Zusammenfassung

Die gesetzlich geforderte Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg wurde bislang nicht verwirklicht. Als bedeutende Faktoren für eine erfolgreiche Führungskarriere werden die weibliche Führungsmotivation sowie die häufigsten Stolpersteine in der öffentlichen Verwaltung untersucht. Grundlage ist das Hamburger Führungsmotivationsinventar nach Felfe/et al. Im Rahmen von Leitfaden-Interviews mit 15 Frauen, die bereits eine Führungsposition innehaben oder eine Führungsposition anstreben, konnten die häufigsten Stolpersteine und Motivationshindernisse identifiziert werden.

1 Führungsmotivation

Für eine erfolgreiche Führungskarriere ist eine hohe Führungsmotivation elementar. Der Begriff bezeichnet den "individuellen Antrieb, eine Führungskarriere einzuschlagen und […] Führungsverantwortung zu übernehmen" oder eine entsprechende Position anzustreben.[1]

Miner (1964) untersuchte als Erster führungsrelevante Motivstrukturen und entwickelte die Miner Sentence Completion Scale (MSCS). Das Verhalten von Personen wurde daraufhin untersucht, inwieweit sie traditionelle Rollenanforderungen an Führungskräfte in hierarchischen Organisationen erfüllen möchten.[2]

McClelland (1975) identifizierte rund 10 Jahre später 3 Basismotive für Führung: Macht, Leistung und Anschluss. Führungskräfte mit einem spezifischen Führungsmotivmuster (Leadership Motive Pattern, LMP) erreichten innerhalb des Untersuchungszeitraums von 16 Jahren eine höhere Position in der Organisation als andere. Diese Muster bestand aus einem starken Machtmotiv, einem mittleren Leistungsmotiv und einem eher geringen Anschlussmotiv.[3]

Chan und Drasgow (2001) unterscheiden 3 Beweggründe für die Übernahme von Führungspositionen: die affektive Facette (1) bedeutet, dass Führungsaufgaben emotional positiv wahrgenommen und mit Spaß und Freude assoziiert werden. Die non-kalkulative Facette (2) ist gegeben, wenn vor der Übernahme von Führungsverantwortung nicht ausführlich Vor- und Nachteile abgewägt werden. Die sozial-normative Facette (3) beschreibt das Pflicht- und Verantwortungsgefühl gegenüber anderen, welches auf familiären und sozialen Erwartungen basiert.[4] Chan und Drasgow (2001) stellten außerdem fest, dass Führungsmotivation die Zielorientierung und das Durchhaltevermögen der Führungskraft stärkt, besonders bei Misserfolgen.[5]

Felfe, Elprana, Gatzka und Stiehl (2012) entwickelten das Hamburger Führungsmotivationsinventar (FÜMO) als "ein Diagnose-Instrument zur gendersensitiven Erfassung von Motiven".[6] Das FÜMO integriert die Konzepte von McClelland und Boyatzis (1982) und Chan und Drasgow (2001) und wurde darüber hinaus zur Verwendung in Beratung und Coaching erweitert. Die Erstellung eines differenzierten Motivationsprofils ermöglicht es, die motivationalen Stärken und Hindernisse herauszuarbeiten sowie die individuellen Motive für die Übernahme von Führungsverantwortung im beruflichen Kontext abzulesen.[7] Dieses multidimensionale Konstrukt zur Erfassung der Führungsmotivation kann anhand einer Haus-Metapher dargestellt werden.[8]

[1] Felfe/et al. 2012, S. 10.
[2] Vgl. Miner 1964, zitiert in: Gatzka/Felfe, 2015, S. 382.
[3] Vgl. McClelland/Boyatzis 1982, 742 f.
[4] Vgl. Chan/Drasgow 2001, S. 495.
[5] Vgl. Elprana/et al., 2016, S. 186.
[6] Detel/Elprana 2016, S. 84.
[7] Vgl. Elprana/Felfe 2019, S. 413.
[8] Vgl. Elprana/et al. 2016, S. 186.

1.1 Aktuelles Konzept zur Führungsmotivation – FÜMO

Das Haus der Führungsmotivation (Abbildung 1) stellt die unterschiedlichen Bestandteile des individuellen Motivationsprofils einer Person dar. Als konkrete Verhaltensabsicht stellt das Dach des Hauses die angestrebte Führungsposition dar.[1]

Abb. 1: Haus der Führungsmotivation (Felfe/et al., 2012, S. 14)

Das Hamburger Führungsmotivationsinventar basiert auf den folgenden Komponenten: Basismotive, Führungsmotiv, führungsaffine Interessenfelder sowie Motivationshindernisse. Die Komponenten des FÜMO sind zur Vorhersage der Führungsabsicht einer Person wesentlich.[2]

Die motivationalen Grundlagen des Hauses werden durch relevante Konstrukte ergänzt, welche "in engem Zusammenhang zum Wunsch, eine Führungsposition zu bekleiden, stehen".[3] Diese Konstrukte werden als Anbau des Hauses dargestellt: Motivmanagement, Führungsselbstbild, führungsrelevante Kompetenzen sowie führungsähnliche Erfahrungen. Das "Motivmanagement" erfasst die Selbstreflexion einer Person und die Integration der eigenen Interessen und Absichten in die Lebensführung. Die "Führungskompetenzen" und das "Führungsselbstbild" verdeutlichen, inwieweit Kompetenzen und Persönlichkeit bereits mit den Anforderungen an eine Führungsrolle übereinstimmen. Der Bereich "führungsähnliche Erfahrungen" ermittelt, in welchem Umfang schon Führung ausgeübt und wie sie erlebt wurde.[4]

[1] Vgl. Detel/Elprana 2016, S. 84.
[2] Vgl. Elprana/Felfe 2019, S. 413.
[3] Felfe/et al. 2012, S. 22.
[4] Vgl. Felfe/et al. 2012, S. 23.

1.1.1 Basismotive

Die 3 Basismotive Macht, Leistung und Anschluss bilden das Fundament des Hauses der Führungsmotivation. Basismotive sind grundlegende und beständige Antrieb...

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