen Erfolg haben.

aa) Die Klägerin hat in der Revisionsbegründung vorgetragen, sie habe in ihrem Schriftsatz vom 7. Juni 1999 (gemeint ist 1996) die Herren F und K als Zeugen dafür benannt, dass die GbR der Organgesellschaft ständig die im Unternehmensvertrag vorgesehenen Weisungen erteilt habe. Sie habe die tatsächliche Leitungsmacht ausgeübt, indem sie etwa Entscheidungen über Investitionen, über die Grundlinien der Vermietung von Objekten und ähnliche grundlegende Belange als Organträgerin getroffen habe. Es habe nicht etwa eine Anweisung des einen Organträgers F und eine weitere ―inhaltlich abgestimmte― Anweisung eines weiteren Organträgers F-R gegeben. Vielmehr hätten die Gesellschafter F und F-R die Leitungsmacht durch die GbR als Organträger ausgeübt.

bb) Die Klägerin hat nicht vorgetragen, inwiefern das FG möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn es den angebotenen Zeugenbeweis erhoben hätte. Anhaltspunkte hierfür sind auch sonst nicht erkennbar. Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren letztlich nichts anderes unter Beweis gestellt, als dass F und F-R der GmbH ihre Weisungen in gesellschaftlicher Verbundenheit erteilt haben. Zwar wird aus dem FG-Urteil nicht ganz deutlich, ob auch das FG hiervon ausgegangen ist. Denn das FG hat ausgeführt, es seien keine Umstände ersichtlich oder substantiiert vorgetragen, dass die Beherrschung tatsächlich ―abweichend vom Beherrschungsvertrag― nicht durch F und F-R, sondern durch die GbR gegeben gewesen sei; sei diese aber lediglich formal vorgeschoben, sei die Konstruktion nach § 41 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht anzuerkennen. Das FG-Urteil lässt jedoch erkennen, dass es für die Vorinstanz keinen Unterschied gemacht hätte, ob man die GbR ―wie es möglicherweise dem FG vorschwebte― als formal vorgeschoben ignoriert oder ob man der Gesellschaftsvereinbarung als Konsortialvertrag Bedeutung beimisst.

cc) Jedenfalls könnte nach der oben unter 3. dargelegten Auffassung des Senats die GbR nicht als Organträgerin anerkannt werden, wenn sich ihre Tätigkeit auf die Willenskoordinierung beschränkte. Die Klägerin hat keine Verfahrensrüge dagegen erhoben, dass die GbR nach den Feststellungen des FG keine eigenen unternehmerischen Zwecke verfolgt hat. Daher ist die Rüge mangelnder Sachaufklärung jedenfalls deshalb unbeachtlich, weil sich die Entscheidung des FG auch aus anderen Gründen als richtig erweisen würde (§ 126 Abs. 4 FGO; vgl. im Einzelnen Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 126 Anm. 7).

 

Fundstellen

Haufe-Index 601260

BFH/NV 2001, 1195

BFHE 194, 421

BFHE 2002, 421

BB 2001, 1512

DB 2001, 1536

DStR 2001, 1212

DStRE 2001, 812

DStZ 2001, 642

HFR 2001, 998

StE 2001, 441

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