Entscheidungsstichwort (Thema)

Finanzrechtsweg für Klagen auf Erstattung höherer (zusätzlicher) Spielbankabgabe nach dem NSpielbG 1973

 

Leitsatz (NV)

Die höhere (zusätzliche) Spielbankabgabe nach dem NSpielbG 1973 ist eine von den Landesfinanzbehörden verwaltete Steuer. Auch für Klagen, mit denen Erstattung bereits entrichteter höherer (zusätzlicher) Spielbankabgabe begehrt wird, ist der Finanzrechtsweg gegeben.

 

Normenkette

FGO § 33 Abs. 1 Nr. 4; GVG § 17a; FVG § 17 Abs. 2; AO 1977 § 3 Abs. 1; AGFGO Nds. § 6; NSpielbG 1973

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Anspruch auf Erstattung von ihr an den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) gezahlter höherer (zusätzlicher) Spielbankabgabe hat.

Durch Bescheide vom 25. Juli, 16. und 17. August und 13. September 1989 setzte das FA gegen die Klägerin höhere (zusätzliche) Spielbankabgaben für die Monate Juni, Juli und August 1989 fest. Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung dieser Bescheide und die Rückzahlung der insoweit gezahlten Beträge. Das Verfahren über die Aufhebung der Bescheide wurde vom Finanzgericht (FG) abgetrennt. Das FG hat in dem abgetrennten Verfahren durch Urteil der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Über die Revision des FA hat der Senat durch Urteil vom heutigen Tage in der Sache II R 10/93 entschieden.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen nimmt der Senat auf dieses Urteil Bezug.

Die Klägerin war der Auffassung, daß sie die höhere (zusätzliche) Spielbankabgabe ohne rechtlichen Grund gezahlt und daher einen Anspruch auf Erstattung dieser Beträge habe. Sie beantragte, das FA zu verurteilen, die Rückzahlung der gezahlten Beträge anzuordnen. Das FA beantragte, die Klage abzuweisen.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das FG den Finanzrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht (VG) verwiesen. Der Finanzrechtsweg sei nach den nur in Betracht kommenden Bestimmungen des § 33 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bzw. § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO i. V. m. § 6 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Finanzgerichtsordnung (AGFGO) vom 30. Dezember 1965 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt -- GVBl ND -- S. 277) i. d. F. des Gesetzes vom 20. Februar 1974 (GVBl ND S. 112) nicht eröffnet. Im Streitfall liege zwar eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor. Den geleisteten Zahlungen lägen bereits deshalb dem öffentlichen Recht zugehörende Rechtsbeziehungen der Beteiligten zugrunde, weil der Konzessionsvertrag vom 12. November 1975 ein öffentlich-rechtlicher Vertrag sei und weil das FA mit den Festsetzungsbescheiden gegenüber der Klägerin hoheitliche Befugnisse in Anspruch genommen habe. Der Finanzrechtsweg sei jedoch mangels einer Abgabenangelegenheit nicht eröffnet. Die mit den Bescheiden gegen die Klägerin geltend gemachten Ansprüche des Landes beträfen keine mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanz behörden zusammenhängenden Angelegenheiten. Beträfen mithin die von der Klägerin erbrachten Leistungen keine Abgabenangelegenheit, so müsse für die Rückforderung der von der Klägerin insoweit gezahlten Beträge mit der Begründung, die Zahlung sei ohne Rechtsgrund erfolgt, folgerichtig dasselbe gelten (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 20. November 1979 VII R 38/77, BFHE 129, 445, BStBl II 1980, 249). Eine Zuweisung zum Finanzrechtsweg unter dem Gesichtspunkt der Sachkunde, der Sachnähe und des Sachzusammenhangs komme nicht in Betracht (vgl. dazu etwa BFH-Beschluß vom 10. September 1991 VII B 143/91, BFHE 165, 315, BStBl II 1991, 896). Der Rechtsstreit sei daher nach § 17 a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges zu verweisen gewesen. Da der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art sei und die Streitigkeit nicht durch Bundes gesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sei, sei der Rechtsstreit an das zuständige VG zu verweisen gewesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Sie beantragt, den Beschluß aufzuheben. Die Klägerin habe, da die vom FG im abgetrennten Verfahren aufgehobenen Verwaltungsakte bereits vollzogen gewesen seien, neben dem Antrag auf Aufhebung mit ihrem Antrag auf Anordnung der Rückzahlung auch den nach § 100 Abs. 1 Satz 2 FGO zulässigen gerichtlichen Ausspruch begehrt, daß und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen habe. Dieser Folgenbeseitigungsanspruch der Klägerin sei von der Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs unabhängig. Diese Frage sei durch die Neufassung des § 17 Abs. 2 GVG geklärt. Das Gericht des zulässigen Rechtswegs (für die Anfechtungsklage) entscheide den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Diese Vorschrift eröffne den Gerichten eine Prüfungsbefugnis hinsichtlich des Bestehens einer rechtswegfremden Forderung. Der Hinweis des FG auf das BFH-Urteil in BFHE 129, 445, BStBl II 1980, 249 gehe fehl. Das FA hält die Beschwerde ebenfalls für begründet. Entgegen der Auffassung des FG liege dem Rechtsstreit eine Abgabenangelegenheit zugrunde. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Es meint, § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG treffe nur den einheitlichen prozessualen Anspruch, nicht aber -- wie vorliegend hinsichtlich der mit der Anfechtungsklage verbundenen Leistungsklage gegeben -- den Fall der Klagehäufung. Durch Verfügung des Berichterstatters vom 4. Juli 1994 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, daß die §§ 3, 6 und 7 des Niedersächsischen Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 25. Juli 1973 (NSpielbG 1973) möglicherweise kein vom BFH überprüfbares revisibles Recht seien. Hierzu hat das FA mit Schreiben vom 7. November 1994 Stellung genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses des FG über die Verweisung des Rechtsstreits an das VG.

