Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur maßgeblichen Höchstbemessungsgrundlage für erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG bei Umwandlung eines Einfamilienhauses in ein Zweifamilienhaus

 

Leitsatz (NV)

1. Für die Qualifizierung eines Bauwerks als Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder als Eigentumswohnung i. S. von § 7 b Abs. 1 EStG kommt es auf den Zustand des Objekts zu Beginn des achtjährigen Begünstigungszeitraums im Jahr der Anschaffung oder Herstellung an. Für den Anwendungsbereich des § 7 b EStG ist die Absicht, eine Baulichkeit nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einer bestimmten Weise zu nutzen, unerheblich.

2. Die Art des Objekts im Zeitpunkt des Beginns des achtjährigen Begünstigungszeitraums ist auch für die Höchstgrenzen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Bemessungsgrundlage für erhöhte Absetzungen nach § 7 b Abs. 1 Satz 3 EStG maßgeblich.

3. Auch wenn ein als Einfamilienhaus angeschafftes oder hergestelltes Gebäude durch Ausbau einer weiteren Wohnung nachträglich in ein Zweifamilienhaus umgewandelt wird, bleibt es bei der für ein Einfamilienhaus maßgeblichen Höchstbemessungsgrundlage. Nur Ausbauten oder Erweiterungen an einem solchen Bauwerk sind als selbständiges Objekt nach § 7 b Abs. 2 EStG begünstigt, sofern das Bauwerk vor dem 1. 1. 1964 fertiggestellt und nicht nach dem 31. 12. 1976 angeschafft worden ist.

4. Der für Zweifamilienhäuser geltende Höchstbetrag ist nur dann Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen, wenn das Gebäude erst mit der Schaffung der zweiten Wohnung fertiggestellt worden ist, nachdem das Haus von vornherein als Zweifamilienhaus geplant sowie baurechtlich genehmigt worden war und anschließend auch in einem Zug errichtet worden ist.

 

Normenkette

EStG 1981 § 7b

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben aufgrund Vertrag vom 1. April 1982 von den Eltern des Klägers ein Erbbaurecht an einem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück. Die Kläger bauten das Gebäude noch im selben Jahr zu einem Zweifamilienhaus um. Die zweite Wohnung wurde am 30. September 1982 bezugsfertig. Die Kläger bezogen das eine Stockwerk, die Eltern des Klägers das andere aufgrund eines dinglichen Wohnrechts, das sie sich im Kaufvertrag von den Klägern hatten einräumen lassen. Die Eltern waren berechtigt, die Wohnung auf Lebenszeit miet- und kostenfrei zu nutzen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) setzte bei seiner Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer für das Streitjahr 1983 als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung den Mietwert der von den Klägern selbst genutzten Wohnung und für die Wohnung der Eltern 1/10 des Kapitalwerts des Wohnrechts an, dessen Einräumung durch die Kläger er als ein Teilentgelt für den Verkauf des Erbbaurechts samt Einfamilienhaus ansah. Die erhöhten Absetzungen nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) bemaß das FA nach der für Einfamilienhäuser maßgeblichen Höchstbemessungsgrundlage von 200 000 DM.

Die Kläger begehrten mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage erhöhte Absetzungen nach Maßgabe der für Zweifamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 250 000 DM.

Das Finanzgericht (FG) gab ihrer Klage mit der Begründung statt, sie hätten ein Zweifamilienhaus hergestellt. Dabei habe ihnen das angeschaffte Einfamilienhaus gleichsam als Baumaterial gedient.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 7 b EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Für die Entscheidung des Falles kann die - vom FG nicht geprüfte - Frage dahinstehen, ob die Kläger den Eltern des Klägers das Wohnrecht an einer der beiden Wohnungen des Hauses entgeltlich als einen Teil der Gegenleistung für den Verkauf des Hauses eingeräumt oder ob die Eltern sich das Wohnrecht im Zuge einer teilentgeltlichen Grundstücksübertragung vorbehalten haben. Im Falle eines von den Eltern vorbehaltenen Wohnrechts würden die Kläger insoweit nicht den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfüllen. Sie wären daher insoweit nicht berechtigt, erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG in Anspruch zu nehmen, so daß schon deswegen das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen wäre.

