Nachhaltigkeitscontrolling: die wichtigsten Kennzahlen

Das Nachhaltigkeitscontrolling wird für Unternehmen immer wichtiger und das Interesse der Stakeholder ist groß. Zu welchen Aspekten sollten Unternehmen Kennzahlen entwickeln? 

Wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeitsreporting und Nachhaltigkeitskennzahlen

Nachhaltigkeit ist zu einem wichtigen gesellschaftlichen Thema geworden. Stakeholder interessieren sich immer mehr für die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens. Wer sich beispielsweise sozial engagiert zeigt, punktet auch in der Außenwirkung. Viele Unternehmen nehmen deshalb Informationen zu ihrer Nachhaltigkeitsstrategie in das Reporting auf. Teilweise geschieht das freiwillig – teilweise jedoch auch, weil Nachhaltigkeits-Reporting mittlerweile für viele große und kapitalmarktorientierte Unternehmen aufgrund des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes verpflichtend ist. Doch neue EU-Pläne sehen vor, dass auf Unternehmen - auch aus dem KMU-Bereich - noch weitere Pflichten zukommen.

Aspekte in der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Worüber berichten Unternehmen bisher? Thematisch gibt es mittlerweile 5 Aspekte, die sich vor allem aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung aufgrund des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (§ 289c HGB) in der Berichterstattung standardmäßig wiederfinden:

  • Umweltbelange
  • Arbeitnehmerbelange
  • Sozialbelange
  • Achtung der Menschenrechte
  • Bekämpfung von Korruption/Bestechung

Über diese Aspekte informieren viele Unternehmen bisher entweder im Lagebericht oder einem separaten Nachhaltigkeitsbericht.

Nachhaltigkeit messen mit den richtigen Kennzahlen

Unternehmen waren bisher nicht verpflichtet, bestimmte Nachhaltigkeitskennzahlen zu veröffentlichen. Doch über welche Kennzahlen sollte dann überhaupt berichtet werden? Das hängt auch von den eigenen gesetzten Nachhaltigkeitszielen ab. Unternehmen, die gesetzlich zur Berichterstattung verpflichtet sind, sollten selbstverständlich wesentliche Kennzahlen zu den o.g. Aspekten entwickeln.

In der Regel wird eine Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt, damit überhaupt ermittelt wird, welche Nachhaltigkeitsthemen identifiziert und in den Fokus gerückt werden sollten. Einen Standard-Maßstab, wie viele und/oder welche Kennzahlen ein Unternehmen veröffentlichen muss, gibt es in diesem Sinne bisher (noch) nicht; dies kann sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Unternehmen müssen sich individuell mit dem Thema Nachhaltigkeit in Bezug auf ihre Wertschöpfungskette auseinandersetzen.

Beim Einsatz von Kennzahlen müssen Unternehmen darauf achten, relevante Kennzahlen auszuwählen. Die Kennzahlen sind nicht nur für das jährliche Reporting relevant. Auch unterjährig können sie wichtige Erkenntnisse für strategische Entscheidungen liefern. Voraussetzung ist jedoch, dass sie eindeutig definiert und aussagekräftig sind. Für das externe Reporting werden Kennzahlen häufig verdichtet. Doch im Management Reporting ist das häufig nur wenig sinnvoll, da dann relevante Informationen verlorengehen.

Beispiel: In externen Berichten findet sich häufig zum Aspekt "Arbeitnehmerbelange" die "Unfallhäufigkeit". Doch für das Management liefert das alleine noch keine Information darüber, in welcher Produktionsstätte oder welchem Lager beispielsweise besonders häufig Unfälle passieren. Wenn diese Daten aufgeschlüsselt werden, kann sich ein klareres Bild ergeben und Maßnahmen ergriffen werden, damit die Unfallhäufigkeit reduziert werden kann.

