Krankmeldung: Zweifel an Arbeitsunfähigkeit

Wenn Beschäftigte zum Beispiel häufig rund ums Wochenende krank sind, kann das stutzig machen. Doch wie können Arbeitgeber bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit ihrer Mitarbeitenden reagieren? Ein Überblick.

Schon wieder krank? Immer wieder gibt es im Arbeitsalltag Momente, bei denen der Arbeitgeber oder Kollegen Zweifel an der Richtigkeit von Krankmeldungen eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin haben. Ab dem vierten Tag ist ein ärztliches Attest nötig, Arbeitgeber dürfen es aber auch schon ab dem ersten Tag fordern. Vor Gericht hat diese ärztliche Bescheinigung einen hohen Beweiswert. Im Fall eines gekündigten Mitarbeiters, dessen Krankschreibungen exakt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses dauerten, hielt das Bundesarbeitsgericht (BAG) - genau wie der Arbeitgeber - den Beweiswert der AU-Bescheinigungen für erschüttert.

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit

Nur selten kann der Arbeitgeber sicher feststellen, dass die Arbeitsunfähigkeit eines Beschäftigten nur vorgetäuscht war. In den meisten Fällen ist es ein Bauchgefühl, das zu einem Misstrauen führt - sei es wegen der Häufigkeit der Krankheiten oder weil die Krankmeldung regelmäßig kurz vor oder nach dem Wochenende erfolgt. Auch wenn der kranke Mitarbeiter beim Hausbau, im Fitnessstudio oder auf einer Party gesichtet wird: Für den Arbeitgeber ist es schwierig nachzuweisen, dass die Arbeitsunfähigkeit eventuell nur vorgetäuscht ist. Bei diesem sensiblen Thema ist das weitere Vorgehen unbedingt abzuwägen, denn nicht jede Vermutung, dass der oder die Arbeitnehmende nicht wirklich krank ist, ist auch begründet.

Problem Beweislast: Zweifel an der AU beweisen

Sollte der Arbeitgeber eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit vermuten, so muss er zunächst beweisen, dass seine Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit berechtigt sind. Da ihm keine Diagnosen bekannt sind, gestaltet sich das oft schwierig. Für eigene Nachforschungen ist der Rahmen recht eng gesteckt. 

Tipp: Zuerst sollte immer das direkte Gespräch gesucht werden. So ist der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zwar nicht verpflichtet, Auskünfte zur Krankheit zu erteilen, jedoch können oft schon aus der direkten Reaktion viele Informationen abgeleitet werden. Offene Gespräche schaffen Vertrauen und beugen weiterem Misstrauen vor.

Gesetzliche Nachweispflicht durch Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit

Ist der oder die Arbeitnehmende zu einem Gespräch nicht bereit oder bestehen danach weiterhin Zweifel, dass wirklich eine Erkrankung vorliegt, kann der Arbeitgeber beispielsweise zunächst die frühzeitigere Vorlage einer AU-Bescheinigung verlangen. Beschäftigte sind nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz verpflichtet, dem Arbeitgeber die AU und deren voraussichtliche Dauer unmittelbar mitzuteilen. Eine verpflichtende Vorlage einer AU-Bescheinigung ist hingegen erst bei einer länger als drei Tage andauernden AU vorgesehen. Der Arbeitgeber ist jedoch berechtigt, die Vorlage bereits früher zu verlangen.

Kommt der oder die Arbeitnehmende der Verpflichtung zur Vorlage einer AU-Bescheinigung nicht rechtzeitig nach, kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern. Dies kann er auch, wenn er an der Richtigkeit der AU-Bescheinigung zweifelt.

Tipp: Bei akuten Zweifeln an der AU sollte der Arbeitgeber sich die AU-Bescheinigung sofort vorlegen lassen.

Zweifelhafter Beweiswert der AU

Wenn der Arbeitgeber die Richtigkeit eines ärztlichen Attestes anzweifelt, muss er - um den Beweiswert zu erschüttern - Tatsachen vortragen können, die "geeignet sind, ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zu begründen". Nach BAG-Rechtsprechung sind Zweifel berechtigt, wenn ein Arbeitnehmer am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben wird und die Dauer der Krankschreibung genau die Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses abdeckt.

Ebenso sind nach den Richtlinien über die Zusammenarbeit der Krankenkassen mit dem Medizinischen Dienst Zweifel an dem Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit unter anderem dann angebracht, wenn die Krankmeldung nach einer innerbetrieblichen Auseinandersetzung erfolgt oder ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Hinblick auf das bescheinigte Krankheitsbild vorliegt. Skeptisch machen kann nach § 275 SGB V auch, wenn die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt wird, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist. Zweifel könne sich ebenfalls ergeben, wenn Beschäftigte auffällig oft oder auffällig oft kurz arbeitsunfähig sind oder häufig zu Beginn oder Ende der Woche.

Zusammenhang von Erkrankungen anfragen

In solchen Fällen haben Arbeitgeber auch die Möglichkeit, eine sogenannte "Zusammenhangsanfrage" bei der Krankenkasse zu stellen. Arbeitgeber können bei den Krankenkassen per Datenaustausch abfragen, ob vorhergehende Arbeitsunfähigkeiten aufgrund derselben Krankheit bestanden. Wenn dem so ist, deutet dies auf ein Grundleiden hin, welches regelmäßiger Behandlung bedarf. Das könnte die AU oftmals gerechtfertigt erscheinen lassen. Jeweils akute Erkrankungen, wie beispielsweise nicht-chronische Migräne, Bauschmerzen oder Schwindel, gelten jedoch nicht als dieselbe Krankheit.  

Vorlage beim MD: Beweiswert von AU-Bescheinigung erschüttern

Arbeitgeber können zudem von der Krankenkasse verlangen, dass diese eine gutachterliche Stellungnahme beim Medizinischen Dienst (MD) einholt. Die Krankenkassen können jedoch von einer solchen Einschaltung des MD absehen, wenn aus den vorliegenden Diagnosen die AU eindeutig nachvollzogen werden kann.

Durch die Stellungnahme des MD kann der Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttert werden. Aus diesem Grund werden bei einer abweichenden Beurteilung zunächst der behandelnde Arzt und die Krankenkasse über das Ergebnis informiert. Kann der Arzt seine Einschätzung nicht weiter begründen, übermittelt die Krankenkasse dem Arbeitgeber die Information, ob und bis wann eine Arbeitsunfähigkeit vom MD bestätigt wurde. Hiermit kann der Arbeitgeber den Gegenbeweis führen und eventuell arbeitsrechtliche Konsequenzen ableiten.


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