Self-Service Reporting: Von Standardberichten zu individuellen, adressatengerechten Informationen


Self-Service Reporting Projekt Beispiel Siemens

Auch die Siemens AG hat beschlossen, das Berichtswesen konsequent auf „Self-Service Reporting“ auszurichten. In seinem Vortrag „Zeitgemäße Entscheidungsunterstützung mit Self-Service und Mobile BI“ erläutert Daniel Asbach Beweggründe, Chancen, Erfolgsfaktoren und Voraussetzungen für ein modernes Self-Service Reporting.

Self-Service: Was ist das überhaupt?

Self-Service Business Intelligence ist definiert als „die Möglichkeit des End Users, eigene Reports und Analysen im Rahmen einer abgestimmten IT-unterstützten Architektur und Tool Portfolios zu erstellen.“ (Gartner). Daniel Asbach, Commercial Head of Business Intelligence der Division Process Industries & Drives bei der Siemens AG, betont dabei, dass die Komplexität genau darin besteht, besagtes „Portfolio“ an Freiräumen zu definieren. Self-Service bedeute nicht, dass jedem Nutzer alle Möglichkeiten und Freiräume zur Verfügung stehen.

Das Thema Self Service Reporting ist seit ca. ein bis zwei Jahren ein in Controllerkreisen heiß diskutierter Trend. Auch existieren mittlerweile zahlreiche Business-Intelligence-Lösungen, die das Thema „Self Service“ als „Unique Selling Position“ vermarkten.

Die Chancen überwiegen…

„Nach näherer Betrachtung stand für uns fest, dass die Chancen, die uns Self-Service bietet, die Risiken überwiegen“, so der BI-Experte.

Auf der Chancenseite ist dabei besonders das Thema „Standardisierung“ zu erwähnen. Durch Self-Service wird eine Datenbasis – ein „Single Point of Truth“ (SPOT) – geschaffen, aus dem sich jeder Nutzer bedienen kann. Im Endeffekt führt dies zu einer höheren Standardisierung. Warum? Alle User greifen auf die gleiche Datenbasis zurück. Unnötige Diskussionen über die Richtigkeit der Datenbasis entfallen und eröffnen so den Fachbereichen die Möglichkeit sich viel stärker auf mehrwertstiftende, inhaltliche Diskussionen zu fokussieren. Eine „Verschönerung“ der Zahlen in PowerPoint ist nicht mehr erforderlich. Ferner sind eher IT-fremde Bereiche bei der Berichtserstellung nicht mehr gänzlich auf die Unterstützung anderer Abteilungen, wie beispielsweise dem Controlling, angewiesen. Sie können sich einfach aus dem SPOT zusammenstellen, was sie benötigen. Dies spart Zeit und Geld.

Damit Self-Service-Reporting auch erfolgreich funktioniert, ist eine starke Governance Plattform unbedingte Voraussetzung. Die Self-Service-Freiräume müssen genau definiert und abgesteckt werden, damit es nicht zu einer reinen Aufwandsverlagerung von Berichtsersteller zu -empfänger kommt.

…die Risiken

Somit gehört eine unzureichende Governance wohl zu den größten Risikofaktoren des Self-Service-Reporting. Fehlt diese und es entstehen ungewünschte Freiräume, so ist der SPOT gefährdet und Diskussionen über die Integrität der Datenbasis treten wieder in den Vordergrund. Ein weiteres großes Risiko sieht Asbach bei dem klassischen Thema „Change Management“. Die Mitarbeiter müssen bei der Einführung von neuen Technologie eingebunden werden und es muss transparent sein, was dieser Wandel für die jeweiligen Zielgruppen bedeutet. Ein gutes Schulungs- sowie Kommunikationsprogramm ist daher unverzichtbar.

Self-Service als Teil der Digitalisierungsstrategie des Finanzbereichs

Self-Service darf kein Selbstzweck sein. Das Thema „Self-Service“ rückte im Rahmen der digitalen Transformation in den Fokus und der generellen Fragestellung, was der digitale Wandel eigentlich für den Finanzbereich der Siemens AG bedeutet. Damit wurde die Initiative „From #Data2Impact“ ins Leben gerufen. Im Zeitalter von Big Data ist die große Herausforderung, was mit der Flut an Daten sinnvoll und gemacht wird. Anspruch und Ziel des Controllings der Process Industries and Drives ist es dabei, dem Management bessere Entscheidungsgrundlagen zu liefern und Handlungsalternativen aufzuzeigen. 

