Die ISO 14068 bietet einen umfassenden Rahmen für Unternehmen, um ihre Treibhausgasneutralität zu erreichen und zu kommunizieren. Deshalb haben konkrete Maßnahmen zur Absenkung der Emissionen oder zur Erhöhung der Senkenkapazität und deren Ambitionsniveau eine wichtige Rolle. Die maßnahmenbezogenen Prinzipien werden in den folgenden Abschnitten erläutert.

3.2.1 Prinzip der Unterstützung der Transformation

 
Praxis-Beispiel

Beispiele für innovative Lösungen, Produkte und Geschäftsmodelle

  • Ein Automobilhersteller könnte von Verbrennungsmotoren auf Elektromotoren umsteigen und Investitionen in Forschung und Entwicklung von Elektrofahrzeugen und den Aufbau einer Infrastruktur für Ladeeinrichtungen tätigen.
  • Ein Hersteller von Kunststoffprodukten setzt auf die Verwendung von biobasierten Grundchemikalien (z. B. Bio-PET oder Bio-PE auf Basis von zuckerrohrbasiertem Ethanol, z. B. "I’m green PE" von Braskem) oder CCU-Materialien, die abgeschiedenes CO2 aus Industrieprozessen als C-Quelle verwenden ("renewable carbon" bzw. CCU-Produkte wie das Polyol "Cardyol" der Firma Covestro).
  • Ein Energieversorger setzt auf einen signifikanten Ausbau von erneuerbaren Energien, um "grünen Strom" für Wasserstoff-Elektrolyseure bereitzustellen. Dadurch kann echter grüner Wasserstoff für weitere Anwendungen zur Verfügung gestellt werden. Ein Umweg über türkisen oder grauen Wasserstoff, der über Methanpyrolyse oder Dampfreformierung von Erdgas basiert und damit ein Carbon-Lock-In wird vermieden.

Die unternehmenseigenen Überlegungen zur Unterstützung der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft sollten in spezifischen Planungsdokumenten (z. B. dem Carbon Neutrality Management Plan, siehe Kapitel 6.1 dokumentiert werden.

3.2.2 Prinzip der hohen Ambition und der Dringlichkeit

Organisationen sollten bei der Planung von Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität ambitioniert vorgehen. Das bedeutet, dass die Ziele zur Reduzierung oder Entnahme von THG-Emissionen einen signifikanten Beitrag zur Erreichung globaler Netto-Null-Emissionen leisten und dass die Maßnahmen schnell geplant und umgesetzt werden. Angesichts der bereits heute auftretenden und für die Zukunft prognostizierten Klimawandelfolgen, ist sofortiges und kontinuierliches Handeln zur Reduzierung von THG-Emissionen erforderlich. Unternehmen sollten nicht nur langfristige Ziele setzen, sondern auch kurzfristige Maßnahmen ergreifen, um schnell Ergebnisse zu erzielen. Ein Aufschieben bereits heute technisch (und wirtschaftlich?) machbarer Maßnahmen sollte verhindert werden, auch um die Menge an technisch vermeidbaren aber bisher unbehandelten ("unabated") THG-Emissionen zu gering wie möglich zu halten (siehe Abb. 2 für Beispiele für Residualemissionen).

Abb. 2: Übersicht zu Residualemissionen[1]

Zeitliche Staffelung der Maßnahmen und Ziele

Die mit Maßnahmen untersetzen Ziele sollten zeitlich gestaffelt werden (z. B. kurz- und langfristigen Zielen mit Planungshorizonten von 5 bis 10 Jahren sowie 20 Jahre bis zum Zieljahr 2045/50). Auch bei der Umsetzung werden entsprechend ISO 14068 zwei Phasen unterschieden (siehe ISO 2023: ISO 14068, Annex A):

  • Frühe Phase: Schrittweise Umsetzung von no-regret-Maßnahmen (Will 2022), aber höherer Anteil von unbehandelten "unabated" THG-Emissionen, höherer Anteil von Kompensationszertifikaten (reduction und avoidance Zertifikate).
  • Späte Phase: Alle technisch machbaren Maßnahmen[2] wurden zur Reduktion der THG-Emissionen wurden umgesetzt. Für die verbleibenden, technisch nicht vermeidbaren Residualemissionen können ausschließlich bestimmte Kompensationszertifikate ("removal-credits") verwendet werden.

Festlegung des Ambitionsniveaus

Organisationen mit höherer (finanzieller) Leistungsfähigkeit, mit hohen aktuellen oder historischen THG-Emissionen sollten auch mit höherer Ambition handeln. Bei der Festlegung des Ambitionsniveaus im Maßnahmenprogramm (bzw. Carbon Neutrality Management Plan, CNMP) können folgende Aspekte berücksichtigt werden (ISO 2023: ISO 14068, Annex D):

  1. Einbeziehung möglichst aller Wirtschaftsaktivitäten des Unternehmens, insbesondere jener, die das Unternehmen besonders repräsentieren oder die mit besonders hohen THG-Emissionen verbunden sind.
  2. Einbeziehung möglichst vieler Prozesse und indirekter THG-Emissionsquellen unter Anwendung von Signifikanz- oder Bedeutungsschwellen für den Nachweis und die Legitimation von Ausschlüssen ("cut-offs")
  3. Die Ziele des Neutralitätswegs (CNMP), einschließlich kurz- und mittelfristiger Ziele zur Emissionsreduktion und der Zeitrahmen für langfristige Ziele, wenn nur noch residuale THG-Emissionen vorhanden sind.
  4. Berücksichtigung des Ausmaßes, in dem der Einsatz fossiler Brennstoffe nötig ist, um THG-Emissionsreduktionsziele zu erreichen
  5. Beschreibung des Ausmaßes, in dem die Maßnahmen auf den Besten Verfügbaren Technologien (BVT bzw. BAT nach EU Sevilla-Prozess bzw. IED-Richtlinie) beruhen
  6. Anteil von Kompensationszertifikaten und Offsets in jedem Berichtszeitraum

Ambition im Kontext der ISO 14068-1 umfasst demnach nicht nur das Setzen von Zielen, sondern auch die Berücksichtigung des Umfangs...

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