Elprana (2014) bestätigte anhand einer quasiexperimentellen Studie, dass das affektive Führungsmotiv als positiver Prädiktor für die Führungsübernahme beider Geschlechter gilt. Allerdings stellte sie auch fest, dass die Vermeidung von Führung als negativer Prädiktor nur für die Führungsübernahme bei Frauen gilt.[1] Während Männer aufgrund ihrer Sozialisation, unabhängig von Vermeidungstendenzen, grundsätzlich eher Führung übernehmen, sind Vermeidungstendenzen bei Frauen ein Hindernis für die Übernahme einer Führungsrolle.[2]

Demnach haben Frauen generell Spaß an der Übernahme von Führungsverantwortung. Gleichzeitig bestehen Vermeidungstendenzen, weil Fehltritte oder negative Konsequenzen befürchtet werden. Dann werden Chancen auf Führungsverantwortung nicht ergriffen, obwohl diese berufliche Entwicklung attraktiv erscheint, vergleichbar einer angezogenen Handbremse beim Autofahren.[3] Zur Förderung von Frauen in Führungspositionen erscheint es deshalb sinnvoll, bei der Reduzierung von Vermeidungstendenzen anzusetzen.[4]

Eine Vielzahl an Studien belegt, dass Frauen verschiedener Berufsgruppen und über verschiedene Kulturen hinweg oftmals ein niedrigeres affektives Führungsmotiv haben als Männer.[5] Dies gilt auch für den westeuropäischen Raum, insbesondere für Deutschland.[6] Unterschiede in der Führungsmotivation von Männern und Frauen konnten bereits bei Studierenden festgestellt werden und nehmen im weiteren Karriereverlauf eher noch zu.[7] Angesichts des Zusammenhangs zwischen dem affektiven Führungsmotiv und der prognostizierten Führungsabsicht ist anzunehmen, "dass die niedrigere Führungsmotivation von Frauen auch eine Rolle bei der Unterrepräsentation von weiblichen Führungskräften spielt".[8] Vor dem Hintergrund, dass Frauen eine geringere Führungsmotivation zugesprochen wird als Männern, haben Elprana/et al. (2015) 3 mögliche Faktoren für den Geschlechterunterschied identifiziert:

  1. Frauen mit traditionellen Vorstellungen über Geschlechterrollen verfügen über eine niedrigere Führungsmotivation. Es ist anzunehmen, dass sie einen Widerspruch zwischen ihrer Geschlechterrolle und einer Führungsrolle empfinden. Männer mit traditionellen Rollenerwartungen nehmen dagegen das Innehaben einer Führungsfunktion als positiv wahr, da die Führungsrolle mit den vorherrschenden gesellschaftlichen Rollenerwartungen übereinstimmt.[9]
  2. Klassische Rollenerwartungen wirken sich auch auf das Bewusstsein für die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern aus. Ein geringes Bewusstsein beeinflusst die weibliche Führungsmotivation negativ, ein hohes Bewusstsein führt zu einer höheren Motivation von Frauen. Ein Zusammenhang zwischen der Führungsmotivation von Männern und ihrem Bewusstsein über die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern konnte nicht festgestellt werden.[10]
  3. Durch die Unterrepräsentanz in Führungspositionen finden Frauen grundsätzlich weniger gleichgeschlechtliche Vorbilder als Männer.[11] Dies bestätigt vorhandene Befunde, wonach "eine persönlich als hoch empfundene Ähnlichkeit mit den Eigenschaften bekannter Führungspersonen (der Vergangenheit oder Gegenwart) einen positiven Einfluss auf das affektive Führungsmotiv hat".[12] Gleichgeschlechtliche Rollenvorbilder haben eine besondere Relevanz für die Entwicklung von Einstellungen.[13] Weibliche Führungskräfte mit Kindern sollten sich ihres Motivationspotenzials bewusst sein und im Sinne der Inspiration anderer Frauen über Herausforderungen und Erfolge im beruflichen und familiären Kontext sprechen.[14]
[1] Vgl. Elprana 2014, S. 59.
[2] A.a. O., S. 70.
[3] Vgl. Elprana/et al. 2016, S. 189.
[4] Ebd.
[5] A.a. O., S. 188.
[6] Vgl. Schuh/et al. 2014, S. 376.
[7] Vgl. Netchaeva/el al. 2022.
[8] Elprana/Felfe 2019, S. 415.
[9] Vgl. Elprana/et al. 2015, S. 149.
[10] Ebd.
[11] Ebd.
[12] Elprana/Felfe 2019, S. 414; vgl. Guillén/et al. 2015, S. 816.
[13] Vgl. Marx/Roman 2002, S. 1191.
[14] Vgl. Elprana/et al. 2015, S. 149.

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