Nachhaltigkeit und Kennzahlen: Beispiele

In der Öffentlichkeit werden bestimmte Kennzahlen besonders aufmerksam beobachtet. So sind beispielsweise die CO2-Emissionen eines Unternehmes für viele Beobachter von großem Interesse. Doch ein standardmäßiges Vorgehen, welche konkreten Kennzahlen aufgeführt werden, gibt es noch nicht. Allerdings sei an dieser Stelle kurz auf die EU-Taxonomie verwiesen, die bestimmte Unternehmen verpflichtet, die Kennzahlen Umsatz, Investitionskosten und Betriebsausgaben in Verbindung mit nachhaltigen Aktivitäten aufzuschlüsseln.

Viele Unternehmen informieren beispielsweise zu Umweltaspekten mithilfe verschiedener Kennzahlen, wie

  • Treibhausgasemissionen,
  • CO2-Einsparungen,
  • Wasserverbrauch,
  • Energieverbrauch,
  • Abfallaufkommen und
  • Wiederverwertungsraten.

Mit diesen Kennzahlen lässt sich messen, inwiefern ein Unternehmen "seinen ökologischen Fußabdruck" verkleinern konnte.

Zu Mitarbeiterbelangen und Soziales wiederum wird beispielsweise häufig mittels Kennzahlen wie

  • Fluktuationsquote,
  • Krankheitsquote,
  • Durchschnittsalter der Belegschaft,
  • Altersstruktur,
  • Gleichstellung,
  • Frauenanteil in Führungspositionen,
  • Weiterbildungsprogramme und
  • Unfallzahlen bzw. Arbeitssicherheit

informiert. Soziales Engagement kann vielfältig sein – sei es im Bereich von Bildung, Kunst, der Unterstützung lokaler Suppenküchen o.Ä. Auch hier können entsprechende Kennzahlen entwickelt werden.  

Gerade in Bezug auf Menschenrechte bzw. Korruption berichten Unternehmen häufig über ihre Lieferketten und ggf. selbstdefinierte Lieferantenrichtlinien. Hier müssen Unternehmen das in 2021 beschlossene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz beachten. Diese Sorgfaltspflichten sollen mit der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (vgl. hierzu auch die News "Uneinigkeit in der EU bei Sorgfaltspflichtenrichtlinie") sogar noch erweitert werden.

Nachhaltigkeitskennzahlen kreativ darstellen

Wenn die Kennzahlen entwickelt wurden, stellt sich die Frage, wie diese veröffentlicht werden sollen. In der Berichterstattung spielt auch eine ansprechende Visualisierung eine große Rolle. Eine bloße nüchterne Auflistung von Kennzahlen muss nicht sein. Gerade im Hinblick auf Nachhaltigkeitsthemen kann es attraktiv sein, bei der Gestaltung bestimmte Daten in den Vordergrund zu rücken.

Für Unternehmen, die nicht gesetzlich zum Nachhaltigkeits-Reporting verpflichtet sind, kann es zunächst ein reizvoller Gedanke sein, die Informationen individuell auszuwählen und den Nachhaltigkeitsbericht entsprechend kreativ zu gestalten. Allerdings sollte bedacht werden: Wer sich an den Standards von zur Nachhaltigkeitsberichterstattung-verpflichteten Unternehmen orientiert, kann eine Vergleichbarkeit ermöglichen und sich so vielleicht von Wettbewerbern sogar abheben. Wem es beispielsweise besonders gut gelingt, CO2 einzusparen, der sollte darüber auch berichten. Zudem kann auch aufseiten der Stakeholder die Erwartungshaltung entstehen, diese Informationen und Kennzahlen (auch in einer entsprechenden Struktur) vorzufinden – ob gesetzlich verpflichtet oder nicht.

Zwei Regelwerke sind bisher als Standards für Nachhaltigkeits-Reporting und Nachhaltigkeitscontrolling gängig

Bisher gab es kein verpflichtendes Regelwerk, das als Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zugrunde gelegt werden muss. Wer jedoch überhaupt kein gängiges Rahmenwerk anwendet, muss dies begründen.

In der Praxis haben sich einige Leitlinien etabliert, wodurch eine Vergleichbarkeit erleichtert werden soll: So greifen viele mittelgroße und große Unternehmen auf die Empfehlungen der Global Reporting Initiative (GRI) zurück, für kleine und mittelständische Unternehmen gilt der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) als empfehlenswert. Doch wie sieht es mit der Anwendung eines Rahmenwerks in der Praxis tatsächlich aus?

