Rz. 152e

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Die Ortsregelung des § 3 Abs. 8 UStG ist auch dann anwendbar, wenn keine Einfuhrumsatzsteuer anfällt, weil die Einfuhr umsatzsteuerfrei ist. Eine wirksame direkte Vertretung gegenüber den Zollbehörden setzt voraus, dass der Vertreter für fremde Rechnung handelt. Hieran fehlt es, wenn der Vertreter im Innenverhältnis zum Vertretenen für alle im Zusammenhang mit der Einfuhr stehenden Zölle, Steuern und Gebühren aufkommt. Mit der Annahme einer Zollanmeldung für die Überführung der Ware in den freien Verkehr entsteht die Einfuhrumsatzsteuer (BFH vom 16.06.2015, XI R 17/13, BStBl II 2015, 1024).

 

Sachverhalt:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (K) lieferte im Versandhandel Bücher, DVDs und CDs an deutsche Kunden.

Bei Bestellung wurde der Kunde u. a. auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen, die in etwa wie folgt lauteten: "Die Auslieferung erfolgt aus logistischen Gründen direkt vom Auslieferungslager in der Schweiz an mich. Hiermit bevollmächtige ich die K und ihre Dienstleister, die dazu erforderlichen Erklärungen in meinem Namen und Auftrag abzugeben. Dieser Service ist für mich kostenfrei, da die Z-GmbH für mich alle im Zusammenhang mit der Einfuhr stehenden Abgaben und Kosten übernimmt.. . . "

Die Warenbewegungen begannen immer in einem Schweizerischen Auslieferungslager der K. Die Einfuhr in das Inland erfolgte dann auf zwei unterschiedlichen Wegen:

  • Bei Lieferungen an einen Privatkunden mit einem Warenwert von über 22 EUR erfolgte die Zollabfertigung beim deutschen Zollamt im Wege einer Sammelzollanmeldung im Namen und auf Rechnung der K. Diese Vorgehensweise ist unstrittig.
  • Bei einem Warenwert bis zu 22 EUR (Kleinsendungen) wurde im Namen und im Auftrag der Empfänger die "Freischreibung" (Steuerbefreiung) der Warensendung beantragt.

Letzteres ist Gegenstand des Rechtsstreits:

  • In der Umsatzsteuererklärung 2007 behandelte K die Lieferungen von Kleinsendungen an inländische Kunden als im Inland nicht steuerbar, da der Ort der Lieferung gem. § 3 Abs. 6 UStG in der Schweiz liege.
  • Das Finanzamt sah die Lieferungen als im Inland steuerbar und steuerpflichtig an, da der Ort der Lieferungen gem. § 3 Abs. 8 UStG im Inland liege. Die Bevollmächtigungsklausel in den AGB sei nach § 42 AO rechtsmissbräuchlich.
 

Rz. 152f

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Einspruch und Klage der K hatten keinen Erfolg.

Die Revision der K ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen. Der Ort der Lieferung der Kleinsendungen liegt gemäß § 3 Abs. 8 UStG im Inland. K ist nicht für Rechnung der Kunden tätig geworden und hat diese damit zollrechtlich nicht wirksam vertreten.

Für die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 8 UStG ist nicht entscheidend, dass Einfuhrumsatzsteuer tatsächlich anfällt. Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer im Sinne dieser Vorschrift ist auch derjenige, dessen Umsätze zwar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerbar, aber nach § 5 UStG steuerfrei sind.

 

Rz. 152g

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Wer Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist, bestimmt sich gem. § 13a Abs. 2 i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG sinngemäß nach den Vorschriften für Zölle. Zollrechtlich ist der Anmelder der Waren Zollschuldner. Anmelder ist die Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung abgibt, oder die Person, in deren Namen eine Zollanmeldung abgeben wird. Eine Vertretung gegenüber den Zollbehörden ist möglich:

  • direkt, wenn der Vertreter im Namen und für Rechnung eines anderen handelt;
  • indirekt, wenn der Vertreter in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt.

Ausgehend davon ist das FG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass nicht die Kunden Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer geworden sind, da nach dem Inhalt der AGB die K nicht für Rechnung der Kunden aufgetreten ist.

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