Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG bei Anschaffung eines Mietwohngrundstücks trotz rechtlicher Verpflichtung zur Aufteilung und Übernahme von Wohnungseigentum

 

Leitsatz (NV)

1. Für die Qualifizierung eines Bauwerks als Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder Eigentumswohnung i.S. von § 7b Abs. 1 EStG kommt es auf den Zustand des Objekts im Zeitpunkt der Anschaffung an (ständige Rechtsprechung).

2. Die Absicht, ein Mietwohngrundstück nach der Anschaffung in Wohnungseigentum aufzuteilen, ist für den Anwendungsbereich des § 7b EStG auch dann unerheblich, wenn die Käufer des Mietwohngrundstücks bereits vor dem Erwerb einen Treuhänder mit der Aufteilung beauftragen und sich rechtlich binden, Wohnungseigentum zu übernehmen.

 

Normenkette

EStG § 7b

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute.

Im Jahre 1982 (Streitjahr) initiierte die I-GmbH die Erwerbergemeinschaft W. Zweck der Gemeinschaft war es, Eigentumswohnungen für die Gemeinschafter in einem Mietwohngrundstück in W zu erwerben. Für die Durchführung der Maßnahme sorgte die T-GmbH als Treuhänderin.

Im Oktober 1982 unterschrieben die Kläger Zeichnungsscheine für die Wohneinheiten Nr. 19 und 20, am 4. November 1982 ließen sie eine Annahmeerklärung hinsichtlich des Treuhänderangebotes notariell beurkunden. Mit dieser Annahmeerklärung wurde die Treuhänderin beauftragt und bevollmächtigt, für die Kläger Miteigentumsanteile an dem Grundstück zu erwerben, die - wie entsprechend auch bei anderen Mitbewerbern - bereits auf die noch zu schaffenden Wohneinheiten Nr. 19 und 20 zugeschnitten waren. Ferner wurde die Treuhänderin beauftragt und bevollmächtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen und Erklärungen - insbesondere die Teilungserklärung gemäß § 3 WEG - abzugeben, die zur Schaffung von Teileigentum erforderlich waren. Die Veräußerin des Mietwohngrundstücks (mit insgesamt 32 Wohneinheiten) wollte mit der Aufteilung in Eigentumswohnungen nichts zu tun haben.

Am 8. November 1982 erteilte das Bauordnungsamt der Stadt W die Abgeschlossenheitsbescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2, § 32 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23. Dezember 1982 erwarb die Treuhänderin das Mietwohngrundstück für die Beteiligten der Erwerber-gemeinschaft zu den jeweils auf diese vereinbarungsgemäß entfallenden Bruchteilen; Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr gingen mit dem Tag der Beurkundung auf die Käufer über. Anschließend wurde an demselben Tag die Teilungserklärung gemäß § 3 WEG notariell beurkundet. Aufgrund dieser Erklärung erhielten die Kläger das jeweils mit einem Miteigentumsanteil verbundene Sondereigentum an den Wohnungen Nr. 19 und 20 des ursprünglichen Mietwohngrundstücks.

Aufgrund der nach Durchführung einer Außenprüfung für die Erwerbergemeinschaft gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte das Finanzamt (FA) bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Streitjahr Werbungskostenüberschüsse in Höhe von 24928 DM für die Wohnung Nr. 19 und 23268 DM für die Wohnung Nr. 20. Darüber hinaus berücksichtigte das FA entgegen dem Antrag der Kläger, die die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG in Höhe von 250 DM je Wohnung beansprucht hatten, lediglich zeitanteilige Absetzungen für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 Abs. 2 EStG in Höhe von 160 DM für die Wohnung Nr. 19 und 150 DM für die Wohnung Nr. 20.

Der nach insoweit erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit dem in EFG 1990, 568 veröffentlichten Urteil statt.

Mit der Revision rügt der Beklagte und Revisionskläger (das FA) eine unzutreffende Anwendung des § 7b EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Das FG hat den Klägern zu Unrecht erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG für die beiden Eigentumswohnungen zuerkannt.

