Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG bei Erwerb eines Mehrfamilienhauses und Aufteilung in Eigentumswohnungen

 

Leitsatz (NV)

1. Wird ein Mehrfamilienhaus zu Miteigentum erworben und anschließend in Eigentumswohnungen aufgeteilt, so können für die entstandenen Wohnungen keine erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG gewährt werden (ständige Rechtsprechung, so BFH-Urteil vom 22. Oktober 1985 IX R 47/82, BFH/NV 1586, 450).

2. Durch eine fehlerhafte Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision wird die Revisionsfrist nicht in Lauf gesetzt.

 

Normenkette

EStG § 7b; FGO §§ 53, 120 Abs. 1; VwZG § 9

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben gemeinsam mit zwei anderen Ehepaaren durch notariellen Vertrag vom 31. August 1984 ein Mietwohngrundstück mit drei Wohnungen. Der Kaufvertrag enthielt u.a. die wechselseitige Verpflichtung der Erwerber, den Grundbesitz in Wohnungs-/Teileigentum aufzuteilen. Jedem Erwerberehepaar sollte ein Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, zugeordnet werden. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) wurde am 5. Oktober 1984 erteilt, Besitz und Nutzungen, Gefahr und Lasten gingen am 8. November 1984 auf die Erwerber über. In einem weiteren notariellen Vertrag vom 7. Juni 1985 vereinbarten die Erwerber die Einräumung von Sondereigentum gemäß § 3 WEG. Am 30. Oktober 1985 wurde das Wohnungseigentum der Kläger in das Grundbuch eingetragen.

Bei der Einkommensteuererklärung 1985 machten die Kläger vergeblich erhöhte Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) für ihre Wohnung geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte demgegenüber lediglich den Anteil der Kläger an den gesondert und einheitlich festgestellten Einkünften der bis zum 30. September 1985 steuerlich geführten Erwerbergemeinschaft an.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ auf Beschwerde der Kläger durch Beschluß vom 19. Mai 1992 die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zu. Die Geschäftsstelle des FG übersandte den Beschluß am 29. Mai 1992 durch einfachen Brief. Noch vor der Zulassung hatte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger durch Schreiben vom 8. April 1992 Revision eingelegt. Mit Schreiben vom 7. September 1992 übersandte der Klägervertreter die Revisionsbegründung.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des § 7b EStG. Ein Zeitraum von sieben Monaten zwischen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums und Abgabe der Teilungserklärung stehe bei Anwendung des BFH-Urteils vom 16. November 1982 VIII R 98/79 (Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1983, 238) einer Begünstigung nach § 7b EStG nicht entgegen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist zulässig.

Ob die Revision durch den noch vor ihrer Zulassung eingegangenen Schriftsatz vom 8. April 1992 eingelegt wurde (vgl. hierzu das Urteil des BFH vom 12. April 1991 III R 181/90, BFHE 164, 179, BStBl II 1991, 638) oder erst durch Schreiben vom 7. September 1992, kann der Senat offenlassen, da im Streitfall die Revisionsfrist nicht in Lauf gesetzt wurde. Der Beschluß des FG vom 19. Mai 1992 über die Revisionszulassung wurde entgegen § 53 Abs. 1, 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) zugestellt, sondern durch einfachen Brief übersandt. Dieser nicht nach § 9 Abs. 1, 2 VwZG heilbare Zustellungsmangel verhinderte den Beginn der Rechtsmittelfrist (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, § 53 Anm. 73), so daß die Revision zumindest mit Schreiben vom 7. September 1992 form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist.

2. Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat es zu Recht abgelehnt, den Klägern erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG in der Fassung des Streitjahres (EStG 1985) für ihre Eigentumswohnung zuzuerkennen. Für die Qualifizierung des erworbenen Objekts als Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder Eigentumswohnung kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteile vom 19. September 1991 IX R 69/86, BFH/NV 1992, 236 m.w.N.; vom 13. Oktober 1992 IX R 129/88, BFH/NV 1993, 230) auf den Zustand des Objekts im Zeitpunkt der Anschaffung an; denn von diesem Zeitpunkt an beginnt der achtjährige Begünstigungszeitraum für erhöhte Absetzungen zu laufen. Für den Anwendungsbereich des § 7 EStG ist die Absicht, eine Baulichkeit nach ihrer Anschaffung in einer bestimmten Weise zu nutzen, unerheblich. Auch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum nach § 3 WEG stellt nach der Senatsentscheidung vom 22. Oktober 1985 IX R 47/82 (BFH/NV 1986, 450) keine Anschaffung i.S. von § 7b EStG dar.

Die Kläger haben im Streitfall einen Miteigentumsanteil an einem Mietwohngrundstück angeschafft, nicht jedoch eine nach § 7b EStG begünstigte Eigentumswohnung. Der Veräußerer verpflichtete sich im Kaufvertrag vom 31. August 1984 gegenüber den Klägern, ihnen das Mietwohngrundstück zu Miteigentum zu übertragen, nicht aber, an sie Eigentumswohnungen zu veräußern. Die wechselseitige Verpflichtung der Käufer untereinander, das Mietwohngrundstück in drei Eigentumswohnungen aufzuteilen, war nicht Bestandteil der vertraglichen Abmachungen mit dem Veräußerer. Dieser war an der Begründung von Wohnungseigentum nicht beteiligt. Die bereits beim Erwerb des Mietwohngrundstücks vorhandene Verpflichtung der Kläger und der übrigen Erwerber, das Grundstück in Eigentumswohnungen aufzuteilen und entsprechend zu nutzen, ist für sich allein für die Anwendbarkeit des § 7b EStG unbeachtlich.

Der Senat weicht mit seiner Rechtsprechung nicht von der Entscheidung des BFH in DStZ 1983, 238 ab. In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Fall hatten die Käufer eine Eigentumswohnung erworben, die aus der Aufteilung eines Zweifamilienhauses hervorgegangen war. Im Streitfall schafften die Kläger jedoch keine Eigentumswohnung an, sondern Miteigentumsanteile an einem Mehrfamilienhaus.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419241

BFH/NV 1994, 27

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