Gegen den nach § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG ergangenen Beschluß des FG konnte nach § 17 a Abs. 4 Sätze 3 und 4 GVG Beschwerde eingelegt werden, da das FG diese zugelassen hat.

Zu Unrecht hat das FG verneint, daß für den Rechtsstreit nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO i. V. m. § 6 AGFGO der Finanzrechtsweg gegeben ist.

Auch die höhere (zusätzliche) Spielbankabgabe ist eine Steuer i. S. von § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Zur Begründung verweist der Senat auf sein heute ergangenes Revisionsurteil mit denselben Beteiligten in der Sache II R 10/93 (BFHE 177, 276). Für die Verwaltung auch der höheren (zusätzlichen) Spielbankabgabe sind daher die FÄ nach § 17 Abs. 2 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) sachlich zuständig. Auf die Abgabe ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Übernahme bundesrechtlicher Vorschriften in das Abgabenrecht des Landes vom 21. Februar 1956 (GVBl ND S. 528) i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1976 (GVBl ND S. 325) die AO 1977 anwendbar. Nach Inkrafttreten des Niedersächsischen Spielbankgesetzes vom 10. November 1989 (NSpielbG 1989) folgt die Zuständigkeit der FÄ und die Anwendung der AO 1977 (auch) aus § 5, § 11 NSpielbG 1989. Nach § 6 AGFGO ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten auch gegeben, soweit Landesfinanzbehörden Abgaben verwalten, die nicht der Gesetzgebung des Bundes unterliegen. Da die höhere Spielbankabgabe von den Landesfinanzbehörden verwaltet wird, ist der Finanzrechtsweg eröffnet auch für Klagen, mit denen die Erstattung dieser Abgabe begehrt wird.

Durch die Aufhebung des Beschlusses des FG über die Verweisung an das Verwaltungsgericht wird der Rechtsstreit wieder in die Lage vor diesem Beschluß versetzt. Durch Urteil vom heutigen Tag (II R 10/93) hat der Senat die Anfechtungsklage gegen die Festsetzungsbescheide an das FG zurückverwiesen.

Eine Kostenentscheidung erübrigt sich, da es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt, das von der Kostenentscheidung im Rahmen des (streitigen) Hauptsacheverfahrens mit erfaßt wird (vgl. BFH-Beschluß vom 9. April 1991 VII B 217/90, BFH/NV 1992, 136).

 

Fundstellen

Haufe-Index 420618

BFH/NV 1995, 1012

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