Rz. 101

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In der Praxis besteht Unsicherheit darüber, ob auch die Ausgabe eines klassischen Geschenkgutscheins (Warengutschein oder Gutschein über eine Dienstleistung) oder einer Wertkarte (z. B. 10er-Karte für den Besuch einer Massagepraxis) bei gleichzeitiger Vereinnahmung des Entgelts (also der Zahlung des Schenkers bzw. des Wertkarteninhabers) der Anzahlungsbesteuerung unterliegt. Hier gilt es wie folgt zu unterscheiden (vgl. Weimann, UStB 2007, 58; BFH vom 24.08.2006, Az: V R 16/05, BStBl II 2007, 340):

  • Konkret gefasste(r) Gutschein/Wertkarte: Nur dann, wenn ein Gutschein oder eine Wertkarte so konkret ist, dass die Leistung nach Art, Umfang und Zeitpunkt bereits bei Ausgabe des Gutscheins oder der Wertkarte (Vereinnahmung des Entgelts) bestimmt werden kann, ist die Umsatzsteuer schon i. R. d. Anzahlungsbesteuerung abzuführen (vgl. Abschn. 13.5 Abs. 3 S. 1 UStAE). Diese Fälle werden in der Praxis wohl eher selten vorkommen.
 
Praxis-Beispiel
  • Geschenkgutscheine: Gutschein für den Besuch des Musical "König der Löwen" am Freitag, den 02.06.2010, um 20:00 Uhr in Hamburg.
  • Wertkarten: Buchung von Massagen für zehn bereits feststehende Termine.

Die Gutscheine lauten z. B. über

  • einen bestimmten Euro-Betrag,
  • Waren im Wert von × EUR aus dem Warensortiment eines Kaufhauses,
  • eine Dienstleistung, die (an irgendeinem Tag) in Anspruch genommen werden kann.
 

Rz. 102

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Mangels Konkretisierbarkeit eines bestimmten Umsatzes nach Art, Umfang und Zeitpunkt erfüllen diese Fälle in der Regel nicht die Voraussetzungen der Anzahlungsbesteuerung. Das gilt auch für die typischen Wertkarten (10er-Karten für den Besuch eines Hallenbades, eines Fitness-Clubs etc.). Die Umsätze sind nicht bei Bezahlung des Gutscheins, sondern erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der späteren Lieferung oder sonstigen Leistung bei Einlösung des Gutscheins anzumelden.

 

TIPP

Es ist davon auszugehen, dass in zahlreichen Fällen eine zutreffende Versteuerung von Geschenkgutscheinen bzw. der später daraus resultierenden Lieferung bzw. sonstigen Leistung nicht erfolgt. Insbesondere besteht die Gefahr, dass immer dann, wenn die Vereinnahmung des Entgelts (bei Ausgabe des Gutscheins) bereits in 2006 umsatzversteuert wurde, die 3 %ige Nachversteuerung bei Ausführung des Umsatzes im neuen Jahr schlichtweg vergessen wird. Da die Finanzverwaltung die zutreffende Nachversteuerung von Anzahlungen im alten Jahr im Zusammenhang mit der Steuersatzerhöhung sehr genau überprüfen wird, sollten steuerliche Berater ihre Mandanten unbedingt auf die Geschenkgutscheinproblematik hinweisen.

Bei der Umsatzsteuersatzerhöhung zum 01.04.1998 konnte dieses Problem zumindest praktisch vernachlässigt werden. Zum einen erfolgte lediglich eine Erhöhung um 1 Prozentpunkt des Regelsteuersatzes, zum anderen lag der Zeitpunkt 01.04. nicht so, dass ungewöhnlich viele Geschenkgutscheine im Umlauf waren.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

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