1. Für die Qualifizierung des erworbenen Objekts als Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder Eigentumswohnung kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 30. April 1985 IX R 49/84, BFHE 144, 36, BStBl II 1985, 513; vom 26. Januar 1988 IX R 142/83, BFH/NV 1988, 431; vom 13. März 1990 IX R 179/88, BFH/NV 1991, 24; vom 19. September 1991 IX R 69/86, BFH/NV 1992, 236) auf den Zustand des Objekts im Zeitpunkt der Anschaffung an; denn von diesem Zeitpunkt an beginnt der achtjährige Begünstigungszeitraum für erhöhte Absetzungen zu laufen. Für den Anwendungsbereich des § 7b EStG ist die Absicht, eine Baulichkeit nach ihrer Anschaffung in einer bestimmten Weise zu nutzen, unerheblich. Auch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum nach § 3 WEG stellt nach der Senatsrechtsprechung keine Anschaffung i.S. von § 7b EStG dar (Urteile vom 22. Oktober 1985 IX R 47/82, BFH/NV 1986, 450, und in BFH/NV 1992, 236).

Eine Ausnahme von den vorstehenden Grundsätzen hat der Senat für den Fall der Anschaffung nur gemacht, wenn bereits der Veräußerer die Schaffung eines begünstigten Objekts zugesagt und der Erwerbsvorgang sich hierauf gerichtet hatte (Urteile in BFH/NV 1986, 450, und BFH/NV 1988, 431).

2. Hiernach liegen im Streitfall die Voraussetzungen für die Gewährung erhöhter Absetzungen nach § 7b EStG nicht vor. Die Kläger schafften Miteigentumsanteile an dem Mietwohngrundstück, nicht jedoch nach § 7b EStG begünstigte Eigentumswohnungen an.

Die Veräußerin, die nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG mit der Aufteilung in Eigentumswohnungen nichts zu tun haben wollte, verpflichtete sich in dem Kaufvertrag vom 23. Dezember 1982 gegenüber den Mitgliedern der Erwerbergemeinschaft ausdrücklich, ihnen das Mietwohngrundstück zu Miteigentum, und zwar zu den zuvor festgelegten Bruchteilen zu übertragen. Von der Veräußerung von Eigentumswohnungen ist in dem Vertrag dementsprechend auch nicht die Rede. Erst die Mitglieder der Erwerbergemeinschaft begründeten aufgrund der von ihnen erworbenen Miteigentumsanteile Wohnungseigentum durch Vereinbarung gemäß § 3 WEG. Ob diese Vereinbarung (Teilungserklärung) bereits vor dem wirtschaftlichen Übergang der Kaufsache getroffen worden ist, ist für die Beurteilung der Streitfrage ohne Belang (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1992, 236).

Unmaßgeblich ist insoweit auch, daß sich die Kläger mit ihrer Unterschrift unter die Zeichnungsscheine und der notariell beurkundeten Annahmeerklärung hinsichtlich des Treuhänderangebots bereits rechtlich gebunden hatten, nach der Aufteilung des Mietwohngrundstücks in Wohnungseigentum die betreffenden Eigentumswohnungen zu übernehmen; denn die der Treuhänderin erteilten Vollmachten berechtigten diese lediglich zu solchen Rechtsgeschäften und Handlungen, die mit der von den Erwerbern nach der Anschaffung beabsichtigten vertraglichen Begründung und Einräumung von Sondereigentum zusammenhängen.

3. Die Kläger können sich schließlich für das Streitjahr nicht darauf berufen, die Einkommensbesteuerung führe zu einem Eingriff in ihr steuerlich zu schonendes Existenzminimum. Entsprechend dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 25. September 1992 2 BvL 5, 8, 14/91 (Deutsches Steuerrecht, 1992, 1539) bleiben die als verfassungswidrig erkannten Regelungen des § 32a Abs. 1 Satz 2 EStG zum Grundfreibetrag bis zum Inkrafttreten einer neuen Regelung weiterhin anwendbar. Die Kläger müssen die verfassungswidrige Besteuerung bis zu einer Neufassung des Gesetzes hinnehmen. Sollte sich der Gesetzgeber zu einer Neuregelung entschließen, die auch das Streitjahr erfaßt, so steht die Bestandskraft des Steuerbescheids im Hinblick auf die ausdrückliche Vorläufigkeitserklärung einer Einbeziehung in die gesetzliche Neuregelung nicht entgegen. Dies gilt auch hinsichtlich der übrigen, für vorläufig erklärten Besteuerungsgrundlagen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 164

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