Eine Studie der Beratungsgesellschaft PwC Deutschland in Kooperation mit PwC Österreich und PwC Schweiz hat die steuerliche Transparenz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung der 108 führenden, im Deutschen Aktienindex (DAX), Austrian Traded Index (ATX) und Swiss Market Index Expanded Index (SMIEXP) gelisteten Unternehmen untersucht. Das Ergebnis zeigt, dass die Mehrheit der börsennotierten Unternehmen der DACH-Region im Jahr 2022 erste Informationen im Rahmen ihrer steuerlichen Transparenz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht haben. Dabei hatte der Standard GRI 207 die größte Relevanz.

Die Studie lieferte dabei auch interessante Erkenntnisse zu den veröffentlichten Kennzahlen: So haben die untersuchten Unternehmen tendenziell häufiger zu Vorgaben, die eine qualitative Beschreibung erfordern, berichtet. Doch über quantitative Kennzahlen wurden weniger Informationen veröffentlicht. Dies liegt wohl sowohl am höheren Erhebungsaufwand als auch an gewissen Wettbewerbsrisiken. So scheinen sich gerade im Hinblick auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis viele Unternehmen zu scheuen, quantitative Daten eines Country-by-Country Reportings (CbCR) oder einer Total Tax Contribution zu veröffentlichen. Doch an einer Veröffentlichung führt in Zukunft für verpflichtete Unternehmen kein Weg vorbei: Für Berichte ab dem 22. Juni 2024 müssen CbCR-Daten veröffentlicht werden. 

Tipp: Umfangreiche Informationen stellt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zur Verfügung.

Ausblick: Verpflichtende Berichterstattungsstandards

Momentan ist ein wesentlicher Nachteil des Nachhaltigkeitsreportings, dass Unternehmen nicht verpflichtet sind, ein bestimmtes Rahmenwerk anzuwenden. Das erschwert die Vergleichbarkeit der Berichte. Die EU hat nun verschiedene Maßnahmen im Bereich Sustainable Finance auf den Weg gebracht.

Hinweis: Durch die EU-Taxonomieverordnung sind beispielsweise seit 2022 (bzw. Teile der Verordnung seit 2023) kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtet, bestimmte taxonomiebezogene Kennzahlen zu veröffentlichen. So müssen diese Unternehmen den Anteil an den Kennzahlen Umsatzerlöse, Investitionsausgaben und Betriebsausgaben ausweisen, der mit ökologisch nachhaltigen Aktivitäten im Sinne der EU-Taxonomie verknüpft ist. Lesen Sie hierzu: EU-Taxonomie für Sustainable Finance: Wie das Controlling die Umsetzung unterstützen kann.

Die EU hat außerdem neue Regelurierungen mit der "Corporate Sustainability Reporting Directive" (CSRD) entwickelt, die für viele Unternehmen (auch KMU) weitreichende Verpflichtungen mitbringen werden. Entsprechende Informationen im Rahmen einer Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen dann zwingend im Lagebericht veröffentlicht werden.

Wesentliche Inhalte des neuen EU-Standards sollten in folgende 3 Kategorien unterteilt werden:

Environment

Social

Governance

  • Klimaschutz (Mitigation),
  • Anpassung an den Klimawandel (Adaption),
  • Wasser- und Meeresressourcen,
  • Ressourchennutzung und Kreislaufwirtschaft,
  • Umweltverschmutzung,
  • Biodiversität und Ökosysteme
  • Gleichbehandlung und Chancengleichheit
  • Arbeitsbedingungen
  • Menschenrechte, Grundrechte, demokatische Prinzipien
  • Rolle der Unternehmensführung
  • Unternehmensethik und Unternehmenskultur
  • Politisches Engagement
  • Geschäftsbeziehungen
  • Interne Kontroll- und Risikosysteme

Tipp: Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist künftig dann nach europäischen Berichtsstandards (European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zu erstellen. Umfangreiche Informationen zur CSRD und zur Festlegung neuer europäischer Standards finden Sie in dem Top-Thema "CSRD – Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung".