Jeden Samstag stehe ich im Supermarkt. Ich bin sehr neugierig und schaue immer, was die Leute vor und hinter mir einkaufen. Der Inhalt meines Bandes ist vorrangig unverpackt und bio, bei anderen sieht es anders aus. Mein Verstand sagt mir, dass Bio langfristig besser für die Böden, die Bauern, die Welt und meine Familie ist. Bei mir ist das so. In den anderen Einkaufswagen überwiegen die konventionellen Produkte, die einfach günstiger sind.
Nachhaltigkeit ist selten das Kaufargument
Wenn Menschen gefragt werden, sagen sie fast immer, dass ihnen Nachhaltigkeit wichtig ist. Aber im entscheidenden Moment, an der Kasse oder im Onlineshop, zählen meist Qualität und Preis. Meiner Meinung nach ist Nachhaltigkeit kein Killerargument, sondern eher ein stiller Mitspieler. Sie schafft Vertrauen, entscheidet aber selten allein.
Unternehmen, die ihre Kommunikation ausschließlich darauf aufbauen, werden im Wettbewerb schnell eingeholt. Denn niemand verzichtet auf Funktionalität oder Erschwinglichkeit, nur weil ein Label grün leuchtet – ich wünschte, es wäre anders.
Marken leben von Geschichten, nicht von Bilanzen
Starke Marken erzählen Geschichten, die wir in unserem Alltag weiterspielen. Red Bull steht für Action, Bosch für Verlässlichkeit und Nivea für Nähe. Nachhaltigkeit kann diese Geschichten verstärken – aber nur, wenn sie organisch hineinpasst. Wer eine langlebige Jacke verkauft, erzählt automatisch auch eine nachhaltige Geschichte. Wer Maschinen baut, die Jahrzehnte halten, ebenfalls. In solchen Fällen wirkt Nachhaltigkeit wie ein Verstärker, nicht wie ein Fremdkörper.
Warum sich Nachhaltige trotzdem durchsetzen
Und doch bin ich überzeugt: Langfristig setzen sich nachhaltige Unternehmen durch. Nicht, weil plötzlich alle Konsument:innen ihre Prioritäten radikal ändern, sondern weil sich Märkte verändern. Sondern, weil sich Märkte verändern. Ressourcen werden knapper, Regulierungen strenger und Investoren wählerischer. Wer früh nachhaltige Strukturen schafft, ist resilienter und zukunftsfähiger.
Das ist keine romantische Idealvorstellung von einem Baumkuschler, sondern eine ökonomische Realität. Ein Unternehmen, das Energie spart, seine Lieferketten im Griff hat und Vertrauen aufbaut, ist schlicht besser auf Krisen und Umbrüche vorbereitet. Nachhaltigkeit ist kein moralisches Add-on, sondern ein strategischer Vorteil. Wir als Nachhaltigkeitsverantwortliche wissen das, wir sagen es, immer und immer und immer wieder. Gerade jetzt, wo Nachhaltigkeitsmanagement wieder näher ans Kerngeschäft rückt, sind starke Argumente essenziell, sie überzeugen. Aber sie überzeugen weiterhin nicht alle. Meine Hoffnung ist, dass sie die Richtigen überzeugen.
Mein persönlicher Aha-Moment
Ich gebe es zu: Ich liebe Rucksäcke. Ich habe zwar genug, aber ich liebe es einfach, einen neuen zu kaufen, der genau meine Bedürfnisse erfüllt. Ach, das Gefühl, am Bahnhof mit einem sehr guten Rucksack zu stehen - königlich.
Nach einer Podcastaufnahme mit einer Fachkollegin stöberte ich in ihrem Shop. Wenige Tage später hielt ich das gute Stück in der Hand. Das Material ist super, die Verarbeitung genau, was ich gesucht habe, und die kleine Seitentasche – das habe ich gesucht.
Weil ich ja weiß, was hinter der Marke steckt, hat sie gewonnen. Der Preis war gut, die Qualität beeindruckend und dann ist sie auch noch nachhaltig: Gewonnen, ich bin Fan. Die nachhaltige Marke hat in meinem Kopf gewonnen. Denn sie bleibt präsent, zeigt Haltung und baut Vertrauen auf. Wenn beim nächsten Mal Qualität und Preis stimmen, wird sie sofort meine erste Wahl sein.
Genau das ist der Punkt: Nachhaltigkeit entscheidet vielleicht nicht über den ersten Kauf. Aber sie entscheidet über den zweiten, dritten und alle weiteren Käufe.
Nachhaltigkeit als stiller Wettbewerbsvorteil
Ich bin mir sicher: Kurzfristig gewinnen die Billigen und Lauten. Langfristig überleben jedoch die Unternehmen, die Verantwortung ernst nehmen und dies in Qualität und Preis übersetzen. Weil sie robuster sind, weil sie Vertrauen aufgebaut haben und weil sie von innen heraus stärker aufgestellt sind.
Meine These ist deshalb klar: Konsument:innen kaufen Qualität und Preis. Aber morgen kaufen sie automatisch die Marken, die Nachhaltigkeit als Teil ihres Wesens integriert haben. Nicht weil sie grün sind, sondern weil sie schlicht besser sind und das gewisse Extra bieten.