Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage der Prozeßvollmacht nach Ablauf der dafür gesetzten Frist

 

Leitsatz (NV)

Wird eine Prozeßvollmacht erst nach Ablauf der dafür gemäß Art. 3 § 1 VGFGEntlG gesetzten Frist vorgelegt, so bleibt das ohne schriftliche Vollmacht eingelegte Rechtsmittel unzulässig. Die Kosten sind in diesem Fall dem Rechtsmittelführer aufzuerlegen.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 3; VGFGEntlG Art. 3 § 1

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) begehrt für seine Klage vor dem Finanzgericht (FG) - im Streit ist das Lohnsteuerermäßigungsverfahren 1984 - die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH). Das FG lehnte den Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage ab. Hiergegen legte der Kläger durch die Rechtsanwälte Beschwerde ein. Da die Rechtsanwälte keine Vollmacht zur Führung des Beschwerdeverfahrens vorgelegt hatten, setzte der Vorsitzende des Senats durch Verfügung vom 25. Juni 1985 gemäß Art. 3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) vom 31. März 1978 (BGBl I 1978, 446, BStBl I 1978, 174) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1983, 1515, BStBl I 1984, 47) zur Vorlage der schriftlichen Prozeßvollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung von einem Monat nach Zustellung des Aufforderungsschreibens. Das Aufforderungsschreiben ist den Rechtsanwälten laut Postzustellungsurkunde am 28. Juni 1985 zugestellt worden. Eine schriftliche Prozeßvollmacht ging erst am 18. September 1985 zu den Akten des Verfahrens VI B 53/85 beim Senat ein. Zugleich teilten die Rechtsanwälte, nachdem sie hierauf bereits im Schriftsatz vom 1. Juli 1985 hingewiesen hatten, erneut mit, sie hätten das Mandat niedergelegt. Ferner erklärten sie, die Vollmacht sei vom Kläger widerrufen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Wird ein Beteiligter im finanzgerichtlichen Verfahren durch einen Bevollmächtigten vertreten, so hat er eine schriftliche Vollmacht zu erteilen (§ 62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)). Die von einem gemäß Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vertretungsberechtigten Bevollmächtigten erhobene Beschwerde ist unzulässig, wenn die schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Vollmachtsvorlage unterbleibt, obwohl eine Vollmacht vorhanden war, oder ob die Vollmacht nicht vorgelegt wurde, weil sie nicht erteilt war (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. April 1971 IV R 208/69, BFHE 102, 442, BStBl II 1971, 689). Solange die schriftliche Vollmacht nicht vorliegt, fehlt es an einer Prozeßvoraussetzung (BFH-Urteil vom 11. Juli 1975 III R 124/74, BFHE 116, 110, BStBl II 1975, 714). Im Streitfall haben die Rechtsanwälte zwar eine auf sie lautende Prozeßvollmacht vorgelegt. Die Vorlage erfolgte aber erst nach Ablauf der vom Vorsitzenden des Senats gemäß Art. 3 § 1 VGFGEntlG gesetzten Ausschlußfrist. Daher konnte der die Unzulässigkeit der Beschwerde bewirkende Mangel der fehlenden Vollmacht nicht mehr geheilt werden, zumal die Voraussetzungen für eine sinngemäße Anwendung des § 56 FGO weder von den Rechtsanwälten vorgetragen worden sind, noch sich aus den Akten ergeben (BFH-Urteil vom 11. Januar 1980 VI R 11/79, BFHE 129, 305, BStBl II 1980, 229).

Wenn auch die verspätet vorgelegte schriftliche Vollmacht nicht mehr die Zulässigkeit der Beschwerde bewirken kann, so ist aus ihr aber dennoch zu entnehmen, daß die Rechtsanwälte nicht als vollmachtlose Vertreter gehandelt hatten. Daher war es nicht gerechtfertigt, die Kostenentscheidung gegen die Rechtsanwälte zu richten. Daran ändert nichts der Umstand, daß die Rechtsanwälte das Mandat niedergelegt und gleichzeitig mit der Vorlage der Vollmacht erklärt haben, die Vollmacht sei bereits vom Kläger widerrufen worden. Denn zum einen erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrages erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Prozeßbevollmächtigten Wirksamkeit (BFH-Urteil vom 13. Januar 1977 V R 87/76, BFHE 121, 20, BStBl II 1977, 238). Zum anderen ändert auch die Kündigung des Vollmachtvertrages nichts an dem Umstand, daß die Rechtsanwälte mit Einwilligung des Klägers Beschwerde erhoben hatten. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren daher gemäß § 135 Abs. 2 FGO dem Kläger aufzuerlegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414330

BFH/NV 1986, 689

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