Rz. 109

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Zum Begriff der Uneinbringlichkeit wird in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht definiert. Nach Abschn. 17.1 Abs. 5 S. 3 UStAE (vgl. a. OFD Chemnitz vom 16.03.1999, Az: S 7333 – 7/1 – St34, DStR 1999, 1567; Eckert, BBK 2006, 1329) liegt Uneinbringlichkeit insbesondere vor, wenn

  1. der Schuldner zahlungsunfähig ist,
  2. den Forderungen die Einrede des Einforderungsverzichts entgegengehalten werden kann (vgl. BFH vom 10.03.1983, Az: V B 46/80, BStBl II 1983, 389; vgl. auch Wübbelsmann, DStR 2016, 1723 zum Rangrücktritt) oder
  3. der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung ganz oder teilweise jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (vgl. BFH vom 20.7.2006, Az: V R 13/04, BStBl II 2006, 22; BFH vom 20.05.2010, Az: V R 5/09, BFH/NV 2011, 77; BFH vom 24.10.2013, Az: V R 31/12, DStR 2014, 262).
 

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Uneinbringlichkeit setzt demnach voraus, dass die zugrunde liegende Forderung einerseits noch nicht erfüllt, andererseits aber weder rechtlich noch tatsächlich durchsetzbar ist (BFH vom 08.12.1993, Az: XI R 81/90, BStBl II 1994, 338). Die von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG erfassten Fälle der Uneinbringlichkeit werden daher durch eine bestehende, aber nicht realisierbare Forderung gekennzeichnet. Ausreichend ist dabei, dass "bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann" (BFH vom 24.10.2013, Az: V R 31/12, bStBl. II 2015, 12).

Rechtlich nicht mehr durchsetzbar ist eine Forderung, wenn sie gerichtlich erfolglos geltend gemacht wurde, mit einer gerichtlichen Durchsetzung nicht mehr gerechnet werden kann oder begründete Einreden (z. B. Verjährung) erhoben werden. Dabei ist der Gläubiger verpflichtet darzulegen, in welchem Umfang er rechtliche Maßnahmen geprüft oder ergriffen hat. Erst das rechtliche Unvermögen des Gläubigers löst die Berichtigung der USt aus. Hat der Gläubiger nur Zweifel an der Durchsetzbarkeit einer Forderung oder die bloße Absicht, die Höhe eines vereinbarten Entgelts gerichtlich klären zu lassen (vgl. jedoch BFH vom 31.05.2001, Az: V R 71/99, BStBl II 2003, 206), reicht dies für eine Berichtigung noch nicht aus, da dadurch die Uneinbringlichkeit noch nicht dargelegt wird.

Als Hauptfall der mangelnden Durchsetzbarkeit aus tatsächlichen Gründen wird die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners angesehen. Zur Frage, wann konkret Zahlungsunfähigkeit gegeben ist, müsste an sich die Rechtsprechung der Zivilgerichte zur Zahlungsunfähigkeit etwa im Rahmen des § 17 InsO oder § 64 GmbHG herangezogen werden können. Sie wäre demnach insbesondere von der Zahlungsstockung abzugrenzen, die vorliegt, wenn die Illiquidität einen Zeitraum nicht überschreitet, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen, was wiederum bei längstens drei Wochen liegt (vgl. BGH vom 24.05.2005, Az: IX ZR 123/04, DStR 2005, 1616 m. w. N.). Soweit der Schuldner also seine fälligen Verbindlichkeiten nicht innerhalb von drei Wochen begleichen kann, läge mithin Zahlungsunfähigkeit vor. Diese eindeutige, für den leistenden Unternehmer vorteilhafte, für den Leistungsempfänger nachteilige Rechtsprechung, wird aber bislang von der Finanzverwaltung nicht explizit im Rahmen des § 17 UStG herangezogen.

Nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg ist von Uneinbringlichkeit auszugehen, wenn das Zahlungsziel um das Zwei- bis Dreifache der Zahlungsfrist, mindestens am sechs Monate überschritten ist (FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 14.01.2015, Az: 7 K 7250, EFG 2015, 865 und vom 11.09.2017, Az: 7 V 7209/17, EFG 2017, 1845).

Lippross (Umsatzsteuer, 25. Aufl. 2022, S. 1015) möchte insofern die Verwaltungsauffassung zur Definition von zahlungsgestörten Forderungen (vgl. Abschn. 2.4 Abs. 7 UStAE) heranziehen und Uneinbringlichkeit dann bejahen, wenn eine fällige Forderung seit mehr als 90 Tagen nicht ausgeglichen wurde.

 

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Uneinbringlichkeit wegen Zahlungsunfähigkeit setzt zudem grundsätzlich voraus, dass Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren bzw. objektiv feststeht, dass der Schuldner nicht mehr zahlen kann. Droht der Forderungsausfall tatsächlich, z. B. bei allgemein bekannter schlechter wirtschaftlicher Lage des Schuldners oder wenn der Schuldner einen Wechsel nicht einlösen konnte (FG Niedersachsen vom 26.09.1991, Az: XI 620/87, EFG 1992, 303), kann der Gläubiger die Forderung als uneinbringlich ansehen.

Zahlungsunwilligkeit allein reicht aber nicht aus, um Uneinbringlichkeit zu begründen (vgl. FG Thüringen vom 01.12.2009, Az: 3 K 921/07, DStRE 2011, 105; a. A. Stadie in R/D, § 17 Rn. 204). Dementsprechend liegt Uneinbringlichkeit nicht vor, wenn der Schuldner Zahlungen lediglich über einen längeren Zeitraum verweigert (so auch BFH vom 31.05.2001, Az: V...

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