Die Siemens-Controller haben sich vier Fragen gestellt, die ihnen als Leitlinien beim Herangehen an das vielschichtige Thema Digitalisierung helfen sollen, um schlussendlich einen Mehrwert für die operativen Geschäfte zu schaffen.

  1. Warum: „Wir als Process Industries & Drives möchten weg von einem Standardreporting für alle, weil es meistens doch nicht für alle Ansprüche des Business ausreicht. Somit besteht die Gefahr, dass am Ende doch wieder jede einzelne Einheit seine individuellen Berichte erstellt. Darum war es wichtig für uns, mehr Flexibilität in unser Reporting zu bekommen“, erläutert Daniel Asbach. Eine standardisierte Datenbasis ist die Grundvoraussetzung für dieses Vorhaben. 
  2. Was: Eine Veränderung von einer Vergangenheitsbetrachtung hin zu einem zukunftsgerichteten, entscheidungsunterstützenden Reporting in aussagekräftigem Format.
  3. Wer: Von klar definierten Aufgaben der Teams zur Ad-hoc-Zusammenarbeit von abteilungsübergreifenden Teams.
  4. Wie: Von viel Aufwand für die manuelle Erstellung von Reports, Planung und Controlling, zur Nutzung von modernen Tools wie Advanced/Predictive Analytics, Machine Learning & Künstlicher Intelligenz.

Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren für Self-Service

Self-Service muss zentral angeboten werden, jedoch wird dezentrales IT-Know-how benötigt. „Sie brauchen Mitarbeiter in den Fachbereichen und Business Units, die sowohl das notwendige Controllingwissen wie auch ausreichend IT-Affinität aufweisen“, erklärt der Commercial Head of Business Intelligence. Nochmals betont Asbach die hohe Bedeutung einer starken Governance, die zentral ausgeübt werden sollte. Es gilt eine Stelle im Unternehmen zu definieren, das oben beschriebene Portfolio an Freiräumen festlegt.

Weiterhin sollte der Schwerpunkt der Diskussionen auf der Datenbasis und nicht auf der Erstellung von Berichten liegen. „Wir haben uns zu lange über die Frontends unterhalten. Die Bereinigung und das Aufräumen des Data Lakes ist jedoch das A und O.“, erläutert Asbach weiter. Er empfiehlt außerdem die Diskussionen unbedingt auf Basis der zugrunde liegenden „Use Cases“ zu führen, sprich: Welche Steuerungsinformationen werden benötigt und warum werden diese benötigt. Dies vermeidet unnötige und schwierige Diskussionen über Visualisierung, Notationen und Farben.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor war für die Siemens AG vor allem das Thema Datenqualität. Mit dieser steht und fällt die Glaubwürdigkeit des SPOT. Ein weiteres Schlüsselelement ist Datensicherheit. „Sie müssen sich vorstellen, dass sie plötzlich Mitarbeiter haben, die die kompletten Unternehmensdaten auf ihrem Smartphone einsehen können“, erklärt Asbach. Weiterhin ist es wichtig, jedem Geschäftsbereich die notwendige Flexibilität einzuräumen um gewisse geschäftsspezifische Anforderungen abzubilden. Jedoch gilt es durch eine starke Governance eine Trennlinie zu ziehen und zu sagen was möglich ist und was nicht.

Wie geht es weiter?

Wie erwähnt, sollte es immer Ziel und Anspruch einer jeden Controllingabteilung sein, dem Management bessere Entscheidungsgrundlagen bieten zu können und Handlungsempfehlungen auszusprechen. Daher soll das Self-Service-Angebot zukünftig noch viel stärker um Predictive und Prescriptive Analytics ausgebaut werden. Während bis dato eher 80% der Zeit dafür aufgewendet wurde, die Vergangenheitsdaten aufzubereiten und näher zu analysieren, und nur 20% der Zeit wirklich in die Zukunft geschaut wurde. Der Anspruch ist es, dieses Verhältnis umzudrehen. Hierfür hat das Controlling angefangen erste Advanced Analytics „Use Cases“, wie beispielsweise Predictive-Forecasting-Modelle, zu entwickeln.