2. a) Aber auch wenn man zugunsten der Kläger ein entgeltlich bestelltes Wohnrecht und damit ihre uneingeschränkte Berechtigung zur Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen bejaht, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Denn das FG hat die erhöhten Absetzungen der Kläger nach § 7 b EStG rechtsfehlerhaft nach der für Zweifamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 250 000 DM anstelle der für Einfamilienhäuser maßgeblichen von 200 000 DM (§ 7 b Abs. 1 Satz 3 EStG) berechnet, obwohl die Kläger ein Einfamilienhaus erwarben und dieses erst nach dem für die Höchstbemessungsgrundlage maßgeblichen Zeitpunkt der Anschaffung in ein Zweifamilienhaus umgewandelt haben.

b) Nach § 7 b Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Erwerber oder der Bauherr eines im Inland belegenen Ein- oder Zweifamilienhauses oder einer Eigentumswohnung, die zu mehr als 662/3 Wohnzwecken dient, im Jahr der Anschaffung bzw. der Herstellung und in den sieben folgenden Jahren jeweils bis zu 5 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten absetzen. Da sich im Falle des Erwerbs eines Objekts die erhöhten Absetzungen nach den Anschaffungskosten richten, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 30. April 1985 IX R 49/84 (BFHE 144, 36, BStBl II 1985, 513) den Schluß gezogen, daß es für die Qualifizierung des erworbenen Objekts als Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder als Eigentumswohnung auf dessen Zustand im Zeitpunkt der Anschaffung ankommt. Entscheidend ist die rechtliche Einordnung als Ein- oder Zweifamilienhaus oder Eigentumswohnung zu diesem Zeitpunkt. Entsprechend ist im Falle der Herstellung eines Objekts dessen Zustand im Zeitpunkt der Fertigstellung (§ 9 a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) maßgeblich. Von dem jeweiligen Zeitpunkt an beginnt der achtjährige Begünstigungszeitraum für die erhöhten Absetzungen zu laufen. Für den Anwendungsbereich des § 7 b EStG ist die Absicht, eine Baulichkeit nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einer bestimmten Weise zu nutzen, unerheblich.

Werden nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung Baumaßnahmen durchgeführt, so sind diese nur noch als Ausbauten oder Erweiterungen nach § 7 b EStG begünstigt, sofern sie an einem bestehenden Ein- oder Zweifamilienhaus oder an einer Eigentumswohnung vorgenommen werden, die vor dem 1. Januar 1964 fertiggestellt und nicht nach dem 31. Dezember 1976 angeschafft worden sind.

c) Die Art des Objekts im Zeitpunkt des Beginns des Begünstigungszeitraums (s. o. unter a) ist nach der vorstehenden Entscheidung des erkennenden Senats auch für die Höchstgrenzen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Bemessungsgrundlage für die Absetzungen nach § 7 b Abs. 1 Satz 3 EStG maßgeblich (so auch Urteil des erkennenden Senats vom 21. Oktober 1986 IX R 55/82, BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210).

Insbesondere wenn ein als Einfamilienhaus angeschafftes oder hergestelltes Gebäude durch Ausbau einer weiteren Wohnung nachträglich in ein Zweifamilienhaus umgewandelt wird, bleibt es bei der für ein Einfamilienhaus maßgeblichen Höchstbemessungsgrundlage. Der für Zweifamilienhäuser geltende Höchstbetrag ist nur dann Bemessungsgrundlage, wenn das Gebäude erst mit der Schaffung der zweiten Wohnung fertiggestellt worden ist, nachdem das Haus von vornherein als Zweifamilienhaus geplant und baurechtlich genehmigt worden war und anschließend auch in einem Zug errichtet worden ist (Urteil des erkennenden Senats in BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210, und Urteil vom 10. Oktober 1989 IX R 197/85, nicht veröffentlicht).

3. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war abzuweisen.

Den Klägern stehen erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG nur - wie vom FA angesetzt - nach Maßgabe der für Einfamilienhäuser geltenden Höchstbemessungsgrundlage von 200 000 DM zu. Sie erwarben im Jahr 1982 nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ein Einfamilienhaus, das sie erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Anschaffung zu einem Zweifamilienhaus ausbauten. Der vom FG festgestellte Sachverhalt bietet keine Anhaltspunkte dafür, daß das von den Klägern erworbene Haus im Zeitpunkt seiner Anschaffung noch nicht fertiggestellt gewesen wäre.

Ein einmal als Einfamilienhaus fertiggestelltes Gebäude läßt sich nach den vorstehenden Grundsätzen nur noch durch Ausbauten oder Erweiterungen umgestalten, die unter den Voraussetzungen des § 7 b Abs. 2 EStG als selbständiges Objekt begünstigt sind. Diese Voraussetzungen sind hier allerdings nicht erfüllt, da die Kläger das Einfamilienhaus erst nach dem 31. Dezember 1976 erworben hatten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417011

BFH/NV 1991, 24

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