Die bebauten Grundstücke sind jeweils in Abhängigkeit der jeweiligen Grundstücksart zu bewerten. Nach den Regelungen des Bewertungsgesetzes gibt es 3 Bewertungsverfahren:

  • Vergleichswertverfahren[1]: Das Vergleichswertverfahren findet Anwendung für Wohnungseigentum, Teileigentum, Ein- und Zweifamilienhäuser.
  • Ertragswertverfahren[2]: Das Ertragswertverfahren findet Anwendung für Mietwohngrundstücke sowie Geschäfts- und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt (sog. Renditeobjekte).
  • Sachwertverfahren[3]: Das Sachwertverfahren findet Anwendung für Grundstücke, die eigentlich nach dem Vergleichswertverfahren zu bewerten wären, für die aber kein geeigneter Vergleichswert vorliegt. Außerdem für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich am örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt, und für sonstige bebaute Grundstücke.

Wegen der Verschiedenartigkeit der zu bewertenden Grundstücke kann eine zutreffende Bewertung nicht nur durch ein einheitliches Bewertungsverfahren realisiert werden. Zur praktischen Umsetzung im Besteuerungsverfahren müssen aber standardisierte Verfahren angewendet werden, damit die Feststellung eines Verkehrswerts nicht an die Erstellung eines individuellen Gutachtens gebunden ist. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund, dass in vielen Fällen zwar der Wert einer wirtschaftlichen Einheit ermittelt werden muss, es dann aber wegen der Höhe der persönlichen Freibeträge nicht zu einer Festsetzung einer Erbschaft- oder Schenkungsteuer kommt, unverhältnismäßig.

 
Praxis-Tipp

Jede Art der Nutzung ist bei der Abgrenzung zu berücksichtigen

In den Fällen, in denen sich auf einem Grundstück mehrere Gebäude oder Gebäudeteile befinden, die nicht alle im Rahmen des Ertragswertverfahrens zu bewerten sind (sog. Mischfälle), erfolgt die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit nach Auffassung der Finanzverwaltung einheitlich im Sachwertverfahren.[4]

[4] R B 182 Abs. 5 ErbStR.

6.3.1 Vergleichswertverfahren

Das Vergleichswertverfahren ist grundsätzlich in § 183 BewG geregelt. Dabei sind die Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (sog. Vergleichsgrundstücke). Grundlage dieser Vergleichswerte sind die von den Gutachterausschüssen i. S. d. §§ 192 ff. BauGB mitgeteilten Vergleichspreise.[1]

 
Hinweis

Klarstellung durch Jahressteuergesetz 2022

Durch das Jahressteuergesetz 2022 ist zum 1.1.2023 klarstellend in § 183 Abs. 2 Satz BewG aufgenommen worden, dass die von den Gutachterausschüssen ermittelten Vergleichsfaktoren nach § 177 Abs. 2 und Abs. 3 BewG anzuwenden sind.

Weicht das zu bewertende Grundstück von den wertbeeinflussenden Merkmalen der Vergleichsgrundstücke ab, können diese Abweichungen durch Zu- oder Abschläge nach Vorgabe des zuständigen Gutachterausschusses berücksichtigt werden. Eine hinreichende Übereinstimmung soll noch vorliegen, wenn die wertbeeinflussenden Merkmale des zu bewertenden Grundstücks um höchstens 20 % vom Vergleichsgrundstück abweichen.[2]

 
Praxis-Tipp

Reine Kaufpreissammlung ist nicht ausreichend

Wenn Gutachterausschüsse nur Durchschnittskaufpreise (Kaufpreismittel) aus einer Vielzahl von Kauffällen einer Grundstücksart ohne Berücksichtigung unterschiedlicher wertbeeinflussender Merkmale ableiten, sind diese als Vergleichswerte nicht geeignet.[3]

Anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke können von den Gutachterausschüssen für geeignete Bezugseinheiten, insbesondere Flächeneinheiten des Gebäudes, ermittelte und mitgeteilte Vergleichsfaktoren herangezogen werden. Da sich diese Vergleichsfaktoren nur auf das Gebäude beziehen, ist der Bodenwert gesondert mit seinem Verkehrswert (dem nach dem Bodenrichtwert nach § 179 BewG ermittelten Wert) zu berücksichtigen.

 
Wichtig

Keine Berücksichtigung individueller Verhältnisse

Besonderheiten, insbesondere den Wert beeinflussende Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, werden im Vergleichswertverfahren nicht berücksichtigt.[4] Unberührt bleibt aber der Nachweis eines niedrigeren gemeines Werts nach § 198 BewG.

Kann für Wohnungseigentum, Teileigentum oder Ein- und Zweifamilienhäuser kein solcher Vergleichswert festgestellt werden, muss die wirtschaftliche Einheit nach dem Sachwertverfahren bewertet werden. Obwohl dies nach der gesetzlichen Regelung nur der Ausnahmefall sein soll, wird dies in der Praxis zumindest in Regionen mit geringer Verkaufshäufigkeit häufiger gegeben sein.

[2] Vgl. R B 183 ErbStR sowohl in der Fassung bis 31.12.2022 als auch in der Fassung des AEBewG JStG 2022 und H B 183 Abs. 4 ErbStH.
[3] H B 183 Abs. 2 ErbStH.
[4] § 183 Abs. 3 BewG sowie ab 1.1.2023 zusätzlich auch § 177 Abs. 4 BewG.

6.3.2 Ertragswertverfahren

Wird ein Grundstück im Rahmen des Ertragswertverfahrens bewertet, sind das Gebäude und der Grund und Boden getrennt zu bewerten.[1] Der Grund und Bo...

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